Der unersättliche Spinnenmann
als Gloria es im Mund hatte und mir mit der Zunge weitergab. Aber das konnte ich dem Arzt nicht gut erklären.
Der Typ bedeutete mir, mich auf eine Liege zu legen.
Er steckte mir den Finger in den Hintern. Das tat ziemlich weh. Ich hielt aus. Er zog ihn wieder raus und sagte:
»An der Prostata ist nichts. Jetzt stell dich wieder hin und geh halb in die Hocke, mit gespreizten Beinen.«
»Versteh ich nicht.«
Er machte mir die Haltung vor und sagte:
»So. Aber zieh die Hose nicht hoch. Lass deine Eier baumeln.«
Ich nahm die Haltung ein. Ließ die Eier baumeln. Der Arzt befühlte sie sorgfältig und sagte:
»Keine Krampfadern. Zieh dich wieder an.«
Er setzte sich an seinen kleinen Metalltisch und verordnete mir das Spermogramm.
Als ich nach Hause kam, wischte Julia gerade die Dachterrasse. Sie kippte eimerweise Wasser aus und schrubbte energisch. Dabei schwitzte sie wie verrückt. Sie arbeitete ungeheuer verbissen, als ginge es um ihr Leben. Als sie mich sah, fragte sie mich:
»Wolltest du nicht zu La Lisa?«
»Ja, aber ich weiß nicht genau, wo das ist, und Evelio ist nicht zu Hause.«
»Wer ist Evelio?«
»Ein Kumpel von mir. Kühlanlagenmechaniker. Der muss den erst durchchecken, bevor ich ihn kaufen kann. Es soll ein Kelvinator sein, von 1952.«
»Aber wir brauchen doch gar keinen.«
»Nein, aber wenn sie mir einen guten Preis machen, kaufe ich ihn, streich ihn an, möbel ihn ein bisschen auf und schlag ihn fürs Doppelte wieder los.«
»Ah.«
Ich glaube, sie schluckte die Story. Zumindest hatte es den Anschein, keine Ahnung. Sie redet ja kaum noch. Auch ich schwitzte. Ich machte mir eine Limonade. Julia sagte:
»An der Ecke Dritte und Siebzigste verkaufen sie morgens Knochen und Rippchen.«
»Vom Rind?«
»Ja, klar.«
»Um wie viel Uhr machen sie auf?«
»Um zehn. Die Nachbarin hat mir erzählt, jedes Päckchen kostet einen Dollar und etwas. Alles, was wir im Haus haben, ist Reis und Bohnen.«
»Also gut, gehen wir. Ich hab noch ein bisschen Geld. Magst du Rinderbrühe?«
»Ich mag alles, außer jeden Tag Reis und Bohnen.«
Wir fuhren zum Supermarkt an der Ecke Dritte und Siebzigste. Um halb zehn kamen wir dort an. Ungefähr sechzig, siebzig Leute warteten in der prallen Sonne. Als um zehn die Türen geöffnet wurden, stürzten sich alle sofort hinein. Julia und ich sahen uns erstaunt an und stürzten hinterher. Alle rannten zum gleichen Platz: einer Tiefkühltruhe mit hundert oder zweihundert Päckchen Knochen. Die Leute drängelten rücksichtslos, um ein paar Packungen zu ergattern. Julia hatte eine totale Blockade, als sie den offenen Krieg um die knochige Beute sah. In mir hingegen erwachte der Henker, und ich warf mich in die Schlacht. Vorher steckte ich die linke Hand in die Hosentasche und umklammerte fest meinen Zehn-Dollar-Schein. In Tumulten wie diesem hier lauern immer Taschendiebe. Dann mischte ich mich unter die Leute. Die Mehrzahl waren Frauen, und ich rieb mich an ein paar Hintern und Titten. Es ist sehr stimulierend, nicht aus der Übung zu kommen. Ich schob stärker. Langte mit dem rechten Arm über alle anderen hinweg und schnappte mir drei Päckchen. Die Frauen in der ersten Reihe waren am schnellsten gerannt. Jetzt leisteten sie sich den Luxus, die Packungen auszusuchen, an deren Knochen am meisten Fleischreste hingen. Ich trat den Rückzug an. Vor der anderen Truhe bildete sich auch eine Traube aufgeregter Leute. Dort lagen die Pakete mit den Rippchen. Ich gab Julia die Knochenpäckchen und ging hinüber. Minderwertiges Fleisch: Haut, Sehnen, Nerven. Sie nennen das »Rippe«, das klingt besser. Es ist ein bisschen teurer als die Knochen. Drei Dollar das Päckchen. Ich schnappte mir zwei, und wir gingen. Julia war noch nie in diesem Supermarkt gewesen und wollte sich ein bisschen umsehen, aber aus den Paketen mit den Knochen sickerte eine trübe, blutige Flüssigkeit, die überall Flecken machte.
»Lass mich ein bisschen schauen, lauf nicht so schnell.«
»Wozu, Julia, du hast doch eh kein Geld mehr. Komm schon!«
Sie hörte nicht auf mich und trat an ein Regal mit Cornflakes und Schokolade. Die Packungen gefielen ihr. Dann ging sie zu Regalen mit Joghurt, Käse und Butter. Ich musste auf sie warten. Sie sah sich alles ganz genau an und verglich die Preise. Schließlich kam sie wieder zu mir, und wir gingen an die Kasse. Es machte sechs Dollar für die Rippchen und vier achtzig für die Knochen. Das Mädchen an der Kasse nannte die Knochen »Kalbfleisch«. Alles
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