Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
Vom Netzwerk:
ins lächelnde Gesicht.
Leb wohl, dachte er, wir werden uns nicht wiedersehen. Er lauschte einen Moment lang den unverständlichen Worten aus den Lautsprechern, dann nickte er dem fernen Bild der Erde zu. Bald würde es die versiegende Energie blasser werden lassen. Er trat ans Bedienungspult und öffnete die Innentür der Schleuse.
Die Stimme des Unbekannten auf dem Bildschirm war nun deutlicher zu vernehmen. Er beendete seine Meldung mit den Worten: »Wir können nur hoffen, daß es Überlebende der kosmischen Havarie gibt und daß ihnen die Möglichkeit gegeben ist, den Zeitraum von fünfunddreißig Tagen zu überleben, bis die Rettungsmannschaften im Zielgebiet eintreffen werden.«
Einen Augenblick stand Otis erstaunt und reglos da, dann verlagerte er das geringe Gewicht des Toten wieder auf beide Arme. »Nun, leb du wohl«, sagte er leise. »Nun mußt du doch allein hinaus. Ich begleite dich nur ein kleines Stück. Nimm es mir nicht übel.«
Langsam, trotz der leichten Last, ging er auf die Schleuse zu und schob mit seinem Körper die Innentür weiter auf, denn im letzten Viertel versagte stets der mechanische Öffner. Es war eng, für zwei war die Öffnung nicht gedacht.

Das Mißverständnis
    Sie befanden sich bereits auf dem Rückflug. Jupiter war der letzte Planet. Sie waren froh, daß sich ihre Exkursion dem Ende näherte. Sie hatten sich nicht um den Flug gerissen. Cassini fühlte sich wegen des Anfängerauftrags zurückgesetzt, Bond deprimierte der Anblick der verlassenen Stationen auf den Monden der äußeren Planeten. Die Schweigsamkeit der vergangenen Wochen zermürbte sie zusätzlich.
    Die Abneigung gegen den Auftrag hatte sich verselbständigt, war eingedrungen in ihre persönliche Beziehung; ein unkontrollierbarer Mechanismus. Sie fanden keinen Ansatzpunkt für die Verständigung. Zu Beginn der Reise war vielleicht ein falsches Wort gefallen, ein unbeabsichtigter Ton, den der andere willkürlich interpretierte; eigentlich ein alltägliches Mißverständnis, doch nun… Irgend etwas fraß an ihnen, an jedem auf eine andere Weise.
    Es war nur bedingt ihr Fehler.
Sicherlich hätten sich Piloten gefunden, die die Sache mit Freude erledigt hätten und mit Eifer, denn es war keiner jener gefürchteten Routineflüge, weder körperlich noch geistig überanstrengend. Auch keine der Expeditionen, deren Besatzungen man nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten auswählte und die das Letzte abverlangten. Nichts davon.
Man hatte sie nicht erst gefragt; der Gefahrengrad war minimal, besondere Fähigkeiten wurden nicht verlangt. So gesehen, waren sie Opfer der Administration, kleiner Verwaltungsautomaten, denen man aus Gründen der Sparsamkeit statt drei Logikkreisen nur einen zugestand.
Vor zweihundert Jahren hatte die Erde die Erforschung der äußeren Planeten zugunsten wichtigerer Projekte aufgeben müssen. Inzwischen verfügte man wieder über Mittel und Kapazität, die stornierten Vorhaben zu beleben.
Viele der alten Stützpunkte waren in Vergessenheit geraten. Von manchen besaß man nur vage Angaben, wenige waren auf Grund vorhandener Pläne genau zu bestimmen.
Das Raumschiff näherte sich dem Jupiter. Sie wollten mit dem elften Mond beginnen.
Während des Landemanövers beobachteten sie den sich nähernden Trabanten, einen winzigen Körper von fünfundzwanzig Kilometer Durchmesser und birnenähnlicher Gestalt, mit routinierter Gleichgültigkeit.
»Du schweigst ergriffen«, stellte Cassini spöttisch fest.
Bond wandte sich nicht um. »Was gäbe es zu sagen?«
Cassini schnalzte mit den Lippen. »Wir haben es bald geschafft.«
»Wir wissen es«, bemerkte Bond. »Warum es ständig wiederholen?«
»Deine ewige Blasiertheit… Schämst du dich deiner Gefühle? Bist du verklemmt?«
»Gefühle?« Bonds Gesicht war boshaft spitz. »Ich habe keine.«
Cassini lächelte dünn. »Du gehst mir auf die Nerven mit deinem Edelsinn. Warum gibst du nicht zu, daß du genug hast von mir, von diesem ganzen Unternehmen?« Er ließ die Arme sinken und holte tief Luft. »Ich jedenfalls kann dich nicht ertragen.«
Bond streifte ihn mit einem gleichmütigen Blick und verfolgte dann wieder die Annäherung des Mondes. »Laß ruhig Dampf ab. Ich glaube, du meinst gar nicht mich. Du weißt es selber nicht. Aber es steckt mehr dahinter, ich bin sicher.« Er sagte das, als meine er etwas Unwichtiges.
»Ach nee.« Cassini pfiff durch die Zähne. »Wie bist du zu dem Auftrag gekommen? Wie ‘ne Jungfer zum Kind? Haben sie dir auch erzählt,

Weitere Kostenlose Bücher