Der unsichtbare Turm
Leute?« Artie und Kynder erleichterte das. Man merkte Kay an, dass ihre Fröhlichkeit trotz der Sorgen ungebrochen war.
Nachdem sie fertig gefrühstückt hatten, gingen Artie und Kay mit ihren Schwertern trainieren. Kynder gesellte sich zu Merlin in einem seiner Labore und fragte den Zauberer, ob er ihm ein wenig Zauberei beibringen könne. Merlin dachte kurz nach und sagte sich dann, warum nicht? Nach all den Jahrhunderten wäre es nett, mal wieder einen Schüler zu haben. Also folgte Kynder dem alten Mann für den Rest des Tages, während er zwischen seinen Labors, Gewächshäusern und Zaubertrankkammern hin- und herlief.
Lance kam an diesem Abend zum Essen und Merlin erzählte ihnen mehr über Excalibur.
Neben dem, was Artie bereits wusste, hatte das Schwert noch allen möglichen anderen netten Schnickschnack zu bieten: Genau wie Cleomedes konnte es so ziemlich alles durchschneiden; es konnte nicht nur grelles Licht ausstrahlen, sondern auch einen geschlossenen Raum vollständig verdunkeln; und wenn man es darum bat, konnte es die nächstgelegene Frischwasserquelle finden.
Artie unterbrach ihn an einer Stelle und sagte: »Weißt du, die Herrin vom See hat gesagt, dass Excalibur mir später noch mehr beibringen würde. Ist das wahr?«
»In der Tat, mein Junge, das ist wahr. Excalibur verfügt über einen unermesslichen Fundus an Wissen und wird die Informationen in dem Moment an dich weitergeben, in dem du sie brauchst.«
Artie unterdrückte ein übermütiges Lachen.
»Aber werde nicht zu tollkühn, Artie, denn Excalibur hat auch eine schwierige Seite. Weißt du, es ist sehr machtvoll und keineswegs unauffällig. Excalibur ist wie ein Leuchtturm auf einer kleinen Insel mitten im finsteren Meer. Das Schwert hat Morgaine – die zweifelsohne für die Tornados verantwortlich war – verraten, wo du warst. Und beinahe hätte sie dich ja auch erwischt. Jetzt will sie es dir wegnehmen. Sie will es in ihre Gewalt bringen, damit ich nicht befreit werden kann.«
Artie sah wieder die Gestalt im Tornado vor sich, die nach ihm gegriffen hatte. Er erinnerte sich daran, wie kalt ihm auf einmal geworden war. Der Gedanke, gejagt zu werden, gefiel ihm gar nicht. Er ließ den Kopf hängen und trat ein wenig auf der Stelle.
»Deine Sorge ist berechtigt, Artie«, sagte Merlin. »Morgaines Zorn wächst, während wir hier zusammensitzen. Die Zeit, die wir uns nehmen, um unsere Kräfte zu sammeln, ist reiner Luxus. Je eher wir Excalibur dazu einsetzen können, den Schlüssel zu holen, der mein Gefängnis zerstören wird, desto früher können wir Morgaine die Stirn bieten – und zwar zusammen.«
Kay fragte: »Dieser Schlüssel – wo ist der genau?«
»Du wirst ihnen von Numinae erzählen, nicht wahr, Merlin?«, fragte Lance besorgt.
»Ja. Das muss ich«, seufzte der Zauberer.
Kay konnte sich nicht zurückhalten: »Wer ist Numinae?«
» Was ist Numinae, sollte die Frage eher lauten, liebe Kay. Die kurze Antwort ist, dass Numinae der Ur-Ur-Urenkel von Nimue ist. Nimue war eine von Morgaines Gefolgsleuten und Mitverschwörerinnen. Sie hat mich in dieses Gefängnis gelockt.«
Kynder fragte: »Und was sollen meine Kinder mit diesem Numinae machen?«
»Nimue hat törichterweise den Schlüssel zu diesem Turm behalten und ihn an ihre Nachkommen weitervererbt. Daher besitzt jetzt Numinae den Schlüssel. Und es ist eure Aufgabe, ihn zu finden und euch den Schlüssel zu holen.«
Artie kratzte sich am Kinn. »Okay. Wo bewahrt er ihn auf?«
»In seiner Hand.«
»Er hält ihn in der Hand? Warum können wir ihn dann nicht einfach danach fragen?«, fragte Kay.
»Nein, du hast nicht verstanden. Er ist in seiner Hand. In seiner linken.« Merlin hielt seine linke Hand hoch und drückte seinen rechten Zeigefinger in seine Handfläche.
»Ooh. Du meinst in ihr drin «, sagte Kay.
Merlin nickte langsam und sagte: »Numinae ist mächtig, aber er wird Excaliburs Klinge nicht standhalten können. Du brauchst ihm bloß die Hand abzutrennen, Artie, und mir zu bringen. Danach übernehme ich.«
Artie rollte mit den Augen und meinte trocken: »Ach, wenn’s weiter nichts ist – kein Problem.«
Merlin sagte: »Du hast recht, Artie, es wird nicht leicht werden. Aber du bist der König. Könige müssen oft genau das tun, was weder einfach ist noch gerne gemacht wird. Meistens müssen Könige die beste von allen schlechten Entscheidungen treffen, wenn du mir folgen kannst.«
»Ich bin mir nicht sicher«, erwiderte Artie. Doch er schluckte
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