Der unsichtbare Killer
und Stelle durch eine Gen-Ersatz-Therapie verjüngt werden mussten. Und dann war da noch das Gehirn, um dessentwillen Bartrams Institut die neurogenetischen Technologien in erstaunlich innovative Höhen geführt hatte. Nicht nur die Kosten waren schwindelerregend; die kombinierten Prozeduren dauerten auch lange. Sehr lange. Im Herrenhaus ging das Gerücht, dass Bartram diese Phase zwölf Jahre zuvor begonnen hatte.
Angela wusste es nicht, und sie interessierte sich auch nicht dafür, wie lange es dauerte oder wie viel es kostete. Die Resultate waren eindeutig genug. Heute wirkte Bartram mit seinen hundertneun Jahren eher wie ein agiler Fünfzigjähriger, der unerwartet Arthritis bekommen hatte. Er hasste die schmerzhafte Steifigkeit, aber er war absolut entschlossen, sie zu überwinden.
»Dann können wir ja sogar noch länger in der Stadt bleiben«, sagte Angela.
Olivia-Jay warf ihr einen durchtriebenen Blick zu. »Triffst du dich mit jemandem?«, fragte sie atemlos.
»Mach dich nicht lächerlich. Wenn ich das täte, würde ich gar nichts kriegen. Die Sache mit der Exklusivität steht gleich im ersten Absatz des Vertrags. Er ist der einzige, der zählt.«
»Du tust es, oder?« Olivia-Jay hüpfte fast vor Aufregung.
»Nein! Ich möchte einfach nur ein bisschen Zeit für mich haben. Das ist nicht so schwer zu verstehen, oder? Und jetzt komm weiter.«
Sie gingen zuerst zu Birk-Unwin, sehr zu Olivia-Jays offensichtlichem Missfallen. Das Geschäft versuchte, sich als erstklassiges Kaufhaus durchzusetzen, aber die Einrichtung verriet seine Herkunft: eine aufgemöbelte einstöckige nahrungsverarbeitende Fabrik mit ungeschickt der Länge nach angebrachten Pfeilern, die sich auch durch phantasievolle Werbedisplays nicht ganz verbergen ließen. Auch das Umfeld half nicht gerade; Birk-Unwin befand sich in der Mitte der Marbeuf Avenue und war damit einige Blocks von der Stelle entfernt, an der Abellias wahres Glamourleben begann. Bei allen Ambitionen würde Birk-Unwin immer vernünftige Preise verlangen und Modellwaren der letzten Saison für Mittelstands-Stammkunden anbieten. Also seufzte Olivia-Jay theatralisch, als Angela sie zwischen den Auslagen hindurch mit sich zog. Schließlich fand sie, wonach sie suchte.
»Das muss ein Witz sein«, sagte Olivia-Jay, als Angela sich von einem Verkäufer die Schmuckvitrine öffnen ließ.
»Nein.« Angela hielt die goldenen Manschettenknöpfe in Bananenform ins Licht und drehte sie. Ein kleiner Manager mochte diese Art geschmacklosen Schmuck tragen, um seine Unabhängigkeit von der Firmen-Maschinerie zu zeigen – vielleicht als Geschenk seiner Verlobten. »Ich nehme sie«, sagte sie zu dem Verkäufer.
»Angela!«, wandte Olivia-Jay ein.
»Ich weiß, was ich tue, danke.«
»Das weißt du eindeutig nicht. Denn wenn du das tätest … komm, gehen wir zu Tiffanys, oder zu Jerrards oder sonstwohin. Wenn du ihn wirklich lieben würdest, würdest du das tun.«
»Ich liebe ihn nicht, also vergiss es.« Sie befahl ihrer E-I, die Rechnung von Birk-Unwin mit ihrem eigenen Geld zu bezahlen statt mit dem, das sie vom Herrenhaus bekam. »Packen Sie es bitte als Geschenk ein«, sagte sie dem Verkäufer.
Es dauerte zusätzliche drei Minuten, während der Mann ein purpurnes Band um das Kästchen wickelte. Es dauerte länger, als es hätte dauern sollen, aber der Mann warf ihr verstohlene Blicke zu, während er mit dem Band hantierte.
»Ich treffe dich später beim Jaguar wieder«, sagte sie zu der leicht schmollenden Olivia-Jay, als sie wieder draußen waren.
»Ja, das dachte ich mir.«
Angela überließ ihr das erste Taxi. Es hätte sie nicht gewundert, wenn Olivia-Jay versucht hätte, ihr zu folgen. Als das Taxi am Ende der Marbeuf Avenue abbog, rief sie sich ein anderes.
»Monturiol Beach«, sagte sie zu der Automatik. Sie entfernten sich von der Bordsteinkante, die Mikrowellen und Laserimpulse emittierte, die vom Führungskabel in der Straße und den anderen auf Automatik fahrenden Autos entziffert wurden; die Fahrzeuge, die die Avenue der Länge nach befuhren, passten ihre Geschwindigkeit und Position an und gestatteten so ihrem Taxi, in den mäßigen Strom hineinzugleiten. Angela blinzelte in ihre Tasche. Sie nahm das Geschenkkästchen heraus, wickelte es auf ihrem Schoß vorsichtig aus und holte die grellen Manschettenknöpfe heraus. Dann griff sie in ihre Strandtasche und fand die handflächengroße schwarze Pappschachtel, die hineingefallen war, während sie im Café gesessen
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