Der und kein anderer Roman
Way Sawyer unmöglich gewesen. Offenbar hatte
sich in dieser Hinsicht nichts geändert. Mit stiller Würde drehte sie sich um und schritt über den Teppich zurück zur Tür.
»Wohin wollen Sie denn?«
Sie wandte sich ihm kurz zu und sagte leise: »Mein Besuch kommt offenbar ungelegen, Herr Sawyer.«
»Das werde ich selbst wohl besser beurteilen können.« Er riss sich die Brille von der Nase und deutete auf einen Stuhl. »Bitte.«
Das Wort bellte er wie einen Befehl. Suzy konnte sich nicht erinnern, jemandem gegenüber gleich von der ersten Minute an eine derartige Abneigung verspürt zu haben. Gleichzeitig musste sie zugeben, dass es sich gar nicht um die erste Minute handelte. Way war zwei Klassen über ihr gewesen, der tollste Hecht von Telarosas Oberschule und die Art von junger Mann, mit dem lediglich die begehrtesten Mädchen ausgingen. Sie konnte sich noch schwach daran erinnern, wie er hinter der Turnhalle gestanden hatte: eine Zigarette im Mundwinkel und der Blick hart wie der einer Kobra. Es war schwierig, das Bild des jugendlichen Wildfangs mit dem des Multimillionärs und Geschäftsmannes unter einen Hut zu bringen. Eines jedoch hatte sich nicht geändert: Er hatte ihr damals Angst eingejagt, und das tat er auch heute noch.
Sie schluckte ihre Vorahnung hinunter und steuerte auf den Stuhl zu. Er musterte sie unbarmherzig. Sie wünschte sich, sie hätte die sommerliche Hitze ignoriert und ein Kostüm an Stelle ihres schokoladenbraunen seidenen Wickelkleides getragen. Es war an der Seite locker zusammengebunden und fiel ihr beim Sitzen in weichen Falten über die Hüften. Sie hatte den einfachen Ausschnitt mit einer breiten matten Goldkette und kleinen, dazu passenden Ohrringen aufgepeppt. Ihre durchsichtigen, schokoladenbraunen Strümpfe hatten denselben Farbton wie ihre
Designerpumps, die um die breiten flachen Absätze herum von einer Parade winzig kleiner goldener Panter verziert wurden. Sie war sich sicher, dass das Ensemble ein Vermögen gekostet haben musste. Es war ein Geburtstagsgeschenk von Bobby Tom, nachdem sie sich dagegen gewehrt hatte, dass er ihr eine Wohnung auf Hilton Head Island kaufte.
»Was kann ich für Sie tun, Frau Denton?«
In seinem Ton schwang eine leichte Verachtung mit. Mit den offen aggressiven männlichen Ausschussmitgliedern kam sie gut klar, denn sie kannte sie fast ihr gesamtes Leben lang, doch im Umgang mit ihm fühlte sie sich hilflos. So gerne sie das Zimmer wieder verlassen hätte, hatte sie sich doch etwas vorgenommen. Für die Kinder von Telarosa stand so viel auf dem Spiel, wenn dieser schreckliche Mann seinen Willen durchsetzte.
»Ich repräsentiere den Erziehungsausschuss von Telarosa, Herr Sawyer. Ich wollte nur sicherstellen, dass Sie sich über die Konsequenzen für die Kinder dieser Stadt im Klaren sind, wenn Sie Rosatech tatsächlich schließen sollten.«
Seine Augen musterten sie düster und kühl. Er stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch und presste die Finger gegeneinander, dann sah er sie über seine Hände hinweg an. »In welcher Funktion repräsentieren Sie den Ausschuss?«
»Als dessen Vorsitzende.«
»Verstehe. Ist das derselbe Erziehungsausschuss, der mich einen Monat vor meinem Schulabschluss von der Schule verwiesen hat?«
Seine Frage überraschte sie, und sie war um eine Antwort verlegen.
»Nun, Frau Denton?«
Sein Blick verdüsterte sich feindselig. In diesem Augenblick wurde ihr klar, dass die Gerüchte über ihn stimmten. Way Sawyer war der Auffassung, von Telarosa schlecht behandelt worden zu sein. Er war zurückgekehrt, um sich zu
rächen. Die alten Geschichten fielen ihr wieder ein. Sie wusste, dass Way ein uneheliches Kind gewesen war. Diese Tatsache hatte sowohl ihn als auch seine Mutter Trudy zu gesellschaftlichen Außenseitern abgestempelt. Trudy hatte eine Weile lang bei Leuten geputzt – sogar bei Hoyts Mutter hatte sie geputzt -, doch schlussendlich war sie Prostituierte geworden.
Suzy verschränkte die Hände im Schoß. »Wollen Sie alle Kinder bestrafen, nur weil Sie möglicherweise vor vierzig Jahren schlecht behandelt wurden?«
»Nicht ganz vierzig Jahre. Und die Erinnerung daran ist noch sehr lebendig.« Er bedachte sie mit einem verkrampften Lächeln, das noch nicht einmal seine Mundwinkel erreichte. »Glauben Sie, dass das mein Anliegen ist?«
»Wenn Sie Rosatech verlegen, werden Sie Telarosa in eine Geisterstadt verwandeln.«
»Die Firma ist nicht die einzige Einnahmequelle. Da wäre noch der Tourismus
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