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Der Ungnädige

Der Ungnädige

Titel: Der Ungnädige Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Casey
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auch. « Er sah sich um. » Zwei Sofas und ein Esstisch und trotzdem nicht beengt. «
    » Deshalb hab ich sie genommen. « Eine recht knappe Antwort, aber nicht unhöflich, wie ich fand. Er stellte nur einen Sachverhalt dar.
    » Sicher ist es nicht jedermanns Sache, über einem Laden zu wohnen, aber das gleicht sich anderweitig wieder aus. « Drews Stimme war nicht ganz so tief und rau wie die seines Bruders– mehr Tenor als Bass–, und er wirkte geschliffener. Ich vermutete, dass sich die Labersack-Bemerkung vor allem auf ihn bezog.
    » Sollte ich mir merken. « Unaufgefordert setzte sich Derwent auf eins der Sofas.
    Lee sah mich an. » Bitte, setzen Sie sich doch. «
    Sie warteten beide, bis ich mich neben Derwent gesetzt hatte, ehe sie sich auch niederließen. Höflichkeit von der altmodischen Sorte, die ich aber nicht unangenehm fand.
    Derwent war zu einem leicht blasierten Ton übergegangen, so als langweilte ihn das Gespräch schon jetzt. » Ich weiß, dass Sie schon mit unseren Kollegen gesprochen haben, aber wir ermitteln jetzt ganz neu. Die Leiche des vermissten Mädchens wurde gefunden, sodass wir den Fall nunmehr als Mord zu behandeln haben. «
    » Tut mir sehr leid, das zu hören. « Drew runzelte die Stirn. » Wirklich furchtbar. Das arme Mädchen. «
    » Wo war denn die Leiche? « , fragte Lee.
    » Dazu komme ich gleich. « Derwent gähnte. » ’tschuldigung. War ein bisschen spät gestern. «
    Im Auto war er nicht so schläfrig gewesen, und zufällig wusste ich ziemlich genau, dass er bis spätabends mit Godley gearbeitet hatte und demzufolge ganz sicher nicht in der Kneipe gewesen war. Die Müdigkeit war nur ein Trick, um ihnen den Eindruck zu vermitteln, dass er nicht richtig zuhörte. Er drehte sich zu mir. » Wollen Sie anfangen, Kerrigan? «
    » Ja, natürlich. Selbstverständlich. « Ich lächelte die Brüder an, doch meine Gedanken wichen den Fragen aus, die ich stellen wollte, und versuchten stattdessen hinter die Absicht meines Chefs zu kommen. Ich wusste genug über Derwents Vorliebe für Psychospielchen, um zu verstehen, dass er mir nur deshalb den Vortritt ließ, damit sich die Brüder weiter in Sicherheit wiegten. Schließlich stand ich in der Hierarchie unter ihm. Ich war die Jüngere, ich hatte weniger Erfahrung, ich war die, die sich mal an einer Vernehmung versuchen durfte– die im Grunde genommen gar nicht notwendig war. Es war clever von ihm, ihnen das zu suggerieren. Nun musste ich nur noch den nagenden Zweifel in meinem Hinterkopf bezwingen, dass er tatsächlich so dachte.
    Ich räusperte mich. » Zuerst würde ich Ihnen gern ein paar Fragen zur Person stellen. Kann ich bitte Ihre Geburtsdaten haben? «
    » Vierter Juni 1984. Und Lee ist am neunten November 1982 geboren « , fügte Drew mit breitem, strahlendem Lächeln hinzu.
    » Wohnen Sie beide hier? «
    » Nein. Ich wohne in Archway. « Drew zog die Augenbrauen hoch. » Nicht ganz so schick, aber mir gefällt’s. «
    » Die Adresse hätte ich gerne noch. « Ich schob ihm mein Notizbuch rüber, und er schrieb sie auf. Seine Handschrift war unordentlich, die Buchstaben nachlässig geformt, und sie neigten sich in beide Richtungen. Die Grafologen würden dafür sicher eine Erklärung finden; ich schloss daraus lediglich, dass er nicht besonders oft mit der Hand schrieb.
    » Hatten Sie oder Ihr Bruder jemals Ärger mit der Polizei? Sind Sie vorbestraft? «
    » Nein. Nichts dergleichen. Wir waren immer brav. «
    » Nicht mal eine kleine Ordnungswidrigkeit? Ich habe gehört, Sie wurden erwischt, weil Sie für Ihre Veranstaltung keine Lizenz vorweisen konnten. «
    Drew schaute für den Bruchteil einer Sekunde zu seinem Bruder und lachte dann. » Ach, wissen Sie, wir wollten einfach den Behördentanz ein bisschen abkürzen. Hat aber nicht so richtig geklappt. Uns war es wichtiger, das Ganze zu einem richtig tollen Ding zu machen, statt ewig Formulare auszufüllen und Anträge zu stellen. Unser Fehler. «
    » Haben Sie diese Art von improvisiertem Nachtclub schon mal organisiert? «
    » Kein Kommentar. Ich will nicht, dass wir wieder Ärger kriegen. «
    » Sie können davon ausgehen, dass wir uns nicht für Verstöße gegen das Lizenzrecht interessieren « , warf Derwent neben mir in schleppendem Tonfall ein.
    » Na gut. Also, nicht unbedingt dasselbe. Aber wir haben mal eine Woche lang in einem Keller in der Nähe der Brick Lane eine Art Flüsterkneipe betrieben. Die Kunden waren verkleidet– als Trinker in der Prohibitionszeit,

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