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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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so still, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können. Er faltete seine Hände, als würde er beten. Dann lehnte er sich zu Artie hinüber und sagte leise: »Unsere Schicksale sind miteinander verwoben, mein Gebieter. Nur mit deiner Hilfe und der Hilfe deines Schwertes, Excalibur, kann ich den Schlüssel erlangen, der den unsichtbaren Turm zu zerstören vermag, der sich über diesem Gebäude in Cincinnati, Ohio erhebt.«
    »Du meinst, es gibt hier wirklich einen Turm?«, fragte Artie zaghaft.
    Merlin lehnte sich zurück und sagte: »Schwer zu glauben, aber so ist es.«
    Kay war weniger beeindruckt. »Okay, und warum wurdest du eingesperrt? Bedeutet das nicht, dass du irgendwas verbrochen hast? Und wenn das so ist, warum sollten wir dir helfen?«
    Merlin runzelte die Stirn und sagte: »Gute Frage, Kay. Die kurze Antwort ist, dass ich nicht böse bin und dass ich befreit werden muss, um dir und deinem Bruder zu helfen, diese Welt zu retten – und die Anderswelt ebenso.«
    Kay warf Merlin einen Blick von der Seite zu und sagte: »Mir war nicht klar, dass die Welt gerettet werden muss, Opa. Sicher, sie ist ganz schön durcheinander und so, aber es ist ja jetzt nicht so, als würde sie demnächst in die Luft fliegen, oder?«
    »Nein, so schnell nicht. Doch wenn die Welten getrennt bleiben, hat diese Seite keine Chance, Zugang zu der sauberen Energiequelle der Anderswelt zu bekommen, den sie dringend braucht. Und wenn sie ihn nicht bekommt, ist diese Seite verdammt. Das Problem ist, dass unseren Gegnern diese Seite egal ist. Sie glauben ernsthaft, dass unsere Welten unabhängig voneinander existieren und die Ereignisse einer Welt keinen Einfluss auf die andere haben. Doch sie irren sich. Alles ist miteinander verbunden. Sie werden vielleicht anfangs verschont werden, doch mit der Zeit werden auch sie unter einem erhöhten Meeresspiegel, Hitze, Hungersnöten, Dürre, Überschwemmungen und Krankheiten leiden. Menschen, Fabelwesen und alles, was es dazwischen so gibt, werden sterben und all das Wissen und die Magie werden mit ihnen vergehen. Wir müssen verhindern, dass das passiert.«
    »Und wie können wir das verhindern?«, fragte Artie, der nervös mit seinem Bein wippte.
    »Zunächst einmal, indem wir mich hier rausholen. Zweitens, indem wir die Welten wieder miteinander verbinden und dein Königreich wiedererrichten. Und zu guter Letzt, indem wir diejenigen besiegen, die Artus den Ersten getötet, mich gefangen genommen und die Welten vor mehr als fünfzehnhundert Jahren voneinander getrennt haben.«
    Däumling fügte hinzu: »Wir werden es verhindern, indem wir der Herrschaft der bösen Hexe Lordess Morgaine von Moorland und ihres unehelichen Sohns Mordred ein Ende setzen!«
    Die ländliche Szenerie um sie herum verdunkelte sich und wurde von Weinranken und hängendem Moos überwuchert. »Moorland. Das gibt es auch im Videospiel«, flüsterte Artie. Er wusste, dass in Moorland die wirklich schweren Aufgaben zu bewältigen waren.
    »Das stimmt, aber im Spiel wirst du Morgaine nicht finden«, sagte Merlin. »Sie ist real und eine viel zu große Plage, um in so etwas Einfachem wie einem Videospiel vorzukommen. Sicher weiß sie inzwischen, dass Cleomedes aus dem Stein gezogen wurde. Sie wird versuchen zu verhindern, dass du Excalibur bekommst. Und wenn du das Schwert hast, wird sie wahrscheinlich alles in ihrer Macht Stehende tun, um es dir wieder abzujagen. Sie wird nicht wollen, dass du es benutzt, um mich zu befreien und dir deine Krone zu holen.«
    »Ich muss sagen, Merlin, dass das als Verkaufsgespräch nicht besonders überzeugend war«, befand Kay.
    »Ja, es wird nicht leicht werden, Freunde, doch ich werde bei euch sein und wir wissen, dass ihr es schaffen könnt«, sagte Däumling ermutigend.
    Kay erwiderte: »In Ordnung. Und was passiert, wenn wir Nein sagen?«
    Merlin verlagerte sein Gewicht im Sessel und sagte: »Dann gibt es keine Hoffnung. Ich werde in Gefangenschaft bleiben, und ihr und eure Kinder werdet in einer todgeweihten Welt leben. Zauberei – die wahre Zauberei – wird verschwinden. Die Wissenschaft wird keine Fortschritte mehr machen. Arties Schicksal wird nicht erfüllt werden. Du, Kay, wirst nichts Weiteres über deine Mutter erfahren. Und die ganze Zeit über werdet ihr beide euch fragen, wie das Leben verlaufen wäre, wenn ihr euch anders entschieden hättet.«
    Wieder schwiegen sie. Die Bilder der Anderswelt im Raum verschwanden langsam.
    Merlin und Däumling warteten. Kay

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