Der unersättliche Spinnenmann
mit der Schwanzflosse, und dann war Schluss. Ich zog ihn aus dem Wasser. Er zitterte ein bisschen und schnappte nach Luft, bewegte aber nicht mehr die Flossen. Es waren die letzten Todeszuckungen. Dann, plop, entspannte er sich und lag bewegungslos da. Das war’s, adiós. Seine kleine Seele stieg zum Himmel auf, und ich behielt die sterblichen Überreste. Er blutete, weil ich ihm mit meinem Schlag den Schädel gespalten hatte. Er war riesig. Er mochte acht oder neun Kilo wiegen und war fast einen Meter lang. Ich warf ihn mir über und paddelte Richtung Strand. An der Sandbank gibt es Haie, und sie wittern das Blut von weitem. Es ist besser, sie nicht anzulocken. Man muss so schnell wie möglich abhauen. Was ich tat, war einfach, nichts Heldenhaftes: jede Nacht einen Fisch fangen, solange die Wanderung der Schnapper dauerte, und versuchen, mir so wenig wie möglich den Arsch nass zu machen.
Man muss nur genau aufpassen, denn die Sache ist ein bisschen seltsam: Die Schnapper kommen in der ersten Vollmondnacht im Juni zu Tausenden an die Sandbank. Dort bleiben sie neun oder zehn Tage, bis der Mond im letzten Viertel steht, und schwimmen dann in die Tiefen des Ozeans zurück. So geht das jedes Jahr. Vielleicht kommen sie zur Paarung zum Ufer oder um zu laichen. Keine Ahnung. Die Schnapper haben das sehr genau unter sich ausgerechnet und irren sich nie in den Terminen. Ich staune jedes Mal, wenn ich dran denke.
Es war nicht leicht, mit dem Schnapper, dem Reifen und der Segeltuchtasche mit dem Angelzeug die Treppe hochzusteigen. Endlich war ich oben. Ich musste klingeln, Julia hatte alle Riegel vorgeschoben. Sie stirbt vor Angst, sie denkt immer, man könnte sie überfallen und umbringen. Sie öffnete mir halb im Schlaf und schlecht gelaunt. Ich fragte sie, wie spät es sei. Sie antwortete mir nicht und schaute auch den Fisch nicht an, sondern legte sich gleich wieder hin. Ich ging auf die Dachterrasse und nahm ihn in wenigen Minuten aus, schnitt ihm den Kopf ab, zerlegte ihn in Scheiben und verstaute ihn im Eisschrank. Dann duschte ich, trank einen Liter kaltes Wasser und sah auf die Uhr: Viertel vor zwei. Sehr gut, ich hatte in kurzer Zeit eine Menge erledigt. Ich trank noch mehr Wasser und legte mich neben Julia. Sie schnarchte. Eine Weile lag ich da und hörte ihr zu. Dann öffnete ich die Augen. Durch die offenen Vorhänge drang das Mondlicht. Ich sehe zur Decke hinauf, kann keinen Schlaf finden. Bin vielleicht zu erregt. Jetzt wär es Klasse, wenn ich so scharf auf Julia wäre, dass mir der Schwanz schon stramm stünde, wenn ich nur an ihren Achseln riechen würde. Gut zu vögeln ist wie ein gutes Schlafmittel. Man entlädt sich völlig, und das war’s. Dann schlafen wie ein Bär. Aber jetzt wird nichts draus. Ich höre, wie entsetzlich sie schnarcht. Hört sich an wie ein Fernfahrer, verdammt noch mal! Und ich krieg schlechte Laune. Ich kam bester Laune mit meinem roten Schnapper nach Hause, lege mich zu dieser Frau hier, und schon bin ich gereizt und habe Lust, ihr einen Stoß zu geben und sie aus dem Bett zu befördern.
Ich stehe auf und sehe wieder auf die Uhr. Zehn nach zwei. Ich geh auf die Dachterrasse, um frische Luft zu schöpfen und den Kopf frei zu bekommen. Es geht kein Lüftchen. Bleierne Schwüle. Vom Morro aus wirft der Leuchtturm seinen Lichtstrahl, auf dem Malecón singt aus vollem Hals ein Besoffener. Die Straßen liegen verlassen. Alles ist einfach. Vergnügliche Augenblicke und brutale Augenblicke. Sie wechseln sich ab. Und das ist alles.
Leere und Verwirrung
Um sieben Uhr morgens sollte ich im Labor sein. Man hatte mir gesagt: »Drei Tage ohne Geschlechtsverkehr, und Sie müssen um sieben hier sein. Sie können Ihre Partnerin mitbringen, damit sie Ihnen dabei hilft.«
Ich stand sehr früh auf, machte Kaffee. Dann brachte ich Julia eine Tasse ans Bett und erfand irgendeine Ausrede:
»Ich geh mir einen Kühlschrank anschauen, bei La Lisa. Es kann ein bisschen dauern.«
Sie antwortete nicht. Vielleicht hatte sie mich nicht gehört. Sie trank den Kaffee und schlief weiter. Ich zog los. Das Hospital liegt ganz in der Nähe. Schon vor sieben stand ich vor der Labortür. Außer mir waren noch drei junge Paare da. Alle so um die fünfundzwanzig. Man konnte sehen, dass es glückliche Ehepaare waren, voller Liebe, Illusionen und Hoffnungen auf die Zukunft, und vor allem erfüllt von dem Wunsch, Kinder zu kriegen. Ich war der einzige alte Knacker, fünfzigjährig und
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