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Der unsichtbare Turm

Der unsichtbare Turm

Titel: Der unsichtbare Turm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nils Johnson-Shelton
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Was willst du?«
    Pause.
    »Was? Woher weißt du davon? Was meinst du damit?«
    Pause.
    Kynder klang noch entgeisterter, als er fragte: »Warum nicht, in Herrgotts Namen?«
    Kurze Pause.
    »Was meinst du damit, es ist nicht sicher? Das ist Ohio, nicht Afghanistan.«
    Pause.
    »Was? Seit wann interessierst du dich für die Kinder? Seit wann interessierst du dich für irgendjemanden außer dich selbst?«
    Artie fiel ein, dass im Flur ein altes Kabeltelefon stand, dessen Klingel kaputt war. Er verließ sein Zimmer, schlich sich auf Zehenspitzen zu dem Telefon und nahm vorsichtig den Hörer ab. Eine matte Stimme beendete gerade einen Satz mit »… nicht sicher für mich – und für euch auch nicht.«
    Einen Moment lang schwieg Kynder. Dann sagte er mit Nachdruck: »Hör zu. Du bist vollkommen verrückt. Ich leg jetzt auf. Zum letzten Mal, adieu ! Ruf nie wieder hier an!« Und er legte auf. Kynder hatte die Leitung so unvermittelt unterbrochen, dass Artie sicher war, dass sie noch mal anrufen würde. Doch das tat sie nicht.

Kapitel 3
    IN DEM ARTIE EINEN VERRÜCKTEN
ALTEN TÄTOWIERTEN TYPEN TRIFFT
    Artie wusste nicht, was er zu dem Telefonat sagen sollte, also sagte er nichts. Er wollte Kay davon erzählen, konnte sich aber nicht dazu durchringen. Auch Kynder erwähnte es nicht.
    So machten sich die Kingfishers am frühen Donnerstagmorgen auf den Weg nach Cincinnati, als hätte es den Anruf nie gegeben.
    Um ein Uhr hielten sie vor dem Hotel Hilton im Stadtzentrum und checkten ein. Dann ließ Kynder Artie mit der Zimmerservice-Speisekarte alleine im Zimmer zurück, während er Kay zur Turnier-Registrierung brachte. Der Wettkampf sollte am Freitag um zwölf Uhr mittags losgehen.
    Artie bestellte einen Hamburger mit Pommes und eine Cola und schloss die Xbox an den Hotelfernseher an. Er suchte in Kays Tasche nach ihrem Glücksbringer-Controller – einem silbern glänzenden Exemplar, das sie mit Strass beklebt hatte –, konnte ihn aber nicht finden. Sie hatte ihn wohl mitgenommen. Der Zimmerservice brachte das Essen, und Artie lehnte sich entspannt im Sessel zurück, während er aß und dabei durch die Kanäle zappte. Als Kay und Kynder zurückkamen, ging Kay zur Konsole hinüber und sagte: »Danke fürs Anschließen, Kumpel.«
    »Kein Ding, Kay.«
    Sie hob den Standard-Controller auf und betrachtete ihn. »Aber wo ist mein Glücksbringer-Controller?«
    Kynder klaute sich ein paar von Arties Pommes.
    Artie sagte: »Keine Ahnung. Ich dachte, du hättest ihn bei dir.«
    »Nein, er ist in meiner Tasche.«
    »Äh, nein, ist er nicht.«
    »Doch, auf jeden Fall – oh nein !« Kays Augen weiteten sich, während sie ihre Sachen durchwühlte. »Oh Mann, ich kann’s nicht fassen, aber … ich glaube, ich habe meinen Controller zu Hause gelassen!« Sie stand vor dem Fernseher und raufte sich verzweifelt die Haare. »Oh Mann, Kynder, was mache ich denn jetzt?«
    Kynder saß am Fußende eines der Betten. Er stützte die Hände auf die Knie und sagte: »Kay, lass uns versuchen, ruhig zu bleiben. Vielleicht können wir jemanden bitten, ihn uns per Kurier zu schicken. Oder wir können dir einen neuen Controller kaufen und ihn segnen lassen oder so, bevor das Turnier startet.«
    Kay ließ sich neben Kynder auf das Bett plumpsen. »Auf keinen Fall. Mit einem Nullachtfünfzehn-Controller kann ich nicht gewinnen.«
    Artie kam plötzlich eine Idee. »Kay, kennst du Erik? Er hat früher hier gewohnt. Wir könnten ihn anrufen und fragen, ob er einen guten Laden kennt, wo man einen verzierten Controller kaufen kann.«
    »Erik? Iih.« Kay seufzte. Erik saß im Kunstunterricht hinter Kay und sein bevorzugter Zeitvertreib bestand darin, sie mit kleinen Radiergummis zu bewerfen, die er von Bleistiftköpfen entfernt hatte. Mit anderen Worten: Er mochte sie. »Okay, meinetwegen.«
    Kynder stand auf und klatschte in die Hände. »Super. Warum rufst du ihn nicht an, Art?« Er nahm sich noch eine Handvoll von Arties Pommes.
    Artie schnappte sich Kynders Handy und wählte Eriks Nummer. Kynder zeigte auf Arties Hamburger und sagte: »Hör mal, Artie, du solltest das wirklich nicht essen. Weißt du, womit diese Kühe gefüttert werden?«
    Artie wusste es, aber – ganz ehrlich – es war ihm egal. Er war zwölf Jahre alt.
    Erik nahm ab, und Artie führte ein kurzes Gespräch mit ihm am Fenster. Er legte auf und sagte: »Also, Erik hat gesagt, er würde zu uns nach Hause gehen und den Controller holen, wenn du willst …«
    Kay unterbrach ihn.

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