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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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Gerippe. Der innere Verfall bedrückte ihn noch mehr als die äußere Zerstörung.
Auffahrend aus seinen Gedanken, folgte er Cassini den Gang entlang.
Vor ihnen her flohen die grauen Gespinste, stets gleichen Abstand haltend, folgten ihnen nach, nie näher, nie ferner, verhielten mit ihnen, eilten, zögerten, als wären sie Schatten ihrer Körper, wisperten leiser als ein Atemzug oder das Schaben der Teile des Schutzanzugs beim Gehen.
Cassini regelte die Beleuchtung auf einen angenehmen Gelbton ein. Die Zentrale war vom gleichen Typ wie alle anderen. Sie beherbergte neben den kybernetischen Steuereinrichtungen die wichtigsten Einheiten, die Luftversorgung mitsamt der Klimaanlage, Funk- und Dezibeobachtung, den Energieblock, der zu einem Viertel aus dem Boden ragte.
Die Hydrotanks der Sauerstofferzeugung waren leer, der Funkteil arbeitete nicht, die Bildschirme waren tot, die Klimaanlage stillgelegt. Auch der Zentralkybernet verbrauchte keine Energie. Nicht eine der Verbraucheranzeigen stand über Null. Trotzdem lieferte der Nuklearblock Energie. Wohin, wofür?
Bond legte die Hand auf die Panzerung. Sie war warm. Er spürte die feine Vibration, unhörbares Summen: Volt- und Amperemeter zeigten einen mittelstarken Stromfluß an. Welches der Aggregate entnahm Energie und zu welchem Zweck?
Sie untersuchten alle Funktionseinheiten aufs neue. Nichts. Nirgendwo wurde die geringste Energiemenge verbraucht.
Cassini schüttelte den Kopf. »Das Ding hält uns zum Narren. Hören wir uns ihr Tagebuch an, falls sie es nicht mitgenommen haben.«
Sie hatten Glück. Die Besatzung hatte das Tagebuch zurückgelassen. Es war das Original. Cassini rief die Eintragung des letzten Tages ab.
Der Kybernet sprach mit klangvoller Stimme das Datum.
»Vor zweihundertzwanzig Jahren«, flüsterte Bond.
Es folgten Routineeintragungen der Nachtwache, Strahlungs- und Meteoriteneinfall, eine Art Wetterbericht.
Die Morgenablösung hatte eine mürrische Stimme. Der Mann sprach müde und widerwillig, wurde nur einen Moment freudig, als er die Meldung einflocht, daß ein gewisser Rammon soeben seine Schlafgasexperimente zu einem erfolgreichen Abschluß gebracht hätte und daß man aus diesem Anlaß am Abend feiern würde.
Der Kristall enthielt nicht mehr als zwei Sätze über den gesamten Morgen. Gegen zehn erwähnte er einen georteten Meteoriten, nannte Bahndaten, Größe, Geschwindigkeit. Eine halbe Stunde später korrigierte er seinen Irrtum: Der vermeintliche Meteorit war ein Raumschiff. Dann drängten sich die Worte zusammen, fugenlos.
Es war kein Funkkontakt zustande gekommen. Das Raumschiff hatte den Kurs geändert und flog den elften Jupitermond an.
Noch immer kein Funkkontakt.
Der Kommandant der Station blendete sich in den Bericht ein. Er sprach als erster den Verdacht aus, es könnte sich um ein Raumschiff nichtirdischer Herkunft handeln.
Bond und Cassini lauschten mit steigender Spannung der Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedern der Stationsbesatzung.
Mehrmals warf Bond einen unbemerkten Blick auf Cassinis Gesicht. Zu seinem Erstaunen beobachtete er einen träumerischen Ausdruck. Doch sowie Cassini der Musterung gewahr wurde, verschloß sich sein Gesicht wie je.
Eine viertel Stunde später löste sich das Problem von selbst: Das Streitobjekt landete etwa zweihundert Meter von der Station entfernt. Die Berichterstattung wurde vom Stationskommandanten übernommen: Es war ein außerirdisches Raumschiff.
Cassini lachte auf. »Ich glaube, die litten an Bewußtseinstrübung. Hast du jemals von einem Kontakt mit Außerirdischen gehört?«
Bond antwortete nicht. Er war auf seinem Sitz zusammengesunken. Die Arme lagen auf dem Schalttisch des Kyberneten. Mit den Händen umschloß er ein weißes, schildkrötenförmiges Gerät, das jemand dort vergessen hatte.
Cassini sprang auf. Er packte den Gefährten, riß ihn, um ihm Luft zu verschaffen, nach hinten, rüttelte ihn an den Schultern.
Bond atmete schwer. Er öffnete die Augen, blickte Cassini erstaunt an. »Was ist?« Sein breites Gesicht war fahl, die Wangen bebten.
»Du warst weg.«
Bond musterte ihn verständnislos. »Ich? Ach ja. Möglich, ich war wohl einen Moment eingeschlafen. Entschuldige! Was ist denn aus diesem Raumschiff geworden?«
Cassini kniff mißtrauisch die Augen zusammen. Er war fast sicher, daß Bond log. Aber warum? Langsam zog er sich auf seinen Sitz zurück. Er ließ Bond nicht aus den Augen.
»Was hast du nur? Deine Hände zittern. Du bist ja völlig durcheinander.«
Bond

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