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Der unsichtbare Killer

Der unsichtbare Killer

Titel: Der unsichtbare Killer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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die Tränen aus den Augen zu blinzeln, die andernfalls in der Schwerelosigkeit niemals abgeflossen wären. Und wie falsch hatte er in seiner Arroganz bezüglich des Inhalts gelegen. Nicht, dass das etwas Schlechtes war, aber die Angst, die er verspürte, hatte etwas von dem, was man vermutlich beim Anblick des sich öffnenden eigenen Grabes empfand. Er war sich seiner steigenden Herzfrequenz deutlich bewusst, des Adrenalins, das durch seine Adern raste, die Haut zum Glühen brachte, welche die neue Hitze wieder nach draußen verströmte, ins All hinaus zu dem einsamen majestätischen Gasriesen jenseits der Blase. Nein , sagte er sich, das ist keine Angst. Es ist die Erregung, dass die Kampfansage endlich gekommen ist. Es hat lange genug gedauert.
    »Dad?«, fragte Coby. »Sollen wir etwas antworten?«
    »Nein. Nur die Bestätigung, dass die Nachricht angekommen ist. Ich werde später einige angemessene Beileidsworte aufsetzen.«
    »Okay.«
    »Ich komme runter. Sag bitte Clayton und Rebka, dass ich sie bei mir zu Hause treffe. Und lass ein Lichtwellenschiff für einen Flug zur Erde klarmachen.«
    »Im Ernst?«
    »Ja.«
    Sid verfolgte, wie der vorläufige Autopsiebericht über das Rasterfeld seiner Iris-Smartcells glitt. Die fein säuberlichen Tabellen zu Zellverfall und Mageninhalt überlagerten die Pasta, die er gerade auf seine Gabel drehte. Um ihn herum begann es in der Revierkantine zunehmend unruhiger zu werden, während mehr und mehr Menschen eintrafen, um ihre Mittagspause zu machen. Er blendete das Lärmen und Klappern komplett aus und versuchte, die Informationen zu einer Liste zusammenzufügen, die er gebrauchen konnte. Die Leiche hatte sich knapp zwei Stunden im Wasser befunden, wodurch sie einige Zahlen an der Hand hatten, wie weit sie den Tyne hinabgetrieben sein konnte. Was allerdings fast schon irrelevant war angesichts der schockierenden Neuigkeiten zum geschätzten Zeitpunkt des Todes: Freitagmorgen, der 11. Januar, also vor drei Tagen. Drei Tage lang blieb demnach ein North verschwunden, und niemand hatte eine Vermisstenanzeige gemacht. Das war nicht nur suspekt, das war realistisch gesehen unmöglich – und das wiederum empfand Sid als geradezu unheimlich.
    Er fing bereits an zu glauben, dass es ein völlig aus dem Ruder gelaufenes Familiendrama gewesen war. Ein simples Szenario. Irgendein armes Mädchen hatte herausbekommen, dass der North ihm fremdgegangen war (jedermann wusste, dass sie ihr Ding einfach nicht in der Hose lassen konnten). Die junge Frau hatte sich in ihrer Wut irgendein sonderbares Messingzierstück gegriffen und war damit mit der für eine Affekthandlung typischen Kraft auf ihn losgegangen.
    Die Erklärung dafür, wie sie es angestellt hatte, die Leiche anschließend in den Fluss zu werfen, war allerdings ein wenig schwieriger. Aber auch das war nicht unmöglich, insbesondere wenn man annahm, dass ihre Familie Beziehungen zu kriminellen Kreisen besaß; Brüder oder Cousins, die sofort zu ihr nach Hause gekommen waren und die Leiche weggekarrt hatten – oh, und die Smartcells extrahiert, was kein Pappenstiel war. Bestimmt wäre sie jetzt nicht mehr in der Stadt, würde irgendwo mit Freunden, die ihre permanente Anwesenheit bezeugten – und mit ein klein wenig Hilfe von irgendeinem Bytehead, der auf Zeit und Ort überprüfbare Zahlungsvorgänge anhäufte –, ein verlängertes Wochenende machen. Und wenn sie am Ende dieser Woche wieder zurückkehrte, war – Wunder, oh Wunder – ihr North-Lover nirgendwo mehr zu finden. Sie würde bei der Polizei anrufen und mit sorgenvoller Stimme eine Vermisstenanzeige aufgeben. Ja, Officer, ich fand es schon ein wenig merkwürdig, dass er mich die ganze Zeit nicht angerufen hat, aber er hatte in letzter Zeit so viel um die Ohren …
    Sid mümmelte an seinem Knoblauchbrot, während er diese Möglichkeit nochmals in aller Konsequenz überdachte. Aber wie sehr er es sich auch wünschte, dieser Vogel würde nicht fliegen. Nicht einmal Beziehungen zu kriminellen Kreisen konnten die verschwundenen verborgenen Smartcells erklären. Und was die Mordwaffe betraf – die Wunde ließ ein bloßes handliches Kunstobjekt, das man sich in einem Moment der Wut schnappte, einfach nicht zu. Was wiederum ein riesiges Problem aufwarf. Fingerklingen, die sich durch einen Brustkorb rammen und das von diesem geschützte Herz zerschnetzeln konnten? Bis jetzt hatte die Durchforstung der Datenbank nichts hergegeben, das passte. Nicht einmal annähernd. Keine Datei

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