Der unsichtbare Feind (German Edition)
„Noch immer schweigsam. Ihre Einstellung wird Ihnen nicht
gut bekommen!“
Dann wandte er sich Schönborn
zu: „Vielleicht sind Sie etwas auskunftsfreudiger?“
Schönborn nickte
erschrocken.
„Gut“, bedachte Haslauer
Schönborns Geste mit Wohlgefallen, „Was ist des Rätsels Lösung?“
„Nun, eigentlich ist es ganz
einfach. Mithilfe der Blutprobe und der bestehenden Unterlagen haben wir recht
schnell herausgefunden, welches Enzym das Virus benutzt, um an die Wirtszelle
anzudocken.“
„Hervorragend“, kicherte
Haslauer, „Sie waren jeden Cent Ihres Gehaltes Wert. Das steht fest.“
„Vielen Dank Doktor
Haslauer“, erwiderte der verunsicherte Biochemiker.
„Erklären Sie mir bitte
eines“, fuhr Haslauer fort, „was ist dabei an diesem Penner so besonders?“
„Der …“, Schönborn zögerte
einen Moment, sah dann zu Tanja, von der er einen argwöhnischen Blick erntete,
„der Mann hat scheinbar einen seltenen Gendefekt. Bei ihm funktioniert es
nicht. Das Virus, sowohl die ursprüngliche Form als auch die Mutierte, kann mit
dem entsprechenden Enzym nicht an die Zelle andocken, es fehlt sozusagen das
Gegenstück an seinen Zellen. Folglich wird auch keine Zelle in seinem Körper
befallen. Wir haben zwar einige Viren in seinem Blut entdecken können,
vermehren können sie sich aber definitiv nicht.“
„Das ist also des Rätsels
Lösung“, philosophierte Haslauer, „ein Penner mit einem Gendefekt. Das Schicksal
spielt mit uns“, dann sah er Hahn tief in die Augen, „und es scheint wieder auf
unserer Seite zu sein!“
Hahns Grinsen floss in die
Breite.
„Mit diesem Mittel“,
Haslauer hielt die Ampulle in die Höhe, „werden wir Milliardenumsätze erzielen.“
„Wir sollten es
schnellstmöglich reproduzieren und einsetzen lassen“, schlug Hahn vor, der in
seinen Vorstellungen bereits auf den Seychellen am Strand lag und sich von
jungen Frauen jeden Wunsch von den Augen ablesen ließ.
Haslauer schüttelte
energisch den Kopf: „Warum es jetzt schon einsetzten? Das Virus hat gerade erst
Wien erobert. Warum diesem fabelhaften Lebewesen nicht noch ein wenig Zeit
geben, sich weiter zu verbreiten.“
Tanjas Augen weiteten sich
vor Entsetzen. Dieser Mann hatte tatsächlich vor, zuzuwarten und Tausende
Menschen sterben zu lassen.
„Wie meinen Sie das?“,
wollte Hahn wissen.
„Ganz einfach“, sagte
Haslauer, „ich habe gehört, dass es erste Fälle in Niederösterreich gibt. Da
dort noch Flugverkehr herrscht, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich das
Virus in ganz Europa ausgebreitet hat. Halten wir den Impfstoff noch ein wenig
zurück, vervielfacht sich unser Gewinn exponentiell.“
Dem verträumten Blick nach
gefiel Hahn die Idee außerordentlich gut.
„Was sind nun die nächsten
Schritte, Doktor Schönborn?“, lenkte Haslauer die Aufmerksamkeit der Gruppe
wieder auf das seine Mission.
„Nun ja, bei diesem
Impfstoff handelt es sich lediglich um die Beta Version, im besten Fall“, fügte
er hinzu.
„Ja und?“, mischte sich Hahn
ein, der von der Biochemie keine Ahnung hatte und dies auch am fließenden Band
bewies.
„Das ist ganz einfach Oberst
Hahn, der Impfstoff wurde nie erprobt. Das Serum könnte schlimmste
Nebenwirkungen hervorrufen, bis hin zum Tod. Was das für die Firma HumanPharm
bedeuten würde, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. Noch können wir nicht mit
absoluter Sicherheit sagen, ob es überhaupt wirkt“, führte Schönborn aus.
Sorgenfalten wucherten auf
Haslauers Stirn.
„Die gute Nachricht ist
aber“, verkündete Schönborn, „dass wir eigentlich so weit wären, mit
Tierversuchen zu beginnen.“
Tanja drehte es den Magen
um.
Haslauer schürzte die Lippe
nachdenklich.
„In diesem Stadium“,
folgerte Schönborn weiter, „wäre es empfehlenswert an Ratten zu testen.“
Haslauer schüttelte den
Kopf: „Das dauert zu lange!“
Schönborns Gesicht lief
blutrot an: „Wenn Sie Affen, vorzüglich einen Schimpansen hätten, dann könnten
wir das Verfahren deutlich beschleunigen. Sein Erbgut gleicht dem des Menschen
zu achtundneunzig Prozent.“
Haslauer seufzte: „Nein!
Selbst wenn ich einen Affen hätte, es dauert einfach zu lange!“
Dann blickte Haslauer auf.
Wieder zeichnete sich dasselbe Funkeln in seinen Augen ab, das er vor Momenten
verloren geglaubt hatte: „Doktor Schönborn, die Idee mit dem Affen ist
brillant!“
Schönborn legte fragend die
Stirn in Falten.
„Ich habe auch schon das
passende Exemplar“, lobte sich Haslauer
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