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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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verlassen. Doch eine Erklärung für das Phänomen zu suchen, hatte er jetzt keine Zeit.
    Als er den Ausgang der Schlucht erreichte, erblickte er zwanzig Meter vor sich die Kröte. Buck mußte sie in der Zwischenzeit flottbekommen haben. Sie stand unversehrt auf einem kleinen, blankgefegten Plateau.
    »Buck!« Sicherlich hatte er ihn den ganzen Tag lang gesucht. »Buck, melde dich!«
Nekida rannte auf die Schildkröte zu. Buck lag auf der anderen Seite, halb aufgerichtet, mit dem Gesicht gegen den Panzer des Fahrzeugs. Aus seinem Rücken ragte das Ende eines beinernen Pfeils.
    Im Fallen riß Nekida den Strahler hoch. Eins ihrer Geschosse klatschte über ihm an die Panzerung. Der breitgefächerte Energiestrahl stieß gegen die Dünen, schleuderte aufglühenden Sand hoch, zerfetzte die Ränder der Felsspalten. Verkohlte Glieder der Spindelkörper wirbelten durch die dünne, kalte Luft. Fette, raupenartige Leiber wanden sich, vom Energiestrahl getroffen. Blitzschnell versuchten sie ihre Blasrüssel zu erheben, um die tödlichen Geschosse gegen den Menschen zu schleudern, ehe sie mit unangenehmem Zischen verdampften. Nach einigen Sekunden lag vor Nekida ein kochender Lavasee. Angewidert ließ er den Strahler sinken. Es mußten etwa zehn gewesen sein. Einzig seiner Reflexreaktion hatte es Nekida wohl zu verdanken, daß er noch lebte.
    Buck war tot. Der Schutzanzug hatte ihn davor bewahrt, von den Tieren gefressen zu werden. Nekida legte den Toten in die Heckkammer. Wie ein Automat führte er Bucks letzte Arbeit zu Ende und befestigte die vom Sturm abgerissene Außenantenne. Dann stieß er in die Schleuse und wartete apathisch, bis sie mit irdischer Atmosphäre gefüllt war. In einem Zustand depressiver Erschöpfung befreite er sich langsam von seinem Schutzanzug. Kraftlos betrat er die Kabine und ließ sich in seinen Sessel fallen. Er lächelte schmerzlich über die Gewohnheit und setzte sich in den Sessel des Fahrers. Armer Buck, dachte er, du wolltest Großes vollbringen.
    Sollte er den Marsianern die Schuld an Bucks Tod geben? Niemand hatte die Menschen gerufen. Sie waren die Eindringlinge, und diese Welt war gegen sie programmiert. Die Marsianer hatten nichts weiter getan, als ihre Welt nach ihrem Gutdünken zu verwenden. Es fiel Nekida schwer, doch er mußte sich damit abfinden, daß sie ein Recht darauf hatten.
    Nervös flackerte seit geraumer Zeit das rote Auge der Rufanlage. Nekida ignorierte es einfach eine Weile, doch dann gab er dem drängenden Zeichen nach.
    Ein Schwall erregter Rufe schlug aus dem Lautsprecher. Nekida preßte den Kopf zwischen die Hände. Die lauten Fragen kamen ihm aufdringlich vor. Geronimo erschien auf dem Bildschirm.
»Seit Stunden meldet ihr euch nicht! Was ist los? Ist euch im Sandsturm etwas zugestoßen? Wo ist Buck?«
    Nekida sagte, daß Buck tot sei. Die Stimmen im Hintergrund verstummten, dann sagte Geronimo leise: »Dieses verdammte Viehzeug.« Sein Atmen füllte die Stille nicht aus. »Ist die Kröte in Ordnung?«
    Nekida überprüfte flüchtig einige Instrumente. Geronimos Gesicht entspannte sich.
»Wir sind fast alle unterwegs. Seit drei Stunden haben wir nichts mehr von euch gehört.«
»Drei Stunden?« Nekida starrte ungläubig auf die Uhr in der Kabine. »Irrst du dich auch nicht? Nach meiner Armbanduhr ist heute der Neunzehnte, achtzehn Uhr dreißig.«
»Schmeiß sie weg«, sagte Geronimo. »Wir haben den Achtzehnten. Heute morgen seid ihr losgefahren.« Er musterte Nekida aufmerksam. »Die Sache mit Buck, der Sandsturm, das hat dich mitgenommen. Halt durch, bleib in der Kröte, in einer viertel Stunde sind wir da. Denk dran, heute ist der Achtzehnte.« Geronimos Bild verblaßte.
Nekida sah auf die Uhr. Die Zahl 19 schimmerte gelblich in dem kleinen Fenster auf seinem Handgelenk. Er erinnerte sich des thermodynamischen Faktors und lächelte matt.
Nekida blieb im Dunkeln sitzen. Rötlich glühend strahlte von draußen der erkaltende Lavasee herein. Dann erschienen als helle Lichtpunkte die Scheinwerfer der vier Gleiter am Himmel.
Während Nekida sprach, bemerkte er in den Gesichtern seiner Kameraden Erstaunen und Unglauben. Die Erzählung vom Kampf der fliegenden Scheiben löste Abwehr aus.
    Wichtig erschien Nekida vor allem die Begegnung mit Barg. Doch es fiel ihm schwer, ein anschauliches Bild zu geben. An verschiedene Einzelheiten konnte er sich nur mit Mühe erinnern, und manchmal kam es ihm so vor, als gebrauche er Bargs Gedanken als seine und umgekehrt. Die quälende

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