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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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darin zu leben, und deshalb habe ich die Kinder hierher mitgenommen. Sie sind zu schade für das nach uns kommende Leben, und ein gnädiger Gott wird mich verstehen, wenn ich selbst ihnen die Erlösung geben werde.« Daß sie und die Familie zusammen mit dem Führer ihr Leben beenden könnten, sei »eine Gnade des Schicksals«, mit der sie niemals zu rechnen gewagt habe.

    Das Ehepaar Goebbels mit den sechs Kindern, die später im Bunker von
Magda Goebbels getötet wurden, sowie mit ihrem Sohn aus erster Ehe,
Harald Quandt. Quandt überlebte; er befand sich zu dieser Zeit in
Kriegsgefangenschaft.
      In einer kurzen Ergänzung hatte Goebbels hinzugefügt, er und sie alle wollten ein Beispiel geben, an dem sich Deutschland, wenn der furchtbare Krieg erst überstanden sei, wieder aufrichten könne. Er, sein Stiefsohn, solle sich nicht vom »Lärm der Welt« verwirren lassen: »Die Lügen werden eines Tages in sich zusammenbrechen, und über ihnen wieder die Wahrheit triumphieren. Es wird die Stunde sein, da wir über allem stehen, rein und makellos …«
      Am Abend des 1. Mai brachte Magda Goebbels ihre Kinder mit einem Schlaftrunk zu Bett, ließ ihnen womöglich noch eine Morphiumspritze geben und träufelte ihnen anschließend, im Beisein von Dr. Stumpfegger, Blausäure in die aufgehaltenen Münder. Nur die älteste Tochter Helga, die schon in den zurückliegenden Tagen unruhig gefragt hatte, was mit ihnen allen geschehen werde, scheint sich gewehrt zu haben, jedenfalls deuten die Prellungen, die der Körper des zwölf Jahre alten Mädchens aufwies, darauf hin, daß ihm das Gift nicht ohne Anwendung von Gewalt eingeflößt worden war. Grau im Gesicht und mit den Worten »Es ist vollbracht!« kam Magda Goebbels in den Tiefbunker, wo ihr Mann sie erwartete, ging mit ihm in seinen Wohnraum und legte weinend eine Patience.
    Später fanden sich auch Bormann und Artur Axmann ein, und
    Magda Goebbels forderte sie zum Bleiben auf: »Wir wollen noch einmal so zusammensitzen«, sagte sie, »wie es in der Kampfzeit üblich war.« Eine Zeitlang saßen sie um den Tisch und tauschten Erinnerungen an die Jahre aus, als sie es noch mit schwachen Gegnern und großen Hoffnungen zu tun gehabt hatten. Dann und wann wurden die Erzählungen durch einen Bunkerbewohner unterbrochen, der zum Abschied vorbeikam. Seinem Adjutanten, dem SS-Hauptsturmführer Günter Schwägermann, hatte Goebbels schon zuvor das Versprechen abgenommen, für die Verbrennung ihrer Leichen zu sorgen.
    Gegen halb neun Uhr erhob er sich unvermittelt und ging zur
    Garderobe hinüber. Er setzte seine Mütze auf, zog die Handschuhe an und begab sich schweigend, zusammen mit seiner Frau, vorbei an ein paar Herumstehenden, zum Bunkeraufgang. Magda Goebbels hatte Hitlers Goldenes Parteiabzeichen angelegt, das ihr drei Tage zuvor von diesem überreicht worden war. Nur einmal, schon am Fuß der Treppe, sagte Goebbels noch ein paar Worte zu dem Telefonisten Rochus Misch, der sich dort eingefunden hatte: Er brauche ihn jetzt nicht mehr. Halb schon im Abgehen fügte er hinzu: »Les jeux sont faits.«
    Oben, am Ausgang angekommen, verhielt das Paar einen
    unmerklichen Augenblick und trat dann im Feuerschein der ringsum lodernden Brände ins Freie. Als Schwägermann vom Treppenhaus her einen Schuß zu hören glaubte, gab er den bereitstehenden SS-Männern ein Zeichen, und gemeinsam trugen sie mehrere Benzinkanister die Stufen hinauf. Da Goebbels verlangt hatte, vor der Verbrennung sicherzustellen, daß er und seine Frau tatsächlich tot seien, ließ Schwägermann einen Wachposten kommen, der ein oder zwei Schüsse gegen die dicht am Ausgang liegenden Leichen richtete. Dann kamen einige Ordonnanzen hinzu, übergössen die Toten mit Benzin und steckten sie in Brand. Eine fauchende Feuerwolke hüllte gleich darauf die Körper ein, erlosch aber auch diesmal wieder nach wenigen Minuten. Doch war inzwischen jedermann mit seinem Entkommen beschäftigt, und niemand kümmerte sich mehr um die halbverkohlten Überreste im Garten der Reichskanzlei.

      Nachdem sie ein paar Dinge geordnet, die wichtigsten Akten verbrannt und sich mit dem Nötigsten versorgt hatten, versammelten sich die Zurückgebliebenen im Vorbunker. Um die Räume, die während der vergangenen Monate nicht nur die Befehlszentrale des Reiches, sondern auch Hitlers private Behausung gewesen waren, dem Feind nicht unversehrt in die Hände fallen zu lassen, gab Mohnke den Befehl, den Führerbunker in Brand zu setzen.

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