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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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abgesaugt wurde, hielten sie sich an der Hand. Ihr kaum spürbarer Druck weckte in ihm phantastisch-lustvolle Bilder. Wie lange hatte er nicht mehr jene Kinderträume gehabt, die einem Held zu sein gestatten nach eigener Fasson. Er sah ihr Gesicht hinter dem Helmvisier. In dieser Perspektive traten ihre Wangenknochen stärker hervor, ließen ihr Gesicht noch magerer erscheinen; der Mund schien zu groß, die Lippen zu voll für dieses schmale, zarte Gesicht. Ihn überkam der Wunsch, sie zu berühren.
    Lautlos schwebten die Gleiter über den Abgrund. Zusammengedrängt hatten sie zu zehnt in den offenen Fahrzeugen Platz genommen. Die Helmgeräte empfingen unsortiert das Tohuwabohu der Stimmen. Einer schrie: »Vielleicht spukt es dort! Die Alten gehen um, sie haben lange, weiße Bärte!« Ein dutzendfaches Lachen schwoll dünn auf. Andere Stimmen meldeten sich. Plötzlich redeten wieder alle durcheinander. Mit dumpfer Stimme erzählt, drang durch die Wortfetzen die Geschichte vom Ewigen Raumschiff, das bis in alle Zeiten zwischen den Sternen umherirren muß, weil die Besatzung die Formel ihres Heimatplaneten vergessen hat. Kreischen und wohlig gruselndes Lachen antworteten.
    Flüstern summierte sich zum Getöse, versickerte wieder im Schweigen, bis die Rinnsale einzelner Sätze neue Fluten ankündigten. Dröhnend ergossen sie sich aus den Hörern über sie.
    Der Kreisel blieb zurück. Katten vermochte schon mit bloßem Auge die zerrissene Oberfläche des Wracks zu erkennen. Wie Krallen ragten die verbogenen Träger, die wirr ineinander verschlungenen Rohre und klaffenden Platten aus dem Leib des Wracks. Es schien ihm, als lauerten sie zitternd auf Beute, bereit, sich um die wehrlosen Körper der Gleiter zu schließen. Nie hatte er eine so gewaltsame Vernichtung gesehen, deren Fortführung nur aufgeschoben war, doch jeden Moment wieder einsetzen konnte, um sie alle in ihren Strudel zu reißen. Erbarmungslos würden sie eingesaugt werden in den Schlund einer zerstörerischen Maschine. Die Vorstellung versetzte Katten in Angst: eine fressende, hackende, stampfende Maschine. Hier hatte ein Sturm gewütet, ein Ungeheuer. Das konnte nichts Natürliches sein. Die Natur war schön und mild. Er hatte nie Anlaß gehabt, seinen Lehrern zu mißtrauen. Verzweifelt suchte er in seiner Erinnerung nach sanften Bildern von der Erde, um den Anblick aufzuwiegen. Doch immer wieder drängte er sich vor, entzog ihm den festen Boden und die Luft zum Atmen. Er preßte beide Hände um Lares Schultern.
    Die Gleiter schwebten heran wie schimmernde Insekten. Bailey befahl, nebeneinander an einer unversehrten Stelle zu landen. Sie glitten über unergründliche Krater. Kaum jemand achtete noch darauf. Eine allgemeine Wette war im Gange, wer das schönste Souvenir finden würde.
    Katten versuchte, im Dunkel der zerfetzten Löcher etwas zu erkennen. Irgendwo war eine Bewegung. Der Strahl des Bordscheinwerfers irrte ab, pendelte zurück. Beharrlich, als versuche er ein verlorenes Gleichgewicht wiederzufinden, taumelte ein loser Träger um seine Achse, seit zweihundertfünfzig Jahren. Der Anblick der stereotypen Bewegung stimmte Katten trostlos, als wäre der letzte Überlebende des Unglücks er, als hätte er zweihundertfünfzig Jahre lang nichts anderes gesehen als das mahnende Wirbeln des Fingers.
    Er tastete nach Lares Schulter, legte alle Kraft in den Druck seiner Hand. Doch er spürte nur den zähen Widerstand ihres Schutzanzuges, der ihm ihre knochige Schulter entzog. Sie merkte es nicht einmal und zuckte erst zusammen, als er flüsterte: »Ob sie alle umgekommen sind?«
    Sie verließen die Gleiter und scharten sich um Bailey, eine geisterhafte Versammlung von Schutzanzügen, ein wogendes Büschel Helme.
»Es bleiben immer zwei zusammen«, sagte Bailey. »Das ist ein Befehl!«
    »Aye, aye, Käpt’n!« schrie einer übertrieben laut und salutierte.
Baileys Stimme blieb unbeeindruckt. »Wer meinen Anordnungen nicht Folge leistet, für den beantrage ich Raumverbot.«
    Das Lachen verstummte. Einen Augenblick war erstauntes Schweigen. Dann sagte jemand: »Du kannst einem richtig den Spaß versauen.«
    »Das hier ist kein Spaß mehr«, sagte Bailey sanft. »Wir werden durch ein Leck ins Schiff eindringen. Wenn wir drin sind, haltet euch besser in den unversehrten Sektionen auf. Ansonsten könnt ihr machen, was ihr wollt. Fragen?«
    Sie stiegen in einer lockeren Doppelreihe in den Krater, umgeben von geborstenem Metall. Die Scheinwerfer blitzten wie

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