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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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konnten sie mit der Errichtung ihres neuen Zuhauses beginnen.
    Heute lief der einzige bekannte Kontakt Constantines mit der Erde über die Transportschiffe ab, die von Gibraltar Fracht zum Jupiter brachten; hauptsächlich Saatgut und Genproben, um die umfassende Genbank des Habitats zu erweitern. Immer wieder waren auch diverse Spezial-Mikrosysteme darunter und und manchmal sogar ein paar Leute, die sie angeworben hatten, um ihren bescheidenen Bestand festansässiger Bewohner aufzustocken.
    Der altvertraute Klang eines Läutens riss Constantine aus seinen Tagträumen. Es war schon seltsam, welche Prioritäten sein Verstand setzte, aber diese spezielle, einhundertzehn Jahre alte Erinnerung an ein klingelndes Telefon in einer Marmordiele hatte schon immer seine worauf auch immer gerichtete Aufmerksamkeit abgelenkt. Jedes Mal, wenn es geläutet hatte, war Kane North eilig drangegangen, und alles andere hatte nichts mehr gezählt, selbst wenn er gerade einen der seltenen Momente mit seinen drei Brüder-Söhnen verbrachte.
    Constantine schloss seine Augen vor dem eisigen hellen Glanz der Sturmlandschaft und dem in weit größerer Nähe funkelnden Sternbild aus Industriesystemen, das seine eigene Schöpfung war. Das archaische Telefonklingeln plärrte immer weiter und sickerte in verborgenere Tiefen seines Verstandes, als irgendein Gehörnerv sie je zu erreichen vermochte. Er ließ sein Bewusstsein durch mehrere Ebenen autonomer Gedanken aufsteigen, welche dieser Tage die Schichten seines resequenzierten Gehirns bildeten. Schließlich erreichte er die künstliche Ebene, die sich über seinen eigentlichen Schädel hinaus ausweitete. Seine Wahrnehmung glitt über die Vielzahl von Verbindungen, bis er auf den Kontaktpunkt mit dem simplen Nervenbündel stieß, das für die Kommunikation mit der Habitat-KI zuständig war. Die Schnittstelle öffnete sich wie ein drittes Auge und brachte eine räumliche Struktur zum Vorschein, wie sie in einem newtonschen Universum niemals existieren konnte. Das ätherische Läuten des Telefons verstummte.
    »Ja?«, sagte er.
    »Dad«, erwiderte Coby. »Du hast eine Nachricht.«
    »Von wem?« Nicht eine Silbe, die er darauf verschwendete, warum das nicht Zeit hatte bis später. Coby, oder vielmehr jeder hier über dem Jupiter, wusste, dass man ihn tunlichst nicht störte, wenn er über das Universum sinnierte. Was auch immer vorgefallen sein mochte, es musste von allerhöchster Wichtigkeit sein, wenn es rechtfertigte, ihn in seinen Betrachtungen zu unterbrechen. Die KI allein besaß diese Berechtigung nicht, es sei denn im Falle einer Katastrophe, wie der bevorstehenden Frontalkollision mit einem Asteroiden. Insofern war die Anzahl von Personen, die ihm eine Nachricht schicken konnten, welche die formale Befehlskette in solch erhabene Höhen hinaufzutreiben vermochte, äußerst begrenzt. Insgesamt zwei unter der gesamten Menschheit. Er wagte eine Vermutung, welche von beiden es war.
    »Augustine«, sagte Coby.
    Bingo . Constantine atmete tief ein, roch den leichten Beigeschmack der Reinheit gefilterter Luft, einer Luft, die für Menschen geradezu zu sauber war. Derzeit betrug die zeitliche Verzögerung bei einem Funksignal von der Erde vierzig Minuten. Das hier war keine Konversation. Und es gab auch nicht viele Dinge, die die Brüder zwischen sich unausgesprochen gelassen hatten. Er wagte eine weitere Vermutung, was den Inhalt der Nachricht betraf – und ihm schwante nichts Gutes. Schließlich war Augustines Medizin- und Gentechnologie nicht so fortschrittlich wie irgendetwas, das beim Jupiter zur Verfügung stand. »Was will er?«
    »Sie ist chiffriert. Eine ziemlich starke Chiffrierung. Ich nehme an, du hast den Schlüssel.«
    »Wollen wir’s hoffen. Leite sie mir weiter.«
    Die Nachricht begann abzulaufen. Constantines Augen weiteten sich. Sein bestürztes Bewusstsein sah die Bilder der Autopsie, über überschallschnelle Zyklonflecken von der Größe von Ozeanen gelegt. Sturmbänder jagten unter der Projektion einher, um in blütengleichen Explosionen von gefrorenem Ammoniak und schmutzigem, UV-belastetem Smog mit Gegenwirbeln in benachbarten Bändern zusammenzuprallen. Fürwahr ein gespenstischer Hintergrund für die präzisen und nüchternen Grafiken, die den Zellverfall und die chemische Zusammensetzung des Blutes dokumentierten, und für die gnadenlos scharfen Bilder von dem grausam zermetzelten Herz eines toten Neffen und Bruders.
    Als die Nachricht endete, versuchte Constantine sich

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