Der Ungnädige
…finden wir schon einen Grund, nein zu sagen « , beendete ich in aller Ruhe den Satz. » Keine Sorge. Wir haben ein Auge drauf. «
Derwent gab ihm einen Zettel, auf dem Colin Vales Mailadresse stand. » Schicken Sie Ihre Liste an diese Adresse. Und zwar sofort, wenn’s recht ist. «
Auf dem Couchtisch stand ein offener Laptop, und Drew beugte sich darüber, um Derwents Aufforderung nachzukommen. Seine Finger flogen über die Tastatur, als er die Adresse eintippte.
» Das ist nur ein Ausgangspunkt, wissen Sie. Mit einer Mail fängt es an. Das ist der Stein, der ins Wasser fällt. Von da aus breiten sich die kleinen Wellen immer weiter aus. Für die Hälfte der Leute auf der Liste steht von vornherein fest, dass sie nicht kommen werden. Aber vielleicht leiten sie die Mail an ein paar Freunde weiter, und die schicken sie wiederum an ihre Kumpels, und am Ende müssen wir sogar Leute wieder wegschicken. «
» Cheyenne ist jedenfalls reingekommen. Sie war erst 14. Also auch nicht gerade Ihre Zielgruppe. «
» Ausweiskontrollen haben wir nicht gemacht. « Um Drews Lippen zeichnete sich eine Anspannung ab, die mir zuvor nicht aufgefallen war und die ich einem Schuldgefühl zuschrieb: Wenn sie ihre Arbeit ordentlicher gemacht hätten, wäre Cheyenne niemals durch ihre Tür gekommen. » Irgendwie erinnere ich mich an ein Mädchen mit langen blonden Haaren und kiloweise Make-up im Gesicht, aber da waren jede Menge Mädchen, die so aussahen. Und vergessen Sie nicht, dass alle eine Maske aufhatten und wir die Gesichter nur zum Teil sehen konnten. Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob sie das war. «
» Wer hat noch am Einlass gearbeitet? «
» Lee nicht. Der war für die Bar zuständig. Für den Eingang hatten wir Pauschalkräfte– Türsteher, wie man so schön sagt. «
» Wie haben Sie die angeworben? «
» Freunde, die wir aus dem Fitnessclub kennen. Die sind zwar nicht von der feinsten Sorte, aber sie sondern die Unruhestifter aus, und keiner wagte es, sich mit denen anzulegen. Wenn die sagen, es ist voll und es dürfen nur noch so viele rein- wie rauskommen, dann wird das so gemacht. «
» Nicht von der feinsten Sorte? Spielen Sie damit auf Vorstrafen an? «
» Nach solchen Sachen fragen wir nicht. Sie helfen uns aus, und das ist alles. «
» Ich brauche die Namen und Kontaktdaten. Und auch von allen anderen, die an dem Abend für Sie gearbeitet haben. «
» Klar. Wir hatten ein paar DJ s und drei Mädels an der Bar. Und ein Kumpel von uns hat mit der Beleuchtung geholfen– beim Aufbauen und später beim Abbauen. «
» War er während der Veranstaltung auch da? «
» Nee. Er kann laute Musik nicht ausstehen. «
» Um welche Zeit haben Sie denn mit dem Aufbau angefangen? «
» Wir waren von Mittag an da. Ich hab den Lieferwagen mit dem Kram für Beleuchtung und Sound rübergefahren und mich mit Sam getroffen. Lee hat sich um den Alkohol gekümmert, deshalb hatte er das Auto. Wir haben im Hof ausgeladen und dann alles die zwei Etagen hochgeschleppt. Nie wieder, sage ich. « Er grinste Lee an. » Nur noch ebenerdige Veranstaltungen. «
» Sam ist derjenige, der die Beleuchtung installiert hat? « , vergewisserte ich mich.
» Genau. Er ist Elektriker. Aber wie schon gesagt, um sieben war er wieder weg. « Drew drückte eine Taste auf seinem Laptop, und in einer Zimmerecke erwachte ein Drucker zum Leben. » Das ist die Liste der Mitarbeiter. Namen und Telefonnummern. Matthew Dobbs und Carl McCullough waren die Türsteher. «
» Irgendeinen Tipp, wo wir die finden? «
» Cotter’s Gym « , antworteten die Brüder synchron und grinsten sich an.
» Das ist in Kentish Town « , fügte Drew noch hinzu. » Die beiden sind fast ständig dort. Das ist so eine Art Fitnessclub und allgemeiner Treffpunkt. Wenn man drauf steht, sich stundenlang über Muskelaufbaupräparate zu unterhalten. «
» Und Sie sind auch öfter dort? « Ich schaute zu Lee.
Drew war derjenige, der antwortete. » Wir trainieren dort. Aber zum Quatschen haben wir keine Zeit. «
» Als Brothers Grim sind Sie natürlich ständig im Stress. « Derwent klang unverhohlen skeptisch.
» Das ist wesentlich mehr Arbeit, als Sie vielleicht denken « , verteidigte sich Drew. » Wir planen mindestens zwei Veranstaltungen pro Monat. Und nicht immer nur Nachtclubs oder Bars. Wir organisieren auch Ausstellungen an ungewöhnlichen Orten. Während der London Fashion Week beispielsweisehaben wir auf einer leer stehenden Gewerbefläche einen Verkauf
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