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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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und unsere europäischen Sachen hier lassen.«
    Die drei zogen sich um – und bald darauf saßen auf dem Dach des Hauses drei Berberfrauen, die sich englisch miteinander unterhielten.
    Sylvia fühlte sich nicht besonders wohl in dieser Gesellschaft. Vor allem, weil sie nicht wusste, was sie von Mrs Baker halten sollte. War sie auch eine Fanatikerin?
    Träumte auch sie von einer Neuen Welt? Hasste auch sie den Kapitalismus? Das alles war nicht zu enträtseln.
    Abends ging die Reise weiter. Aber diesmal in einem offenen Wagen, wie er für Ausflüge benutzt wird. Die ganze Gesellschaft war nun in marokkanischer Tracht, die Männer im weißen Burnus, die Frauen überdies verschleiert. Eng zusammengerückt fuhren sie durch die Nacht.
    »Wie geht es Ihnen, Mrs Betterton?«
    Es war Andy Peters, der diese Frage an sie richtete. Die Sonne war soeben aufgegangen, und man hielt an, um zu frühstücken. Es gab das landesübliche Brot, Eier und Tee, den man auf einem Petroleumkocher zubereitete.
    »Ich fühle mich wie in einem Traum«, antwortete sie auf seine Frage. »Wo sind wir denn eigentlich?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Das wird unsere Mrs Baker am ehesten wissen.«
    »Das ist ein furchtbar ödes Land hier.«
    »Ja, die richtige Wüste. Aber das muss so sein, finden Sie nicht?«
    »Sie meinen, damit wir keine Spuren hinterlassen?«
    »Genau. Mir scheint, das Ganze ist hervorragend durchdacht: Ein Flugzeug geht in Flammen auf; ein alter Karren taucht auf und bringt uns weiter; am nächsten Tag fährt eine Gesellschaft von Berbern durch die Gegend – ein durchaus unauffälliger Anblick. Und was das Nächste sein wird – «, er zuckte die Achseln, »wer weiß das?«
    Jetzt schaltete sich Dr. Barron in das Gespräch ein. »Ach«, sagte er, »wir fragen immer nach dem, was sein wird, anstatt den Tag zu genießen. Das Leben ist doch so kurz. Man müsste Zeit haben – Zeit – Zeit«, und er warf den Kopf leidenschaftlich in den Nacken.
    Peters wandte sich an Sylvia.
    »Wie heißen die vier Freiheiten, von denen man in Ihrem Lande spricht? Frei von Not, frei von Furcht…«
    »… und frei von Dummköpfen«, unterbrach der Franzose bitter. »Das ist es, was ich mir wünsche, deshalb bin ich hier. Ich will frei sein von allem, was mich an der Arbeit hindert.«
    »Sie sind Bakteriologe, Dr. Barron?«
    »Ja. Und für meine Forschungen ist viel Zeit, viel Material, viel Geld notwendig. Und wenn man das alles hat, was sollte man sich dann überhaupt noch wünschen?«
    »Glück«, sagte Sylvia.
    »Ach, Sie sind eine Frau, Madame. Frauen wollen immer glücklich sein.«
    »Das Glück des Einzelnen ist nicht von Bedeutung«, versetzte Peters ernst, »die ganze Welt muss glücklich und einig sein. Die Wissenschaft und ihre Ergebnisse sollen für alle da sein und nicht nur zum Nutzen einiger weniger.«
    »Sie haben Recht«, meinte Ericsson zustimmend, »die Gelehrten, die Wissenschaftler müssen regieren. Sie allein sind wichtig. Die Sklaven sollen gut behandelt werden, aber sie sind und bleiben Sklaven.«
    Sylvia entfernte sich ein paar Schritte von der Gruppe.
    Peters folgte ihr und sagte scherzend: »Mir scheint, Sie sind ein wenig erschrocken?«
    »Das gebe ich gern zu. Was Dr. Barron da sagte, ist ja richtig. Ich bin nur eine Frau ohne wissenschaftlichen Ehrgeiz. Ich sehne mich nach Glück – wie jede andere törichte Frau auch.«
    »Und was ist denn so Schlimmes dabei?«
    »Ach, ich fühle mich dieser hochgelehrten Gesellschaft nicht würdig. Ich bin nur eine Frau, die nach ihrem verschwundenen Mann sucht.«
    »Auf Ihrer Einstellung basiert das ganze menschliche Leben.«
    »Es ist nett, dass Sie es so auslegen.«
    »Sorgen Sie sich sehr um Ihren Mann?«, fragte Peters leise.
    »Wäre ich sonst hier?«
    »Wahrscheinlich nicht. Teilen Sie seine Anschauungen? Er ist wohl Kommunist?«
    Sylvia umging eine direkte Antwort.
    »Übrigens, ist Ihnen an unserer kleinen Gruppe nichts aufgefallen?«
    »Wieso?«
    »Nun, wir haben doch alle dasselbe Ziel, und doch scheinen die einzelnen Anschauungen stark voneinander abzuweichen.«
    »Tatsächlich. Bisher habe ich noch gar nicht weiter darüber nachgedacht – aber Sie haben Recht.«
    »Dr. Barron scheint mir politisch gänzlich uninteressant«, fuhr Sylvia fort, »er will nur Geld für seine Versuche und ein gutes Laboratorium. Helga Needheim ist eine Faschistin – keine Kommunistin. Und Ericsson – «
    »Was ist mit dem?«
    »Ich habe Angst vor ihm – er ist wie besessen und wirkt beinahe

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