Der unsichtbare Killer
möchten, dass du uns die Sachen bringst, die wir vor einiger Zeit angefordert haben.«
»Ach, komm schon! Heute?«
»Auf jeden Fall heute, Saul. Du hast sie doch, oder?«
»Ja. Ich habe sie.« Nachdem er das Rohmaterial beschafft hatte, waren ihm ein paar einfache Details zur Mikrofakturierung von Zulah übermittelt wurden, die für die 3D-Systeme hinten im Hawaiian Moon keinerlei Problem darstellten. Als er Emily von der Anfrage erzählt hatte, hatten sie sich darüber unterhalten, ob er es tun sollte oder nicht. Da die Zylinder keinerlei gefährliche Funktion zu besitzen schienen, hatte er letztlich weitergemacht und sie produziert. Druckgefäße mit integrierten Ballonen waren nichts, womit er zur Polizei von Abellia gehen konnte. Er musste herausfinden, wozu Zebediah sie benutzen würde, ehe dieser spezielle anonyme Anruf vonstatten gehen konnte. Saul hatte sogar eine nicht zurückverfolgbare Adresse aufgesetzt, um diesen Anruf zu tätigen – genau wie in den alten Zeiten.
»Dann bring sie uns bitte vorbei«, sagte Duren. »Hier ist unsere Adresse.«
Ein Symbol öffnete sich auf Sauls Raster und entfaltete sich, um einen Standort neben der Rue Turbigo in den Außenbezirken der Stadt anzuzeigen. »Ich weiß nicht recht, ob ich das heute schaffe.«
»Verstehe. Ich sehe, dass du jetzt gerade zu Hause bist, nicht?«
Eine einfache Frage, die Saul einen kalten Schauer über das Rückgrat jagte. Durens E-I musste weiter entwickelt sein, als er angenommen hatte. Er antwortete nicht.
»Soll ich Zulah vorbeischicken, damit sie unsere Sachen abholt?«, wollte Duren wissen.
Saul erschauerte beinahe. »Nein. Ich werde euch alles bringen.«
»Heute Vormittag. Bitte.« Der Anruf wurde beendet.
»Du kannst heute nicht gehen«, sagte Emily.
»Ich werde diese Frau nicht hierher in mein Haus kommen lassen. Du bist ihr nicht begegnet, du verstehst nicht, wie sie ist.«
»Sie weiß nicht, wie ich bin.«
»Nein, bitte, Emily. Ich muss los. Das alles hat heute ein Ende. Was immer sie anstellen, ich werde ihnen sagen, dass es das letzte Mal war, dass ich ihnen geholfen habe.«
»Ich denke, wir sollten jetzt die Polizei anrufen.«
»Und ihnen was sagen? Komm schon, Liebling, wir haben das doch schon hundertmal besprochen. Wir können nicht einmal feststellen, wozu diese Zylinder gut sind.«
Sie schürzte trotzig die Lippen. »Also gut, okay. Aber ich will ein paar Sicherheitsvorkehrungen. Ich werde mich in dein Bodymesh einklinken.«
Er war instinktiv dagegen. Wollte nicht auf ihre Hilfe angewiesen sein. Sie nicht verwickeln. Aber begleitet von Schuldgefühlen spürte er auch eine gewisse Erleichterung, weil er wusste, dass sie bei ihm sein würde. Dass sie die Polizei anrufen könnte, wenn es schlecht lief – falls sie anfingen, ihn herumzuschubsen, und forderten, dass er ihnen noch mehr gab. »In Ordnung«, sagte er.
Er fuhr mit dem Rohan aus Camilo Village und auf die Rue du Ranelagh. Dort geriet er in die erste Störung des Tages. Die Automatik des Wagens ließ eine Warnung auf seinem Raster aufleuchten, dass die Verbindung zum Makromesh der Straße unterbrochen war. Saul schaltete die Automatik ab und übernahm die manuelle Kontrolle. Über ihm leuchtete Sirius hell am Himmel, seine Intensität unterschied sich nicht sonderlich von der an anderen Tagen. Aber die Fasern des Polarlichts waren sogar im strahlenden Licht des Sterns sichtbar und schlängelten sich mit schlangenhafter Gewandtheit durch die oberen Luftschichten. Da das Verdeck des Autos heruntergeklappt war, konnte er spüren, wie sich seine Haare in der aufgeladenen Atmosphäre aufrichteten.
Es war wenig Verkehr auf der Straße. Selbst das Stadtzentrum war mehr oder weniger verlassen. Er bog in die reservierte Parklücke hinter dem Hawaiian Moon ein und stieg aus. Sowohl Ricos Bar als auch der Cornische Eisladen hatten geschlossen, genauso wie die meisten Läden entlang der Promenade.
Die drei Zylinder befanden sich im Hinterzimmer, wo sie gut sichtbar auf den Regalen lagen, die an der Wand aufgereiht standen. Die beiden kleineren hatten ein Fassungsvermögen von zwei Litern und enthielten die Ballons. An beiden Enden waren Ventile angesetzt, wodurch das Prinzip ganz einfach zu verstehen war. Man füllte irgendeine Flüssigkeit in die Ballons, dann drückte man am anderen Ende Luft in den Zylinder, die die Ballons zusammenpressen und leeren würde. Saul verstand nicht, weshalb man keine Pumpe benutzen konnte, aber ihm war eben auch nicht bekannt,
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