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Der unbeugsame Papagei

Der unbeugsame Papagei

Titel: Der unbeugsame Papagei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Gestalten im dunklen Flur erblickte.
    Er fand den Hasen, kehrte zur Tür zurück und reichte ihn den Ankömmlingen.
    „Nein, nein, wir kommen einfach nur so …“, erklang die Stimme des Buchhalters. „Wir wollten ein bisschen reden …“
    Als Sachar das hörte, setzte er sich auf und blickte erstaunt zur Tür.
    „Es geht ein Wind, da dachte ich, wir bringen das Buckelchen lieber ein wenig ins Warme“, fügte der Buchhalter hinzu.
    Pjotr trat beiseite, und die Gäste kamen herein.
    Sachar zündete das Petroleum in der Lampe an und hängte sie wieder an die Decke über den Tisch.
    Alle setzten sich. Die Frau des Buchhalters hielt ihren Kleinen im Arm, aber als sie sich gesetzt hatte, legte sie ihn auf ihre Knie.
    „Wir haben hier gebadet …“, sagte der Buchhalter. „Da haben wir beschlossen, vorbeizukommen, wir sind doch noch nie hier gewesen …“
    Sachar erhob sich schweigend, verschwand in der Vorratskammer und brachte eine grob geschnittene Fleischkeule von dort mit. Er legte sie auf den Tisch.
    „Brot gibt es keines“, sagte er bedauernd.
    „Ach, das macht nichts!“ Der Buchhalter winkte ab und schnupperte an der Keule
    „Esst nur, esst!“, sagte Sachar.
    Sie kauten das Fleisch, und die Frau des Buchhalters versuchte sogar dem schlafenden Wasiljok ein Stück in den Mund zu schieben.
    Dann stellte Sachar den Kupferteekessel mit Himbertee zum Aufwärmen auf den Ofen.
    Allmählich entspann sich ein Gespräch.
    „Nimmst du uns das Ganze nicht allzu übel?“, fragte der Buchhalter Pjotr vorsichtig.
    „Nein“, sagte Pjotr.
    „Hättest du nur ein wenig auf die Zukunft gewartet, dann wäre alles gut ausgegangen“, sagte der Bucklige. „Denn in der Zukunft werden alle alles haben, und zu stehlen hätte gar keinen Sinn, denn man würde es ohnehin von sich selber stehlen, verstehst du? Dort, in der Zukunft, wird auch jeder Bücher zum Zigarettendrehen haben, so viel er will. Und sogar noch mehr, damit man sie gegen irgendwas tauschen kann, verstehst du?“
    Pjotr nickte. Er nahm ihnen tatsächlich nichts übel, das lag nicht in seinem Charakter. Er trauerte um seine verlorene Hand, aber er wusste, dass er selbst an dem Vorfall schuld war, und deshalb murrte er nicht.
    Danach redeten sie von den Sternen. Der Buchhalter sprach seine geheimsten Gedanken aus.
    „Ja“, stimmte Sachar ihm zu. „Ich habe selbst gesehen, wie sie hier herunter fallen. Anscheinend wollen sie hier her, diese Sterne …“
    „Ja, anscheinend“, wiederholte der Buchhalter und nickte. „Vielleicht geht es ihnen dort nicht gut? Wieso würden sie sonst vom Himmel herunter springen?!“
    Der Tee aus wilden Himbeerblättern legte sich ihnen angenehm süß auf die Zunge.
    Sachar schnitt noch mehr von dem Räucherfleisch ab.
    Das Kind wachte auf und weinte ein bisschen.
    Die Frau beruhigte das kleine Buckelchen, und es schlummerte friedlich weiter, eingetaucht in seine Kinderträume.
    „Ich glaube ja, dass wir, wenn man vom Himmel aus schaut, ebenfalls leuchten“, fuhr der Buchhalter fort. „Solange wir leben, leuchten wir, und wenn wir sterben, erlöschen wir … Also, so wie sie … Wir sind doch auch zuerst sozusagen hierher geflohen, und auf dem Weg, wisst ihr noch, wurden so viele von den Steinen erschlagen … Hm?“
    Sachar nickte stumm und dachte an jene schreckliche Nacht.
    „Wickel deinen Kleinen in das Tuch dort drüben und leg ihn ein bisschen auf die Bank“, sagte der Räuchermeister zu der Frau, während er sich aus seinen traurigen Erinnerungen riss. „Dann können deine Arme ein bisschen aus-ruhen …“
    So saßen sie bis zum Morgen, und nicht der leiseste Wunsch zu schlafen kam in ihnen auf. Das Gespräch, der Tee, und die Keule, alles tat wohl, und während sie das empfanden, wurden die Menschen, die um den Tisch saßen, von Wärme und Interesse für einander erfüllt. Erst gegen Morgen gingen sie auseinander, als die nächtliche Dunkelheit sich in unsichtbare stille Gassen zerstreute. Pjotr ging hinaus und begleitete den Buchhalter mit seiner Frau und dem Kind. Tautropfen glitzerten im Gras, und über dem Fluss hing, wie eine Spiegelung seines Laufs, ein schwankender Pfad aus Nebel.
    Pjotr brachte die Gäste bis zum Fuß des Hügels, dort verabschiedete er sich von ihnen.
    Der Buchhalter drückte Pjotr die Hand und schritt bergauf. Hinter ihm folgte seine Frau mit dem Kind in den Armen.
    Pjotr stand dort noch ein wenig, dann ging er wieder zurück.
    Der Buchhalter, der auf den Schultern bereits die

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