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Der unersättliche Spinnenmann

Der unersättliche Spinnenmann

Titel: Der unersättliche Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutierrez
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dass ich immer noch auf dieser Maschine schreibe. Die Bücher habe ich ganz sentimental aufgehoben. Es waren Handbücher darüber, wie man in der Öffentlichkeit spricht, wie man mehr Geld verdienen und im Geschäftsleben beeindrucken kann, wie man seine Erinnerung schulen kann, wie man besser fotografiert, wie man Freunde gewinnt, wie man ein Billardass wird, wie man seine Willenskraft stärkt usw.
    Unter diesen Büchern ist auch ein Band mit Heften des National Geographie Magazine. Von 1953. Da finde ich eine gute Reportage: »Along the Yukon Trail«. Ich lese irgendeinen Absatz: »Gold! Gold! Gold! Sixty-eight Klondikers bring back a ton of gold!«
    Verdammt! Soll das vielleicht ein Omen sein? Ein Fingerzeig? Ich wühle zwischen den Büchern, an die ich mich kaum noch erinnere, schlage eine x-beliebige Seite auf, und das Erste, was ich lese, ist Gold! Gold! Gold! Und vor ein paar Minuten trank ich Rum ganz in der Nähe von unzähligen Barren aus Gold, Gold, Gold. Vielleicht halte ich eine Gebrauchsanweisung in den Händen. Ich blättere ein bisschen weiter in dem Band. Er enthält sechs Nummern der Zeitschrift. Dann finde ich zwei gefaltete, maschinengeschriebene Blätter. Es ist die Bewertung, die man von mir gemacht hat, als ich meine Ausbildung am Polytechnikum beendet hatte, 1970. Da war ich zwanzig Jahre alt. Es ist eine lange Bewertung. Am Ende wird in wenigen Zeilen resümiert:
    Zusammenfassung: Er zeigt Verantwortungsbewusstsein und gute Ergebnisse beim Lernen und bei der Arbeit. Er stellt sich begeistert den Aufgaben, die ihm zugewiesen werden, und erfüllt sie zeit- und formgerecht. Er zeigt Kameradschaftsgeist, obwohl er oft Anzeichen von Überheblichkeit und Individualismus zeigt. Auch zeigt er laufend Disziplinlosigkeit in allem, was mit dem militärischen Leben und der Kampfvorbereitung zu tun hat. Und er zeigt mangelndes Interesse an diesen Aktivitäten. Seine Äußerungen zeigen einen Mangel an politischer Reife. Er zeigt ernsthafte ideologische Probleme, denn er hat es schon dreimal abgelehnt, in die Kommunistische Jugendorganisation einzutreten. Es wird empfohlen, mit ihm zu arbeiten, weil er Voraussetzungen für die Zukunft mitbringt, aber es wird nicht empfohlen, ihm Leitungsaufgaben und Verantwortlichkeiten irgendeiner Art zu übertragen. Er muss auf seinem Weg zu einer moralischen Bildung geleitet werden, entsprechend dem historischen Moment, den unser Land durchlebt.
    Ein paar Monate später begann ich, bei einer Baufirma zu arbeiten. Ich wusste nicht, dass ich diese schwarze Last mit mir herumschleppte. Die Arbeitszeugnisse waren geheim und wurden streng unter Verschluss gehalten. Zwei Jahre vergingen. Ich arbeitete beim Bau riesiger Anlegestellen für große Frachter und begriff nicht, warum mich meine Vorgesetzten mit übertriebener Feindseligkeit behandelten. Sie gaben mir das Gefühl, ich sei ein CIA-Agent, der sich in die siegreichen Reihen des Proletariats eingeschlichen hat. Glücklicherweise habe ich immer einen kugelsicheren Bunker gehabt: Ich schließe mich in mir selbst ein, wie eine Auster, und versuche, Perlen zu produzieren. Auf diese Weise vergesse ich alles andere.
    Der technische Zeichner war in mich verliebt. Ich gefiel ihm, und er machte mir Avancen. Ich musste ihn in Schach halten. Das passiert mir oft. Da sagte er mir eines Tages:
    »Ich hab ‘nen Freund im Personalbüro, der will dir helfen.«
    »Mir helfen?«
    »Deine Bewertung aus deiner Personalakte zu holen.«
    »Welche Bewertung?«
    »Die aus dem Polytechnikum.«
    »Ich wusste gar nicht, dass es da eine Bewertung von mir gab.«
    »Sie ist geheim. Was sie über dich geschrieben haben, reicht aus, um dich wie eine Kakerlake platt zu machen.«
    An jenem Tag betraten wir um die Mittagszeit, als alle beim Essen waren, das Personalbüro. Der Freund des Zeichners hatte die Tür offen gelassen. Der Aktenschrank mit den Personalakten war nicht abgeschlossen. Wir suchten darin herum und fanden meine. Vorsichtig riss ich die beiden Seiten des Berichts heraus. Dann rückten wir alles wieder ordentlich zurecht. Ich steckte die Blätter in meine Tasche, und wir gingen ganz ruhig Mittag essen. Der Zeichner hörte hinterher nicht auf, mich anzumachen. Ich versteckte die Blätter in diesem Band mit Ausgaben des National Geographie und versuchte zu vergessen.
    Jetzt tat ich dasselbe. Ich steckte sie dorthin zurück und stellte den Band wieder an seinen Platz im Regal. Ich versuche zu vergessen, dass immer jemand unser Leben

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