Der unsichtbare Feind (German Edition)
während er einen Ausfallschritt nach
hinten machte. Entschlossenheit spiegelte sich in seinem Gesicht wieder.
„Jetzt bist du fällig“,
flüsterte er mehr zu sich selbst, als zu Schönborn, der ihm noch immer den
Rücken zuwandte.
Als Schönborn die Spritze
entleert hatte, fiel er auf die Knie. Er presste seine Augen fest zusammen.
Dann ertönte ein ohrenbetäubender Knall. Schönborn blickte auf seine Brust. Auf
dem weißen Laborkittel breitete sich ein roter Fleck unaufhörlich aus. Er griff
an seinen Rücken. Die Kugel musste ihn zwischen den Schulterblättern durchbohrt
haben. Er machte sich nicht die Mühe, sich zu Hahn umzudrehen. Die Welt um ihn
herum verschwamm. Er hatte sich diesen Moment anders vorgestellt,
schmerzhafter. Aber es tat nicht weh, kein bischen. Einzig die Schwere in
seinen Armen konnte er spüren. Langsam ließ er sie in seinen Schoß sinken. Und
dann war da noch diese unbändige Müdigkeit. Er was so müde, wie er es lange
nicht gewesen war. Alles, was jetzt war, verlor für ihn an Bedeutung. Abwesend
wischte er sich das Blut vom Kinn, dass er wahrscheinlich gerade ausgehustet
hatte, er wusste es nicht mehr und es hatte auch keine Bedeutung mehr. Alles,
was er nun wollte, war schlafen, lange schlafen. Dann kippte Schönborn zur
Seite.
In diesem Moment drehte sich
Inspektor Stark pfeilschnell herum. Mit einem weiten Satz stürzte er zu Hahn.
Er umklammerte Hahns Hand,
die die Pistole führte. Mit einem Kraftakt riss er sie hoch. Ein Schuss löste
sich, scharfkantige Betonsplitter regneten von der Decke. Stark holte mit einem
Bein aus. Er platzierte seinen Tritt gegen den Bauch des
Landespolizeikommandanten, doch der war schneller. Mit einer Drehbewegung zur
Seite, ließ er Starks Bein in Leere sausen, packte ihn am Kragen seines
zerschlissenen Hemdes und schleuderte ihn gegen die Gitterstangen. Stark
prallte mit dem Kopf voran gegen den schweren Stahl. Blut bahnte sich seinen
Weg aus der Platzwunde über sein Gesicht, strömte in Rinnsalen über sein
Nasenbein und tropfte zu Boden. Stark richtete sich auf, ehe ihn eine harte
Rechte von Hahn erneut zu Boden zwang.
Er atmete tief, aber anders,
als in den letzten Tagen, funktionierte sein Verstand messerscharf. Obwohl sein
Körper nach Ruhe lechzte, hatte er es geschafft, die Müdigkeit in seinem Geiste
abzuschütteln. Siegessicher repetierte Hahn seine Waffe. Er ließ sich alle Zeit
der Welt dabei. Seine Augen funkelten. Gebieterisch stapfte er vor Stark auf
und ab. Auch als sich der Inspektor auf die Knie aufrappelte, schien er es
nicht eilig zu haben.
Stark sah ihn durch
blutunterlaufene Augen an: „Sie sind eine Schande für unseren Berufsstand.“
„Aber im Gegensatz zu Ihnen
werde ich diesen Tag überleben“, spöttelte Hahn.
Starks Lippen verzogen sich
zu einem Grinsen.
Pfeilschnell packte er den
Landespolizeikommandanten an seinem Ledergürtel, ließ sich zurückfallen und
schleuderte ihn über sich hinweg. Mit einer athletischen Rolle drehte er sich
um einhundertachtzig Grad. Hahn war im Durchgang der offenstehenden Gittertür
gelandet, seine Waffe trug er noch immer fest in Händen. Stark witterte seine
Chance. Die Verwirrung seines Gegners musste er ausnützten. Er war nicht
kräftig genug um einen langen Kampf durchzustehen, also stemmte er sich auf die
Beine, griff an einen der Gitterstäbe, aus denen die Tür bestand und knallte
sie so fest er nur konnte zu. Der stählerne Rahmen der Tür schlug wuchtig gegen
Hahns Kopf. Blut strömte über sein Gesicht. Stark riss die Tür auf und ließ sie
erneut gegen den Kopf seines Gegners knallen. Hahn sackte zusammen. Während er
die Tür abermals aufschwang, versuchte sich Hahn aufzurichten. Aber es war
vergebens. Wieder sauste der mit Flugrost überzogene Stahl gegen seinen Kopf.
Wie in einem Rausch schlug Stark immer wieder mit der Tür auf Hahn ein, bis ihn
die Kräfte verließen.
Stark stemmte seinen Arme in
die Knie und atmete tief.
Mit gebrochener
Halswirbelsäule wirkte der völlig deformierte Kopf, wie ein Fremdkörper.
Plötzlich regte sich etwas hinter
Stark. Er schoss herum, bereit einen weiteren Kampf auszutragen.
„Inspektor“, erklang die
schwache Stimme von Schönborn. Stark kniete sich über ihn.
„Ist der Fettsack Tod?“,
wollte Schönborn wissen.
„Ja, das ist er“, antwortete
Stark schwer atmend.
„Sie müssen Doktor Pavlova
helfen, sie haben sie ins Untergeschoss gebracht“, stöhnte Schönborn.
„Tanja!“, dachte Stark.
„Sie hätten
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