Der unsichtbare Feind (German Edition)
tief,
als er Tanja in der Tür sah, wie sie neugierig in das Haus lugte.
„Verdammt“, dachte er, „Egal
was man dieser Frau sagt, sie macht immer genau das Gegenteil!“
„Versuche hinter mir zu
bleiben“, flüsterte er ihr zu.
Mit einer weiteren schnellen
Bewegung hastete er durch eine offenstehende Tür, dicht gefolgt von Tanja.
Im Zentrum des Raumes stand
ein Bett, dessen Matratze zur Seite gezogen war. Der Kleiderschrank stand
offen, sämtliches Gewand bedeckte in einem Wirrwarr den Boden.
„Der Mann hat Geschmack“,
schmunzelte Stark, als er von den Designeranzügen des Biochemikers Notiz nahm.
Es roch abgestanden, als
wäre seit Tagen nicht gelüftet worden.
Tanja zuckte zusammen, als
sie eine Stimme wahrnahm.
„Hallo, Dieter?“, krächzte
eine alternde Stimme.
„Das kommt vom Eingang“,
flüsterte Stark in Tanjas Ohr.
„Dieter geht es dir gut?“
Erleichtert steckte Stark
die Waffe weg und ging schnellen Schrittes zur Eingangstür.
Ein alter dürrer Mann mit
dünnem weiß-grauem Haar und Altersflecken im Gesicht stand in der Tür: „Was
wollen Sie hier?“, zischte in Stark an.
Der Mann wich erschrocken
zurück: „Ich wollte doch nur …“, die Stimme versagte ihm.
Abwehrend streckte der Greis
seine Arme von Brust.
„Sie wollten was?“,
fröstelte Stark.
„Dieter“, stotterte er, „er
ist mein Nachbar.“
Der Mann presste die Augen
zusammen: „Bitte tun Sie mir nichts.“
Stark seufzte: „Er ist ihr
Nachbar?“
„Ja doch. Ich schwöre.“
Inzwischen hatte Tanja
Stellung neben Stark bezogen: „Um Himmels Willen“, zwinkerte sie ihm zu, „jetzt
zeig ihm doch schon deinen Dienstausweis.“
Stark seufzte erneut:
„Nehmen Sie ihre Hände runter. Hier ist mein Ausweis.“
Stark zog ein Lederetui aus
der Innentasche seines Sakkos und klappte es auf. Verängstigt las der Mann mit
halb zugekniffenen Augen: „Polizei?“, sagte er schließlich fragend.
„Ja Polizei“, antwortete
Stark knochentrocken, „Sie stören unsere Ermittlungen.“
„Es tut mir so leid“,
entschuldigte sich der Mann, „ich wollte doch nur nach dem Rechten sehen, „Dieter
war schon einige Zeit nicht mehr hier. Ich habe mir langsam Sorgen gemacht
müssen sie wissen.“
Stark klappte das Etui zu
und steckte es zurück in seine Tasche: „Ist schon gut, vielleicht können Sie
uns ja behilflich sein.“
Stark führte den Mann vor
die Tür und schloss sie hinter ihnen: „Sie sagten Herr Schönborn war schon
länger nicht mehr zu Hause?“
„Ja, es ist jetzt schon zwei
Wochen her, dass er hier war. Das ist weit länger als gewöhnlich.“
„Gewöhnlich?“
„Ja, Dieter, ich meine Herr
Schönborn, ist des Öfteren ein oder zwei Tage weg, aber vierzehn Tage“, der
Mann deutete mit erhobenem Zeigefinger, „so lange war er noch nie fort.“
„Woher wissen Sie eigentlich
wann und wie lange Herr Schönborn nicht anwesend ist?“, mischte sich Tanja in
das Gespräch ein.
„Nun ja, zum einem bin ich
Obmann der Nachbarschaftswache. Seitdem vor drei Jahren eine Einbruchsserie
unsere schöne Nachbarschaft erschüttert hat, gehen einige von uns regelmäßig
auf Patrouille.“
Stark musste innerlich
lachen. Der Mann war jenseits der siebzig, war spindeldürr und schlaffe Haut
hing ihm, wie labbriger Aspik an den Backen herab.
„Zum anderen“, fuhr der Mann
unverdrossen fort, „wässere ich seinen Rasen, wenn er nicht da ist. Diese
furchtbare Hitzewelle macht den Pflanzen zu schaffen“, der Mann holte tief
Luft, nur um noch zu einem weiteren Satz anzusetzen, „Aber nicht nur den
Pflanzen. Meine Frau wagt sich seit Tagen nicht aus dem Haus. Sie hat Probleme
mit ihrem Kreislauf müssen Sie wissen. Außerdem hat sie erst neulich eine
Reportage im ORF gesehen, in der es hieß, die Gefahr an Hautkrebs zu erkranken
sei dieser Tage besonders hoch. Und dann noch dieses Virus, das um sich schlägt!
Ich sage Ihnen, die Welt ist nicht mehr das, was sie einmal war.“
„Ich verstehe“, unterbrach
Stark den Monolog des alten Mannes, „wissen Sie zufällig, wo Herr Schönborn ist,
wenn er nicht zu Hause ist?“
Der Mann dachte angestrengt
nach: „Nein“, sagte er zögerlich, „ich habe ihn einmal danach gefragt, aber er
hat mir nicht geantwortet. Irgendwie scheint er ein Geheimnis daraus zu
machen.“
„Genau“, sagte Stark und rollte
mit den Augen, „Sie haben also Herrn Schönborn vor zwei Wochen zum letzten Mal
gesehen?“
„Ja“, lispelte der alte
Mann, während er genüsslich seine
Weitere Kostenlose Bücher