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Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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wieder zu Bewusstsein kam. Er schlug seine Augen in dem Moment auf, als ihn das Gewicht der Stangen traf und nach unten riss. »Ein Krokodil!«, schrie er und schlug um sich. »Es ist ein verdammtes Kroko…«
    Er schlug auf und wurde unter einem Haufen Trümmer begraben. Meredith riss die Arme vors Gesicht und wartete auf den Aufschlag -
    – der nicht kam.
    Oben auf dem Gerüst befand sich ein großer, rechteckiger Stahlbehälter, der jenen glich, in denen die Beecrofts ihre Lebensmittel lagerten. Tetsuo bewahrte darin seine Farben auf. Er war versengt, aber intakt. In ihm steckte immer noch der schwarze Marmorstößel, mit dem Tetsuo seine Farben zerstieß. Als das Gerüst umzukippen begann, hatte Meredith auf der Suche nach einem Halt den Behälter und den Stößel zu fassen bekommen. Statt zerschmettert und tot inmitten der Trümmer zu liegen, schwebte sie nun beinahe zehn Meter über einem sprachlosen Shingo.
    Einige Sekunden des Experimentierens bestätigten diese erstaunliche Tatsache: Der Behälter schien ihr Gewicht zu halten. Allerdings musste sie aufpassen, dass ihr der Stößel nicht aus der Hand glitt, sonst würde sie zu Boden fallen, wie ein sechzig Kilo schwerer Apfel auf Newtons Schädel. Doch das bemerkte sie erst, als es zu spät war…
    Meredith blickte benommen auf, als Shingo einen Schrei ausstieß und in einem einzigen fließenden Sprung den Raum durchquerte. Sein Schatten wölbte sich in die Kuppel empor und stieß nieder, als er auf ihr landete und seine Zähne in ihre Schulter grub. Meredith schlug mit einer Kraft zurück, von der sie nicht wusste, dass sie sie besaß – und Shingo offenbar ebenfalls nicht. Es dauerte mehrere Sekunden, bevor er geistesgegenwärtig genug war, um ihre Schläge abzuwehren, und inzwischen hatte sie ihm bereits einige Verletzungen zugefügt. Zumindest genug, um ihn zur anderen Seite der Halle zu vertreiben, wo er niederkniete und seine Wunden leckte. Das schien ihn schlagartig wieder zu Verstand zu bringen.
    »Warum musste sie sterben, Meredith? Hat ihr jemand erzählt, was ich getan habe? Hat in jener Nacht jemand etwas gesagt, das sie in den Tod getrieben hat?«
    »Ja – du, Shingo.«
    Das traf tief – sie konnte sehen, wie der Zorn erneut in ihm aufstieg.
    »Überleg mal, Shingo: Du hattest ihr gerade erzählt, dass du mich heiraten willst, und sie wusste als Einzige, wer wirklich dein Vater war. Für sie war unsere Heirat unmöglich! Aber um sie zu verhindern, hätte sie ihren Ruf ruinieren müssen, ebenso wie den ihres Mannes und ihres Liebhabers. Ganz zu schweigen davon, dass es dein Leben ruiniert hätte.«
    »Sie… sie hat sich umgebracht, weil sie dachte…«
    »Weil sie dachte, wir seien Bruder und Schwester, Shingo. Sie starb vor Schande, weil sie den Gedanken nicht ertragen konnte, dass Wasilys Sohn Wasilys Tochter heiraten würde. Und die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, bestand darin, ihre eigene Untreue einzugestehen.«
    »Du meinst, sie ist gestorben, weil wir… weil«, seine Augen weiteten sich. »Das ist Inzest, Meredith…«
    »Shingo, du Idiot. Wie du schon gesagt hast – er war nicht mein Vater. Das habe ich nie gewusst. Erst gestern hat mir Tetsuo die Wahrheit erzählt. Wasily war dein Vater, aber er war nicht meiner.«
    »Dann, dann sind wir also wirklich keine…«
    »Nein. Und du hast einen guten Mann ohne Grund getötet. Du hast deinen eigenen Vater umgebracht, Shingo. Und wenn du ehrlich dazu gestanden hättest, oder deinen Eltern zumindest erzählt hättest, was du über mich herausgefunden hast, dann wäre auch deine Mutter wahrscheinlich noch am Leben.«
    Genau in diesem Augenblick stürzte Herold keuchend durch die Überreste der Eingangstür des Soame’s, dicht gefolgt von George Daves’ Hund Oly. »Hey, Mrs. Beecroft… ich brauche den verdammt größten Espresso, den Sie jemals…«
    »Hunderttausend Höllenhunde«, sagte Oly.
    Herold blieb abrupt stehen und wurde sich erst jetzt der Zerstörung um ihn herum bewusst. Er blinzelte Meredith einige Male an, starrte dann zu dem noch immer bewusstlosen Glen hinüber und richtete seinen Blick auf Shingos gewaltige, blutende Gestalt, die seiner Freundin gegenüber an der Wand lehnte. »Heilige Scheiße«, sagte Herold. »Habt ihr euch gestritten, oder was?«
    »Herold! Gott sei Dank! Aber ich dachte, du wärst… ich meine, ich habe einen Wolf gesehen…«
    Zur Antwort hielt er seinen linken Arm hoch, der fünfzehn Zentimeter unterhalb des Ellbogens jäh endete und mit

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