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Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis

Titel: Der unglueckliche Moerder - Roman - Ausgezeichnet mit dem Skandinavischen Krimipreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Tür wieder. Man musste ja auch bedenken, überlegte er weiter, man musste ja auch bedenken, dass die Fenster beschlagen waren und die Sicht fast minimal.
    Warum genau man das bedenken musste, wollte er nicht weiter untersuchen. Er fuhr rasch vom Platz und überquerte die Zwille ohne Probleme. Es herrschte kaum Verkehr, er ging davon aus, dass er in einer Viertelstunde oder höchstens zwanzig Minuten zu Hause sein würde, und während er am Alexanderlaan auf Grün wartete, fragte er sich, ob von dem Eukalyptusschaum wirklich noch etwas übrig sein könnte. Als die Ampel
wechselte, brüllte der Motor auf ... das kam von dieser verdammten Feuchtigkeit. Danach fuhr er einen zu engen Bogen und knallte gegen die Verkehrsinsel.
    Das aber nur mit dem Vorderrad. Kein größerer Schaden passiert ... oder gar keiner, wenn man genauer hinsah. Er brauchte einfach nur ein fröhliches Gesicht aufzusetzen und weiterzufahren, redete er sich ein, aber dann ging ihm plötzlich auf, dass er um einiges betrunkener war, als er gedacht hatte.
    Verdammt, dachte er. Ich muss auf jeden Fall wach bleiben. Wäre gar nicht komisch, wenn ...
    Er kurbelte das Seitenfenster zehn Zentimeter nach unten und drehte das Gebläse voll auf, um zumindest die Fenster frei zu kriegen. Danach fuhr er lange in vorbildlich niedrigem Tempo weiter und passierte Bossingen und Deijkstra, wo sich während der vergangenen fünfunddreißig Jahre kein Verkehrspolizist mehr hatte sehen lassen, und als er die Hauptstraße erreichte, ging ihm auf, dass er sich unnötig vor Frostglätte gefürchtet hatte. Inzwischen regnete es heftig; er schaltete die Scheibenwischer ein und verfluchte zum fünfzigsten Mal in diesem Herbst, dass er immer wieder vergaß, sich neue zuzulegen.
    Morgen, dachte er. Morgen fahre ich als Erstes zur Tankstelle. Es ist doch Wahnsinn zu fahren, ohne richtig sehen zu können ...
     
    Später konnte er einfach nicht sagen, ob er zuerst etwas gehört oder gesehen hatte. Der weiche Aufprall und das leichte Rucken des Lenkrades jedenfalls hatten sich seiner Erinnerung am deutlichsten eingeprägt. Und seinen Träumen. Dass das hier, was für den Bruchteil einer Sekunde am Rand seines Blickfeldes vorüberwirbelte, mit der kleinen Vibration zusammenhing, die seine Hände wahrnahmen, begriff er nicht sofort. Jedenfalls nicht bewusst.
    Das passierte erst beim Bremsen.

    Es passierte erst später — nach diesen fünf oder sechs Sekunden, die vergangen sein mussten, nachdem er den Wagen angehalten hatte und über die triefnasse Fahrbahn gelaufen war.
    Dabei dachte er an seine Mutter. Daran, wie sie einmal, als er krank war — es musste während der allerersten Schuljahre gewesen sein — ihre kühle Hand auf seine Stirn gelegt hatte, während er kotzte und kotzte und kotzte; grüngelbe Galle in einem roten Plastikeimer. Es hatte so teuflisch wehgetan, und diese Hand war so kühl und schön gewesen, und er fragte sich, warum in aller Welt er gerade jetzt daran denken musste. Diese Erinnerung lag mehr als dreißig Jahre zurück und er glaubte nicht, seither noch einmal daran gedacht zu haben. Seine Mutter war seit über einem Jahrzehnt tot, es war wirklich ein Rätsel, warum die Erinnerung jetzt auftauchte und wieso er ...
    Er entdeckte den Jungen erst, als er fast schon an ihm vorbei war und er wusste sofort, dass er tot war.
    Ein Junge in einem dunklen Dufflecoat. Er lag unten im Graben; seltsam verzerrt, mit dem Rücken an einem zylindrischen Zementrohr, das Gesicht dem Mann zugekehrt. Als starre er ihn an und versuche irgendeinen Kontakt aufzunehmen. Als wolle er ihm etwas sagen. Seine Gesichtszüge waren teilweise unter seiner Kapuze versteckt, aber die rechte Gesichtshälfte — die allem Anschein nach gegen den Zement geschleudert worden war — lag entblößt da wie ein ... wie ein anatomisches Objekt.
    Er blieb stehen und kämpfte gegen seinen Brechreiz an. Dieselben Reflexe, dieselben alten Reflexe wie vor dreißig Jahren, zweifellos. Zwei Wagen fuhren vorüber, in entgegengesetzten Richtungen, aber niemand schien ihn bemerkt zu haben. Er spürte, dass er jetzt zitterte. Er holte zweimal tief Luft und stieg in den Graben. Kniff die Augen zusammen und riss sie nach einigen Sekunden wieder auf. Beugte sich vor und tastete behutsam nach dem Puls des Jungen, an dessen Handgelenken und an dem blutverschmierten Hals.

    Es gab keinen. Verdammt, dachte er und spürte, wie Panik in ihm aufstieg. Verdammte Pest, ich muss ... ich muss ... ich

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