Der und kein anderer Roman
Stimme. »Ich bin einverstanden. Aber du wirst mich unter gar keinen Umständen noch einmal als ›die zukünftige Frau Bobby Tom‹ vorstellen, hast du das verstanden? Wenn du es auch nur noch einmal, nur ein einziges Mal, sagst, werde ich der ganzen Welt verraten, dass unsere Verlobung eine Lüge ist. Außerdem werde ich allen sagen, dass du …« Ihre Lippen öffneten sich und schlossen sich wieder. Sie hatte großspurig begonnen, doch jetzt fiel ihr nichts mehr ein, was sie ihm an den Kopf werfen konnte.
»Dass ich ein Mörder bin?«, schlug er vor.
Als sie nichts sagte, machte er einen weiteren Vorstoß. »Ein Vegetarier?«
Plötzlich hatte sie einen Geistesblitz. »Impotent!«
Er sah sie an, als ob sie verrückt geworden wäre. »Du willst allen sagen, ich sei impotent?«
»Nur, wenn du mich mit diesem blöden Namen ansprichst.«
»Ich rate dir, dich an die Mördervariante zu gewöhnen. Das wird man dir eher abnehmen.«
»Du hast eine große Klappe, Bobby Tom. Doch nachdem ich dich beobachtet habe, muss ich feststellen, dass nicht viel dahinter steckt.«
Sie hatte die Worte ausgesprochen, noch bevor sie darüber nachgedacht hatte, und konnte selbst kaum glauben, was sie gesagt hatte. Sie, eine dreißigjährige Jungfrau ohne jede Erfahrung, hatte die sexuelle Potenz eines ausgemachten Weiberhelden angezweifelt. Er betrachtete sie, und sie merkte, dass sie ihm die Sprache verschlagen hatte. Obwohl ihre Knie beängstigend zu zittern begannen, verließ sie erhobenen Hauptes das Schlafzimmer.
Als sie zur vorderen Eingangshalle zurückgekehrt war, musste sie lächeln. Ein im Wettkampf erprobter Mann wie Bobby Tom würde eine solche Bemerkung wohl kaum unangefochten im Raum stehen lassen. Bestimmt plante er jetzt schon eine geeignete Form des Gegenschlags.
10
»Herr Sawyer lässt bitten, Frau Denton.« Suzy erhob sich von der Ledercouch und durchquerte die edel ausgestattete Besucherlounge. Dann stand sie vor der Tür des Chefs der Rosatech Electronics. Sie trat ein und hörte ein sanftes Klicken, als Wayland Sawyers Sekretärin die schwere Walnusstür in ihrem Rücken schloss.
Sawyer blickte nicht von seinem Schreibtisch auf. Sie war sich nicht sicher, ob er mit voller Absicht ihr ihren Platz zuweisen wollte oder aber ob er ganz einfach auch heute noch keine besseren Manieren als damals in der Schulzeit hatte. Wie auch immer, die Sache ließ sich nicht gut an. Die Stadt und Gemeinde hatten bereits eine ganze Reihe wichtiger Repräsentanten gesandt, um mit ihm zu reden. Doch jedes Mal hatte er sich auf entnervende Weise nicht festlegen wollen. Sie war sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass sie als die weibliche Vorsitzende des Erziehungsausschusses eher
als ein fast bemitleidenswerter letzter Versuch betrachtet wurde.
Das Büro ähnelte der Bibliothek eines Gentlemans. Die Wände waren mit Holz getäfelt, bequeme Möbel in dunkelrotem Leder und Drucke von Jagdszenen untermauerten diesen Eindruck. Während sie langsam über den Orientteppich lief, las er weiter in einem Stapel Akten. Er trug eine jener Halbbrillen, die der ähnelte, die sie sich nach einem Leben perfekter Sicht vor kurzem selbst auch hatte zulegen müssen.
Die Manschetten seines blauen Hemdes waren doppelt hochgekrempelt und zeigten für einen vierundfünfzigjährigen Mann überraschend muskulöse Unterarme. Weder das ordentliche Hemd noch der korrekt geknotete dunkelblau und rot gestreifte Schlips noch die Halbbrille konnten die Tatsache verschleiern, dass er doch immer noch mehr wie ein Haudegen als wie der Chef eines ganzen Industriezweiges aussah. Er erinnerte sie an eine etwas ältere Version von Tommy Lee Jones, den in Texas geborenen Schauspieler, den die Frauen ihres Bridge-Clubs verehrten.
Sie bemühte sich, von seinem Schweigen keine Notiz zu nehmen. Schließlich gehörte sie nicht zu jenen jungen talentierten Frauen, die sich besser im Aufsichtsrat als in der Küche schlugen. Einen Kräutergarten anzulegen interessierte sie bei weitem mehr als irgendwelche Machtkämpfe mit Männern. Außerdem huldigte sie der alten Schule und war eine gewisse Höflichkeit gewohnt.
»Möglicherweise komme ich ungelegen«, sagte sie leise.
»Eine Sekunde noch bitte.« Er klang ungeduldig. Ohne sie anzusehen, winkte er sie mit dem Kopf zu einem der Sessel vor seinem Schreibtisch, als ob er einem Hund befehlen würde, sich hinzulegen. Diese verletzende Geste ließ sie die Sinnlosigkeit ihres Unterfangens erkennen. Bereits in der Schule war
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