Der unsterbliche Highlander
Oh, sie könnte sich glücklich schätzen, wenn das alles wäre. Es würde sie quälen, mit ihr spielen, nur um seinen Spaß zu haben, sie auf ein mittelalterliches Schlachtfeld in den Highlands werfen und kalt lächelnd zusehen, wie sie von schnaubenden Schlachtrössern niedergetrampelt wurde. Nach allem, was sie gerade gelesen hatte, lagen solche Gräueltaten durchaus im Bereich des Möglichen. Und wenn es sich treu blieb - dieser Gedanke jagte ihr Schauer über den Rücken -, würde es sie zuerst verführen. Sie zu verführen versuchen, verbesserte sie sich hastig. Darüber dass ihm, laut den Berichten, die sie gelesen hatte, keine sterbliche Frau widerstehen konnte, wollte sie lieber gar nicht erst nachdenken. Dieses anmaßende, großspurige Feenwesen würde nichts von Gabby O'Callaghan bekommen.
Sie rieb sich die Augen und schüttelte den Kopf. Typisch, dachte sie, ich mache nie halbe Sachen. Nicht genug damit, dass sie ihre Fähigkeit einem dieser Feenwesen zu erkennen gegeben hatte; sie musste sich natürlich auch noch die berüchtigtste Kreatur von allen aussuchen.
Es hieß, dass er ein redegewandter Verführer und teuflisch charmant sei, so dass Normalsterbliche nicht einmal merkten, in welcher Gefahr sie schwebten, bis es zu spät war. Es nannte sich Puck, Robin Goodfellow und Wayland Smith und benutzte noch zahlreiche andere Namen.
Gilt sogar in seinem eigenen Volk als gemeiner Schurke ...
Als sie mit der Suche in den Büchern begann, hatte sie Angst, es könnte Tage dauern, bis sie die dicken Bände durchforstet und eine Stelle gefunden hatte, die sich mit der Kreatur befasste, der sie begegnet war. Und sie hatte befürchtet, dass womöglich gar keine Informationen vorhanden sein könnten. Die ersten Bände waren in Gälisch geschrieben, eine Sprache, die Gabby - trotz Grams vergeblichen Versuchen, sie ihr beizubringen - nicht sprechen und nur mit Mühe lesen konnte.
Es war ein Alptraum, die Bücher über die Feenwesen durchzusehen, die in unendlich vielen verschiedenen und oft unleserlichen Handschriften geschrieben waren. Auf jeder Seite waren nachträglich Fußnoten und Randbemerkungen eingefügt, die sie kaum entziffern konnte.
Öfter als einmal hatte sie sich bei ihrer Großmutter beschwert, dass »wirklich mal jemand ein Register und Inhaltsverzeichnis anfertigen und diese verdammten Bücher in eine gewisse Ordnung bringen« müsste. Und jedes Mal hatte Gram gelächelt, sie vielsagend angesehen und gesagt: »Ja, jemand sollte das tun. Was hält dich davon ab?«
Gabby hätte beinahe alles für ihre geliebte Großmutter getan, aber sie weigerte sich entschieden, diese Aufgabe zu übernehmen.
Stattdessen vergrub sie sich in moderne Gesetzesbücher, die weitaus weniger verwirrend und angsteinflößend waren als die uralten Folianten, in denen eine exotische Welt zum Leben erwachte, eine Welt, die sie unter allen Umständen ignorieren musste, wollte sie ihre Existenz nicht gefährden und die Hoffnung auf eine normale Zukunft aufgeben.
Nach stundenlanger vergeblicher Suche entdeckte Gabby ein anderes Buch, das sie ihres Wissens nie zuvor zu Gesicht bekommen hatte: ein schmaleres Bändchen, das ganz hinten im Regal lag, als hätte es jemand unachtsam hinter die anderen Bücher geschoben und vergessen. Neugierig geworden, nahm sie es in die Hand und wischte die dicke Staubschicht vom Einband.
Hochintelligent, todbringend verführerisch ...
Das in weiches, schwarzes Leder gebundene Buch, das sie um ein Haar übersehen hätte, enthielt die Informationen, die sie suchte. Ihre Vorfahren hatten diesem besonderen Thema so viel Bedeutung beigemessen, dass sie sich entschieden hatten, einen gesonderten Band anzulegen.
Anders als die anderen Folianten, die mit einer Art sporadischen Tagebucheinträgen in unterschiedlichen Handschriften gefüllt waren und von verschiedenen Feenwesen berichteten, waren die Berichte in diesem Buch chronologisch geordnet und mit zahlreichen Zeichnungen ausgestattet. Und es trug im Gegensatz zu den anderen, die lediglich mit römischen Ziffern nummeriert waren, einen Titel: Das Buch über Sin Siriche Du.
Frei übersetzt aus dem Gälischen - so viel verstand sie immerhin - hieß das: Das Buch über den finstersten/schwärzesten Elben/Feenmann.
Sie hatte das Wesen, dem sie heute begegnet war, gefunden: Adam Black.
Die frühesten Aufzeichnungen über ihn waren oberflächlich und vage. Gabby fand Beschreibungen seiner unterschiedlichen Gestalten, Warnungen vor seiner
Weitere Kostenlose Bücher