Der unsichtbare Killer
aber es hat seitdem jede Menge geschneit. Am Sonntagabend wären jegliche Spuren nach einer Stunde bedeckt gewesen.«
»Und das ist für uns ein häufiges Problem. Also …« Sie gestikulierte in Richtung des CDMR-Sets. »Und jetzt schauen Sie wieder mit dem Gerät auf diesen Bereich da.«
Abermals tat er, wie ihm geheißen, und richtete seinen radarverstärkten Blick auf die Stelle knapp unterhalb der Baumlinie, auf die sie deutete.
»Was Sie sehen«, sagte Tilly, »ist eine Falschfarbendarstellung von der Schneedichte. Sehen Sie diese kleinen dreieckigen Formen?«
Sid konzentrierte sich auf das Bild. Er konnte ein paar grüne Fleckchen erkennen, die durchaus dreieckig sein mochten. Sie lagen unter der obersten, bläulichen Schicht. »Ja.«
»Abdrücke von Entenfüßen, der Tiefe nach zu urteilen wahrscheinlich einen Tag alt.«
»Hol mich der Teufel.« Er nahm das CDMR zur Seite und starrte auf das kleine Stück Schnee. Es war komplett blank.
»Selbst eine Ente hat genug Gewicht, um den Schnee, auf dem sie steht, einzudrücken«, sagte Tilly. »Diese kleinen Stellen mit Fußspuren sind geringfügig dichter als die Schneedecke ringsum. Sie sehen also, wenn jemand eine Leiche hier runtergeschleift hätte, wäre das wie eine Autobahn zu erkennen, egal, wie viel es seit letzter Woche geschneit hat.«
»Dies war nicht die Stelle?«
»Dies war nicht die Stelle. Außerdem hat Noel gerade bestätigt, dass der Smartdust von einem Blitzeinschlag im Brückengeländer vor ein paar Monaten zerbrutzelt worden ist. Die Stadt ist nur noch nicht dazu gekommen, es mit neuen Partikeln zu besprühen.«
»Okay. Sie haben mich überzeugt. Also auf zur nächsten Lücke.«
Sid lotste die Northern-Forensics-Vans zurück auf die Nordseite des Flusses und zum Elswick Wharf hoch. Über die A695 erreichten sie die Penn Street, die nach einer Linkskurve in die Water Street überging. Auf ihr fuhren sie unter einer alten stillgelegten Eisenbahnbrücke hindurch und an einer Reihe von unansehnlichen Mikrofakturwerken und gewerblichen Lagerhallen vorbei bis zu dem Kreisverkehr hinunter, von dem die Skinnerburn Road und die Monarch Road abgingen. Beide verliefen parallel zum Tyne. Der Uferbereich selbst zählte zu Newcastles teuerstem Grundstücksbesitz und war von exklusiven Apartmentblocks, piekfeinen Hotels und Prestigebürotürmen besiedelt, die durch eine breite Promenade vom Wasser getrennt waren. Private Sicherheitskräfte waren hier für jedes Gebäude in Anbetracht des Status seiner Bewohner obligatorisch. Zudem waren breite Streifen von Smartdust entlang sämtlicher Wände gesprüht, sodass Sid schnell zu der Überzeugung gelangte, dass dies hier ebenfalls nur Zeitverschwendung war.
Direkt gegenüber dem Kreisverkehr befand sich ein eingezäuntes Baugelände, auf dem ein neuer Apartmentblock entstand. Die ersten drei Stockwerke hatten die Automaten auf dem Gerüst schon fertig. Agency-Constables hatten das Areal abgeriegelt, auch wenn dort dort heute nicht viel Bauaktivität herrschte. Die Tore waren geschlossen, und die Automaten standen still; Schnee bedeckte jede ihrer Einlass- und Auslassöffnungen, während große Eiszapfen bedrohlich von den schweren, um die Hydraulikhebebühnen geschlungenen Schläuchen herabhingen.
Links von der Baustelle stand ein alter Büroblock aus Backstein, mit zugenagelten Fenstern und einem großen Schild an der Vorderfront, das stolz erklärte, dass das Hargold Management beabsichtige, das Gebäude bis zum Sommer 2142 bezugsfertig zu machen. Laut Eva war der es bedeckende Smartdust – welcher Machart auch immer er sein mochte – seit neunzehn Monaten nicht mehr aktiv gewesen, seit der Zeit also, zu der Hargold Management das Gebäude gekauft hatte.
Sid und Tilly begutachteten die Lücke, eine enge Gasse, die zwischen der Baustelle und dem heruntergekommenen Büroblock gelassen worden war. Der Weg zum Wasser war auf keiner Karte verzeichnet, schlicht weil er auf keinem Stadtbauplan existierte. Wenn das Apartmentgebäude fertiggestellt war, würde der Zaun wieder abgerissen werden, aber im Augenblick stellte die entstandene Gasse einen Zugangspunkt für Tankfahrzeuge dar, die die Automaten mit Rohstoff vollpumpten.
Sid deutete in die schmale Passage. »Der Smartdust auf der Promenade am anderen Ende funktioniert nicht. Seine Geflechte sind am Sonntagmittag aus dem Stadtnetz geplumpst.« Er drehte sich zu dem kleinen Verkehrsrondell um. »Und Zufall, oh Zufall: Von den Straßenmakronetzen um
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