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Der Unheimliche Weg

Der Unheimliche Weg

Titel: Der Unheimliche Weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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sich ausgezeichnet für die Wissenschaftsgebiete, die sie sich ausgesucht haben, aber als Verwalter des Universums – ha, da muss ich lachen. Ansteckender Blödsinn, das war’s, was wir uns eben angehört haben.«
    Sylvia setzte sich auf die Steinbank und fuhr mit der Hand über ihre Stirn.
    »Ich glaube, dass Sie Recht haben«, sagte sie. »Aber die Benebelung ist immer noch nicht ganz weg. Wie macht er das nur? Glaubt er selbst an seine Worte? Das muss doch so sein.«
    Düster antwortete Peters: »Mir scheint, dass es bei Größenwahnsinnigen letzten Endes immer aufs Gleiche hinauskommt: Ein Verrückter, der glaubt, er sei der Herrgott.«
    Langsam sagte Sylvia: »Es mag wohl sein. Und doch – gerade das ist so furchtbar deprimierend: Dass es nur ein Hirngespinst ist.«
    »Aber es ist so, meine Liebe. Das zieht sich ja durch die ganze Menschheitsgeschichte hindurch. Und es wirkt immer. Beinahe hätte ich mich heute Abend auch betören lassen – so wie es Sie gepackt hat. Wenn ich Sie nicht hier heraufgelotst hätte – « Plötzlich änderte er seinen Ton.
    »Vielleicht hätte ich’s nicht tun sollen. Was wird Betterton dazu sagen? Wird er es nicht merkwürdig finden?«
    »Das glaube ich nicht. Er wird gar keine Notiz davon nehmen.«
    Er sah sie fragend an. »Es tut mir leid, Olivia. Es muss eine wahre Hölle für Sie sein, mit anzusehen, wie er vor die Hunde geht.«
    Sylvia sprang auf: »Wir müssen fort von hier. Fort – fort.«
    »Wir werden hinauskommen.«
    »Das haben Sie schon früher gesagt – aber wir sind noch hier.«
    »Warten Sie’s ab! Nur Geduld. Ich bin inzwischen nicht untätig gewesen.« Sie sah ihn überrascht an.
    »Es ist noch kein bestimmter Plan, aber ich habe mich mit aller Vorsicht ein bisschen subversiv betätigt.
    Es herrscht hier teilweise große Unzufriedenheit, und zwar in viel höherem Maß, als unser gottähnlicher Direktor weiß. Vor allem unter den unwichtigeren Gliedern der Gemeinschaft. Gutes Essen, Geld und Luxus und Frauen bedeuten nicht alles. Ich werde Sie von hier wegbringen, Olivia.«
    »Und Tom auch?«
    Peters’ Gesicht verfinsterte sich.
    »Hören Sie mir zu, Olivia, und glauben Sie, was ich sage. Für Tom ist es am besten, wenn er hier bleibt. Er ist hier« – sekundenlang zögerte er – »sicherer als draußen in der übrigen Welt.«
    »Sicherer? Was für ein komischer Ausdruck.«
    »Sicherer«, wiederholte Peters, »ich gebrauche diesen Ausdruck mit voller Absicht.«
    Sylvia runzelte die Stirn. »Ich verstehe wirklich nicht, was Sie meinen. Tom ist doch nicht – Sie wollen doch nicht sagen, dass er geistig nicht in Ordnung sei?«
    »Nicht im Mindesten. Er ist so gesund wie Sie oder ich.«
    »Warum sagen Sie dann, er sei hier sicherer?«
    Langsam antwortete Peters: »In einem Käfig ist man in manchen Fällen sehr gut aufgehoben.«
    »Ach nein!«, rief Sylvia. »Sagen Sie nicht, dass Sie das auch glauben. Sagen Sie nicht, dass die Massenhypnose oder Massensuggestion oder wie immer es heißen mag, letzten Endes auch auf Sie wirkt. Sicherheit, Ruhe, Zufriedenheit! Nein, wir müssen uns empören! Wir müssen frei werden.«
    Zögernd meinte Peters: »Ja, ich weiß. Aber – «
    »Tom will auf jeden Fall fort von hier. Er verzweifelt förmlich bei dem Gedanken, hier bleiben zu müssen.«
    »Betterton weiß vielleicht nicht, was gut für ihn ist.«
    Plötzlich entsann sich Sylvia der Andeutungen, die ihr Tom gemacht hatte. Wenn er wissenschaftliche Ergebnisse verraten hatte, so hatte er sich in gewissem Sinne strafbar gemacht – ohne Zweifel war dies auch der Grund der Überlegungen von Peters. Aber Sylvia hatte die feste Überzeugung, dass es besser wäre, eine Gefängnisstrafe abzubüßen, als hier zu bleiben. So sagte sie hartnäckig:
    »Tom muss mitkommen.«
    Sie war ganz überrascht, als Peters plötzlich in bitterem Ton sagte: »Machen Sie das, wie Sie wollen. Ich habe Sie gewarnt. Ich hätte nur gern gewusst, warum Sie sich so sehr um diesen Menschen sorgen.«
    Sie sah ihn missbilligend an. Heftige Worte drängten sich ihr auf die Lippen, aber sie hielt sie zurück. Sollte sie vielleicht sagen, was sie in Wirklichkeit fühlte, nämlich:
    Ich sorge mich gar nicht um ihn. Er bedeutet mir nichts. Er war der Gatte einer anderen Frau, für die ich einen Auftrag übernommen habe. Am liebsten hätte sie gesagt: Du Narr, der Einzige, um den ich mir Sorgen mache, bist du!
     
    »Nun, du hast dich gut mit deinem netten Amerikaner unterhalten?«
    Mit diesen Worten

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