Der ungeladene Gast
Kinder Charlottes, Emerald und Clovis, nicht nur schockiert über die Schnelligkeit, mit der ihre Mutter allem Anschein nach in ein glücklicheres Leben zurückfand, sondern auch – und das zutiefst – über Edwards helle Haut und die blonden Haare, die allein einem Verrat gleichkamen. Ihr Vater war groß und sehr dunkel gewesen, mit schwarz bewimperten, derart strahlenden Augen, dass sie die Bezeichnung Torrington-Augen verdienten. Emerald und Clovis waren ebenfalls dunkel und besaßen ebendieselben faszinierenden, graublauen Augen. Ihre Mutter war zwar hellhaarig, aber voll und ganz vereinnahmt und zu einer echten Torrington geworden, und außerdem war sie eben ihre Mutter. (Zudem konnten auch ihre Augen sich durchaus sehen lassen.) Aber Edward Swift war, nun ja, blond .
Und dann war da der Arm. Der schreckliche Unfall, der ordentlich festgesteckte Ärmel – was bei einem anderen Mann vielleicht romantisch gewesen wäre, war bei einem blonden Stiefvater absolut verabscheuungswürdig.
Wovon Clovis und Emerald nichts wissen konnten, das waren die vielen Abende, an denen Edward Charlotte im Arm gehalten hatte, während sie um Horace weinte und ihre Tränen seinen Hals, seine Brust, seine Schulter benetzten. Er hatte sie durch die Qual begleitet, einen Mann zu betrauern, den er nicht einmal kannte, begleitete sie, wenn nötig, immer noch und hätte inzwischen alles für Sterne getan, denn er wollte nicht, dass Charlotte auch um das Haus weinen musste. Ein anderer Mann hätte vielleicht unermüdlich darauf hingearbeitet, seine neue Frau in seine eigene Welt hineinzuziehen, hätte versucht, ihre Vergangenheit durch den Aufbau seiner Zukunft auszulöschen, aber Edward Swift akzeptierte vorbehaltlos alles, was Charlotte war, einschließlich der Bürde, die Sterne darstellte, einschließlich ihrer unergründlichen, unbotmäßigen Sprösslinge.
Widerstrebend verbrachte Edward einen großen Teil seiner Zeit in Manchester, wo er einer erfolgreichen Kanzlei angehörte; widerstrebend nicht etwa, weil er arbeitsscheu gewesen wäre – er war ein gewissenhafter Anwalt und stolz auf seinen Beruf –, sondern weil er es hasste, nicht bei Charlotte sein zu können, in die er immer noch hoffnungslos vernarrt war. Seine nun bevorstehende Reise hatte allerdings nichts mit seiner eigenen Karriere zu tun, sondern galt dem Versuch, das Haus seiner Frau vor der Versteigerung zu retten. Vor einem Jahr hatten sie die größte der zum Anwesen gehörenden Farmen an den Sohn des Pächters verkauft, einen rechtschaffenen, gut aussehenden jungen Mann namens John Buchanan. Der dringend benötigte Kapitalzufluss hatte viel dazu beigetragen, Schulden abzuzahlen und diverse Mauern und Dächer des Anwesens zu reparieren, aber das Geld war mit alarmierender Schnelligkeit dahingeschwunden und inzwischen auf fast nichts zusammengeschrumpft. Edward, dem klar war, dass Sterne ihnen durch die Finger glitt, verwarf dennoch jeden Gedanken an ein angemesseneres, kleineres Haus näher an der Stadt, denn das hätte Charlotte das Herz gebrochen, und beschloss, Sterne zu retten. Er war kein Spieler; er besaß nichts, was er hätte verkaufen können; er musste sich das Geld borgen, etwas, das ihm zutiefst widerstrebte. Dieses Widerstreben war ihm deutlich anzusehen, als er nun in Charlottes schönes, blasses Gesicht blickte.
»Mein Liebes«, sagte er. »Verlang nicht von mir, dass es mir auch noch Spaß macht, mir Geld von einem Mann zu leihen, dessen Geschäftspraktiken ich verabscheue und dessen politische Einstellung mir absolut zuwider ist.«
(Dies bezog sich auf den anvisierten Geldgeber, einen Industriellen, dessen Moralvorstellungen sehr zu wünschen übrig ließen.)
»Du weißt, du musst das nicht tun«, sagte Charlotte, das Gesicht von ihm abgewandt. Eine Träne kullerte über ihre Wange. Sie wischte sie hastig fort – allerdings nicht so hastig, dass er sie nicht bemerkte hätte.
»Natürlich muss ich«, sagte er und küsste ihre feuchten, salzigen Finger.
Zehn Minuten später saß Edward auf dem Beifahrersitz des Autos, den Koffer hinter sich festgezurrt, einen Ausdruck grimmiger Entschlossenheit auf dem Gesicht, während Robert die Anlasskurbel drehte.
Emerald, noch immer mit Unkrautzupfen beschäftigt, richtete sich auf und beobachtete, wie sie mit aufheulendem Motor davonbrausten, dass der Kies hinter ihnen aufspritzte. Der Lärm schreckte den Spürhund Forthright auf, der unter den Eiben ein Nickerchen gemacht hatte und nun mit
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