Der unsichtbare Turm
nachließ, war alles im Raum umgestellt.
Artie und Däumling standen auf der einen Seite, von Kay und Bedevere durch eine Glaswand getrennt. Die beiden verwundeten Ritter waren an Betten festgebunden, die in einem Winkel von etwas mehr als fünfundvierzig Grad aufgestellt waren. Sie schliefen beide tief und fest und waren an einen Tropf angeschlossen.
Um Bedeveres nackten Oberkörper war eine riesige Bandage gewickelt, doch seine Haut hatte eine gesunde Farbe. Dafür, dass er einen ganzen Arm verloren hatte, sah er ziemlich gut aus.
Kay trug einen Krankenhauskittel und war bis zur Taille von einem weißen Laken bedeckt. Artie war sich nicht ganz sicher, aber es sah so aus, als wäre ihr Kittel mit kleinen babyblauen Zaubererhüten bedruckt. Sie sah vollkommen friedlich aus, als ob ihr überhaupt nichts passiert sei.
Anscheinend waren sie ins Sankt-Merlin-Krankenhaus transportiert worden.
Am bemerkenswertesten war jedoch der Zauberer selbst. Merlin sah keineswegs wie ein Arzt aus – oder aber genau wie einer, wenn man hohepriesterliche Hexer als Ärzte bezeichnen kann. Er stand mit dem Rücken zu Artie und Däumling und hielt die heilende Schwertscheide immer noch in den Händen. Er glänzte vor Schweiß und ein paar seiner Tattoos schienen sich zu bewegen – als wäre seine Haut eine Leinwand, auf die ein Knäuel sich windender Schlangen projiziert wurde.
Artie holte tief Luft. Noch immer jagte Adrenalin durch seinen Körper und es fiel ihm schwer, nicht an die Scheibe zu schlagen und zu fragen, wie es Kay und seinem Freund ging.
Als ob er seine Gedanken lesen könnte, kletterte Däumling, der wieder auf seine Miniaturgröße geschrumpft war, auf Arties Schulter und sagte: »Sie werden wieder gesund, Bursche. Vor allem Kay. Sie sieht doch blendend aus, nicht wahr?«
»Ja, das tut sie«, sagte Artie aufgewühlt. Dann blickte er Däumling an und sagte: »Es tut mir so leid wegen Vorpal.«
Der kleine Mann lächelte traurig. »Mir auch. Ganz sicher wird der niederträchtige Elf ihn heute zum Abendessen verspeisen.«
»Gott, ich hoffe nicht«, sagte Artie, ein wenig schockiert. Däumling antwortete nicht.
Schließlich trat Artie von der Glasscheibe zurück und sah sich um. Excalibur steckte noch immer zu seinen Füßen im Boden. Artie beugte sich hinunter und zog es heraus. Dann hob er den Stein auf und ließ ihn in eine seiner Taschen gleiten.
Im Raum nebenan standen ein paar Sessel und ein Tisch mit einem Krug Wasser und ein paar Happen zu essen darauf. Ein Feuer knisterte in einem großen gemauerten Kamin. Artie ging mit Däumling, der immer noch auf seiner Schulter saß, hinein und ließ sich kraftlos in einen der Sessel fallen.
Nach einer Weile atmete Artie tief durch und fragte: »Was ist da vorhin passiert, Tom?«
Däumling sprang von Arties Schulter und setzte sich auf die flache Seite von Excaliburs Klinge, die quer auf Arties Schoß lag. »Du hast uns den Allerwertesten gerettet, das ist gerade passiert, Bursche. Und jetzt macht Merlin unsere Kameraden wieder gesund.«
»Ich weiß, aber ich rede von diesem Schweinevieh, von Lavery, den Tigern … Ich habe eben noch einen Drachen am Himmel gesehen – war das vielleicht Tiberius? Ich meine, was zur Heiligen Handgranate geht da vor?«
Däumling seufzte. »Was vorgeht ist, dass du der König von zwei Reichen bist und dazu bestimmt, ein paar seltsame Dinge zu sehen. Es tut mir leid, wenn das gerade etwas viel ist.«
»Ja, mir auch«, sagte Artie schwermütig.
Einen Moment lang saßen sie schweigend da. Als Artie gerade noch mehr Fragen zu dem Eber stellen wollte, glitt Merlin in einem langen Leinenumhang in den Raum.
Artie stand auf und Däumling rutschte auf der Breitseite der Klinge zu Boden. Der Zauberer gab Artie Excaliburs magische Scheide zurück und der junge König schnallte sie sich um.
»Und, wie geht es ihnen?«
Merlin machte ein Gesicht, das nach »so lala« aussah und Arties Herz stockte. »Kay wird es bald wieder gut gehen«, sagte er. »Ihre Wunden sind nur oberflächlich und du hast sie so schnell hergebracht, dass morgen kaum noch etwas von ihnen zu sehen sein wird. Der schwarze Ritter jedoch …«
»Ich habe es nicht geschafft, auch noch nach dem Arm zu greifen. Es tut mir leid, Merlin.«
»Selbst wenn du das hättest, bin ich mir nicht sicher, ob wir ihn wieder hätten annähen können. Das Projektil, das ihn abgetrennt hat, trug schwarze Magie in sich. Dank der Schwertscheide konnte ich den Zauber völlig aus seinem
Weitere Kostenlose Bücher