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Der ungeladene Gast

Der ungeladene Gast

Titel: Der ungeladene Gast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Jones
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Migration ihr erstes und letztes Zuhause lieben mögen. Sterne war die Mythologie der Ehe ihrer Eltern, die Hinterlassenschaft ihres Vaters, und sie hatten dort eine unvergleichlich glückliche Kindheit verlebt. Darüber hinaus war das Haus wirklich wunderschön und die Wirkung, die es auf ihre Seelen hatte, von unschätzbarem Wert. Einmal gefunden, hassten alle den Gedanken, Sterne wieder aufgeben zu müssen. Unglücklicherweise aber hatte Horace Torrington zum absolut ungünstigsten Zeitpunkt, den er sich hätte aussuchen können, seine Geschäfte zugunsten der Landwirtschaft aufgegeben, von der er nicht das Geringste verstand, was zur Folge hatte, dass er bei seinem viel zu frühen Tod haushoch verschuldet war. Emerald fand es überaus merkwürdig, dass eine derart katastrophale finanzielle Situation wie die, in der sie steckten, mit dem harmlosen Begriff »in den roten Zahlen sein« umschrieben wurde, wo schwarz doch eine viel passendere Farbe gewesen wäre. Jedenfalls war die immer drückender werdende Schuldenlast, die ihr Vater hinterlassen hatte, wie ein schwarzes Loch, das sie alle jederzeit zu verschlingen drohte.
    Genau genommen bestand Sterne aus zwei Häusern – das eine ein ungewöhnliches, niedriges, zweistöckiges, bezauberndes Herrenhaus aus rotem Backstein, erbaut um das Jahr 1760 herum, in dem die Familie lebte; das andere – Vorgänger und Gefährte zugleich – schloss sich als die lange Seite eines L nach hinten daran an, ein großes, scheunenähnliches Gebäude aus Naturstein, in dem einer der ersten Lords des Anwesens das Feuer entfacht und sein Wildbret geröstet hatte, das jetzt jedoch in beschämender Vernachlässigung so gut wie leer stand.
    In der geschäftigen Spülküche des neuen Hauses gab es eine niedrige Treppe mit flachen Stufen, die zu einer mächtigen Holztür führte, die meist verriegelt und verrammelt war und durch die man in das höhlenartige Innere des alten Hauses gelangte. Untrennbar miteinander verbunden, wie siamesische Zwillinge, waren die beiden Häuser in den weiten, von Balken und Sparren durchzogenen Dachböden. Wenn man sich dort oben aufhielt (was die Kinder oft getan hatten, um in den staubigen Weiten herumzutoben oder im tanzenden Licht, das durch die Fenster fiel, zu lesen), ließ sich die Nahtstelle nur bei sehr genauer Betrachtung entdecken, denn die Rippen des Dachs und die Bohlen des Fußbodens waren in beiden Häusern ähnlich geartet, und es herrschte immer nur dämmriges Halblicht. Im Lauf der Jahre war oft die Rede davon gewesen, das ältere Gebäude abzureißen, aber es besaß so viele praktische und amüsante Verwendungsmöglichkeiten, vor allem als Lagerraum und an Regentagen, dass sie es nicht über sich gebracht hatten, es tatsächlich zu tun.
    Im Hof wuchs eine Magnolie in der Ecke, in der beide Gebäudeteile aneinanderstießen. Als Kind hatte Emerald sich immer wieder aus einem der Flügelfenster auf einem Treppenabsatz gelehnt und versucht, die riesigen Blüten zu berühren. Sie reckte sich so weit hinaus, wie sie konnte, bis die straffen Nähte ihres Kleids unter den Armen fast nachgaben und ihre Finger zu zittern begannen. Der kleine Clovis, der sich damals noch kein romantisches Bild von sich selbst zugelegt hatte, hatte sich aus demselben Fenster gelehnt, um zu spucken. Sein Ziel war es, seine Treffsicherheit und Reichweite so zu verbessern, dass er das Innere der Blüten traf. Um die Distanz zwischen Haus und Baum zu überbrücken, musste er die Spucke mit großer Energie aus sich herausbefördern, und mit acht Jahren gelang es ihm tatsächlich. Es war ein triumphaler Tag für ihn. Emerald hingegen hatte ungeachtet ihres sehnsüchtigen Naturells auch eine praktischere Ader, gab ihre Kampagne, die Blüten zu berühren, mit zwölf Jahren auf und verlegte sich stattdessen darauf, den Baum erst zu zeichnen, später zu malen und schließlich kleine Stückchen davon abzuknipsen, um sie unter ihrem Mikroskop in Augenschein zu nehmen, hatte aber dennoch nie das Gefühl, ihn wirklich berührt zu haben. Vielleicht ist ein prosaischeres Ziel – treffsicheres Spucken zum Beispiel – einfacher zu erreichen.
    Inzwischen war sie an der Auffahrt angelangt, einer langen, von riesigen, schwarzen Eiben gesäumten Allee. Die Eiben waren als Hecke angelegt und etwa zweihundert Jahre lang als solche kultiviert worden, hatten sich dann aber, völlig vernachlässigt, ganz nach eigenem Gutdünken verselbstständigt und boten sich dem Auge nun als unförmige,

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