Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der unsichtbare Mond

Der unsichtbare Mond

Titel: Der unsichtbare Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
Vom Netzwerk:
Stoffstreifen umwickelt war, die klebrig glänzten. »Nun ja«, sagte Herold, »wenn ich ohne einen Kratzer davon gekommen wäre, dann hätte ich jetzt keine Geschichte, die ich Mr. Janes verkaufen könnte, oder?«
    Shingo fing an zu lachen – ein raues und unerwartetes Geräusch. Herold runzelte verwirrt die Stirn und blickte Meredith fragend an.
    »Herold…«, setzte sie an.
    Er nickte und blickte sich in der verkohlten und rauchenden Ruine um, die einmal das Soame’s gewesen war. »Ich glaube, ich verstehe – das Feuer hat ihn erwischt, oder?«
    Shingo lachte erneut. »So in etwa.«
    »Aber, Herold«, fragte Meredith, »wie bist du den Wölfen entkommen?«
    »Als ich wieder nach Silvertown zurückkam«, sagte er, »traf ich Oly, der mir geholfen hat, sie genau dorthin zu führen, wo ich sie haben wollte – in meine Fallen.«
    »Fallen?«
    »Schlingenfallen«, sagte Herold. »Die Wölfe hängen allesamt mit dem Kopf nach unten in den Bäumen auf dem Grundstück der alten Lady Watkiss.«
    »Aber wie bist du…?«
    Herold lächelte und zog ein kleines Buch aus seiner Jacke: Peter und der Wolf. »Ich wusste einfach, dass es sich früher oder später als nützlich erweisen würde«, sagte er und warf Shingo das Buch vor die Füße. »Also, was zum Teufel ist hier eigentlich passiert?«
    Shingo lachte noch einmal und Meredith wurde bewusst, dass er nicht aus Belustigung lachte, sondern weil er vollkommen den Verstand verloren hatte. Langsam kam er auf die Füße und riss zwei der verbogenen Metallstangen aus den Trümmern. »Das spielt jetzt keine Rolle mehr«, sagte er, und ein grimmiges Lächeln breitete sich auf seinen Gesichtszügen aus. »Eine für dich und eine für den Hund.«
    Oly ging in die Knie und kauerte sich gegen Herolds Schienbeine. Aus seiner Kehle drang ein tiefes Knurren. Herold hob seinen unversehrten Arm über den Kopf und sagte: »Pass auf, du Trottel – ich kenne den Todesstoß von Kim Yul Brynner.«
    Oly griff als Erster an. Er sprang Shingo in den Schritt und ließ seine Kiefer zuschnappen. Shingo krümmte sich vor Schmerzen und geriet ins Taumeln.
    »Verdammt«, sagte Herold, »das ist mir vielleicht ein mieses Miststück von einem dreibeinigen Hund.«
    Es hielt nicht lange vor. Shingo riss Oly hoch und warf ihn gegen die Wand. Er fiel reglos zu Boden, atmete aber noch. Herold brüllte und schlug nach Shingo, der ihn mit seiner gewaltigen Hand am Kopf packte und vom Boden hochhob.
    Er begutachtete seinen Gefangenen einen Augenblick lang, wie eine Katze, die mit einer Maus spielt. Dann versetzte er ihm mehrere Schläge gegen Brust und Unterleib. Meredith konnte hören, wie Knochen brachen und Fleisch aufriss. Schließlich gab Herold nur noch schwache Geräusche von sich. Als Shingo ihn fallen ließ, bemerkte Meredith, dass sie geschrien hatte.
    Unglaublicherweise blieb Herold auf den Beinen: Er stand da und blickte auf das Blut hinunter, das sein Hemd und die Hose durchweichte und zu Boden tropfte.
    »Herold?«
    Er sah sie an und grinste schief. »Schock ist eine großartige Sache, Reedy. Obwohl ich glaube, dass ich geliefert bin, wenn der Schmerz erst einmal einsetzt.«
    Shingo lachte spöttisch. »Also gut. Jetzt fresse ich dein… Was zum Teufel…?«
    Ein furchtbares Heulen erfüllte die Straße draußen und näherte sich rasch dem Soame’s.
    Die Wölfe hatten sich befreit.
    Shingo und Meredith blickten Herold an, der mit den Achseln zuckte und verlegen grinste. »Na ja, war halt das erste Mal, dass ich eine Schlingenfalle gelegt habe.«
    Plötzlich rasten ein Dutzend riesiger grauer und brauner Leiber durch die weit geöffnete Eingangstür und stießen Herold brutal zur Seite. Er schlug mit dem Kopf auf einen Tisch und blieb reglos liegen.
    Die knurrenden Wölfe umkreisten Shingo und Meredith langsam.
    Mit erhobener Schnauze blieben sie stehen, sogen schnüffelnd die Luft ein – und drehten sich zu Meredith zurück.
    Sie baten um Erlaubnis.
    Was es auch war, in das sie sich verwandelt hatte: Meredith wurde mit einem Mal klar, dass sie nicht mehr nur ein Mensch war. Was auch immer sich an ihr verändert hatte, es ging eine seltsame Macht damit einher. Sie konnte fliegen. Sie war stark, wenn auch nicht so stark wie Shingo. Sie war widerstandsfähiger und weniger leicht verletzbar. Und anscheinend besaß sie irgendeine Macht über diese Wesen, die vor ihr standen.
    Sie sah zu Shingo hinüber, der im Geiste ziemlich genau dieselben Schlüsse gezogen hatte und plötzlich den bislang

Weitere Kostenlose Bücher