Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unheimliche Kommissar Morry

Der unheimliche Kommissar Morry

Titel: Der unheimliche Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
Umstände hätten sie es vorgezogen, nicht nach Brighton zu reisen. So viel er wisse, hätten sie die Absicht geäußert, am Nachmittag zurückzukehren.
    Ashton fuhr zurück nach Chelsea. Er konnte im Moment nichts weiter unternehmen, als sich auf den Anruf des unheimlichen Fremden vorzubereiten. Als er die Halle seines Hauses betrat, kam ihm der Butler Harvey entgegen, Die grauen Augen des Dieners zeigten einen bei ihm sonst ungewohnten Ausdruck verblüfften Erstaunes.
    „Ein Herr von Scotland Yard erwartet Sie, Sir."
    Ashton Cabott hob erstaunt die Augenbrauen. Er streifte betont langsam die Handschuhe ab und überreichte sie dem Butler.
    „Ah, wirklich? Was will er denn?"
    „Das hat er nicht gesagt. Ich habe einige diesbezügliche Fragen an ihn gerichtet, aber er bestand darauf, mit dem gnädigen Herrn zu sprechen."
    „Hat er seinen Namen genannt?"
    „Sehr wohl, Sir. Er heißt Morry."
    Ashton befeuchtete sich die Lippen mit der Zunge. Noch vor einer Stunde hatte er beim Zeitunglesen über den Nimbus gelächelt, den die Presse dem Kommissar anzudichten versuchte. Jetzt fühlte er, daß er selbst ein Opfer dieser Kampagne zu werden drohte. Da der Kommissar die Diebstahlsaffäre Britton untersuchte, gab es keinen Zweifel über den Grund seines Kommens.
    „Sitzt er im kleinen Salon?"
    „Ganz recht, Sir."
    Ashton nickte und ging auf die Tür zu dem besagten Raum zu. Er war entschlossen, sich nichts von der Betroffenheit anmerken zu lassen, die ihn gefangenhielt. Zum Teufel, er war ein Mann, der gelernt hatte, das gefährliche glatte Parkett der höheren Gesellschaftskreise zu meistern; wie sollte es da einem simplen Beamten und Gehaltsempfänger gelingen, ihn in Verwirrung zu setzen? Der Kommissar erhob sich, als Ashton Cabott mit einem kühlen Lächeln auf ihn zukam. Die beiden Männer reichten einander die Hände und betrachteten sich mit jener höflichen Reserve, hinter der sich tiefe Aufmerksamkeit verbirgt.
    Kommissar Morry war gut einen halben Kopf größer als Ashton Cabott, von dem sich gewiß nicht sagen ließ, daß er klein war. In den straffen, gebräunten Zügen des Kommissars, die von den klaren, hellen Augen beherrscht wurden, zeigte sich nichts von jener muffigen Beamtenautorität, die sich manche Staatsdiener so gern zu eigen machen. Er wirkte wie ein Mann, der mit beiden Füßen fest im Leben steht. Nichts an seiner dezenten, tadellosen Kleidung deutete darauf hin, daß er über weniger Geschmack verfügen mochte als der elegante Hausherr.
    Es war besonders diese Beobachtung, die Ashton Cabott verwirrte und irritierte. Er hatte gehofft, dem Kommissar schon durch die äußere Erscheinung um zwei Nasenlängen voraus zu sein. Damit war, wie er zugeben mußte, nichts zu machen.
    „Behalten Sie doch Platz, Kommissar", sagte Ashton und hielt dem Besucher das geöffnete, goldene Zigarettenetui unter die Nase. „Rauchen Sie?"
    Der Kommissar setzte sich und schüttelte lächelnd den Kopf.
    „Nein, vielen Dank."
    „Wie wär's mit einem Drink? Ich habe gestern von einem Onkel aus Amerika einen alten Bourbon bekommen..."
    „Sehr freundlich. Aber im Dienst trinke ich nicht."
    Ashton nahm dem Kommissar gegenüber Platz und legte ein Bein über das andere.
    „Richtig, Sie sind im Dienst", meinte er lächelnd. „Das erinnert mich an meine Pflichten. Sie erwarten natürlich, daß mich Ihr Kommen zutiefst beeindruckt, nicht wahr? Ich habe Ihren Namen vorhin in den Zeitungen gelesen, und ich kann mir denken, warum Sie mich aufsuchen. Ich bin gern bereit, Ihnen all die Fragen zu beantworten, die Sie mir zu stellen wünschen, aber ich fürchte, ich werde Ihnen keine große Hilfe sein."
    Ashton war innerlich nicht wenig stolz darauf, daß er so ruhig und überlegen zu sprechen vermochte. Nichts imponierte den Leuten von der Polizei mehr als eine so demonstrativ zur Schau getragene Pose des inneren Unbeteiligtseins.
    „Sie haben sich vermutlich als letzter vor dem Diebstahl mit Miß Britton unterhalten."
    „Wir verabschiedeten uns in der Hotelbar voneinander. Ich kann nicht mehr genau sagen, wie spät es war. Der Mixer wird Ihnen bestätigen, daß ich noch eine weitere halbe Stunde blieb und dann nach Hause fuhr. Ich ging sofort ins Bett."
    „Gibt es Zeugen dafür?"
    „Kommissar, ich muß doch sehr bitten! Was versuchen Sie mir zu unterstellen? Ich..."
    Morry hob lächelnd eine Hand.
    „Wir wollen uns nicht ereifern, Mister Cabott. Sie sind sicher alt und erfahren genug, um zu verstehen, daß ich nicht

Weitere Kostenlose Bücher