Der Untergang
eines ihm von Hitler abverlangten Versprechens, in der Weddinger Brauerei Selbstmord.
Eine größere Gruppe, zu der Mohnke mitsamt seinem Stab sowie Günsche, Baur, Linge, Rattenhuber, Voß und andere gehörten, geriet im Lauf des folgenden Tages in sowjetische Gefangenschaft, wieder anderen wie Axmann, Schwägermann oder den Sekretärinnen des Bunkers gelang es, sich nach Westen durchzuschlagen. Als die Russen die Reichskanzlei besetzten, stießen sie im Tiefbunker auf die Generale Burgdorf und Krebs, die, eine Vielzahl halbgeleerter Flaschen vor sich, tot am Kartentisch saßen. Martin Bormann galt lange als verschollen. Doch schon bald nach dem Krieg gingen Hinweise um, daß er zusammen mit dem SS-Arzt Dr. Stumpfegger in der Nähe des Lehrter Bahnhofs Selbstmord begangen habe. Zu Beginn der siebziger Jahre bestätigte ein Skelettfund die Aussage. Später wurden die inzwischen eingeäscherten Überreste über der Ostsee verstreut.
Trotz der »Aufforderung« Weidlings, den Widerstand einzustellen, gingen an einigen Punkten der Stadt die Kämpfe während des ganzen 2. Mai weiter und endeten auch am darauffolgenden Tag noch nicht. Aber die Brände hörten auf oder erstickten in den schwarzen Rauchschwaden, die überall aus den Trümmern aufstiegen. Einen Teil der Offiziere hatte die Nachricht von der Kapitulation aufgrund der zusammengebrochenen Leitungen nicht erreicht, andere beriefen sich auf die letztergangene Anweisung, ihre Stellung um jeden Preis zu halten, und verwiesen darauf, daß Aufrufe oder bloßes Hörensagen nichts bedeuteten; als Soldaten brauchten sie Befehle.
Einige verlorene, im ganzen immerhin nach ein paar Tausenden zählende Haufen betrachteten alle Verhandlungen als »Verrat« und waren zum Weiterkämpfen entschlossen. Noch am
2. Mai sprengte eine dieser Einheiten den Tunnel unter dem Landwehrkanal, in den sich ungezählte Verwundete und
schutzsuchende Zivilisten geflüchtet hatten. Doch die große Katastrophe blieb aus, weil die Wassermassen sich rasch verliefen: Selbst die Natur sei des ewigen Mordens müde, sagten die Leute.
Am 1. Mai 1945, während an vereinzelten Punkten der Stadt noch gekämpft wird, spricht der Dichter Jewgeni Dolmatowski vor dem Brandenburger Tor
zu einer Gruppe sowjetischer Soldaten.
Anderswo fuhr ein Kampfverband in den unterirdischen Schächten leichte Geschütze auf und feuerte alles, was an Munition verblieben war, gegen die anstürmenden Sowjettruppen. Eine Gruppe von SS-Leuten verlangte in der Kantine ihrer Unterkunft die Ausgabe sämtlicher Alkoholvorräte und lief dann betrunken, wie es in einem Bericht heißt, »unter die Ketten der Panzer«. Gespenstischerweise waren eines Morgens, kurz vor der Einnahme des Regierungsviertels durch die Sowjettruppen, alle Gebäude und Mauerreste im Umkreis der Reichskanzlei mit Hakenkreuzfahnen behängt. Der erste Verdacht richtete sich gegen eine geheime, womöglich kommunistische Widerstandsgruppe, die den Eroberern das Ziel allen Kämpfens kenntlich machen wollte. Aber bald stellte sich heraus, daß der zuständige Abschnittskommandant, der siebenundzwanzig Jahre alte, hochdekorierte Oberst Erich Bärenfänger, ein Lager mit Fahnen entdeckt und beschlossen hatte, sie dem Gegner als eine Geste der Todesbereitschaft entgegenzuhalten. »Wir haben in guten Zeiten unter dieser Flagge gekämpft«, erklärte der junge Offizier, der noch an einem der letzten Apriltage von Hitler zum Generalmajor befördert worden war, und er wisse nicht, warum er sich »schämen sollte, sie jetzt, wo es uns dreckig geht, zu zeigen«. Wenige Tage später setzte Bärenfänger, um der Schande der Gefangennahme zu entgehen, zusammen mit seiner Frau seinem Leben ein Ende.
Eine Minderheit zumeist versprengter oder aufgeriebener SSEinheiten schloß sich zuletzt zu einer Kampfgruppe zusammen und versuchte den Durchbruch durch die russischen Linien. Zu den verbissensten Verteidigern der Stadt zählten die Reste der französischen SS-Division »Charlemagne«, die vor allem im Bereich des Luftfahrtministeriums erbarmungslosen Widerstand leisteten. Aber auch niederländische und skandinavische SSVerbände sowie ein inzwischen kaum hundert Mann starkes lettisches Korps setzten sich schon deshalb bis nahe an die Selbstvernichtung zur Wehr, weil sie nie Gefangene gemacht hatten und jetzt nichts anderes als ihr eigenes Schicksal erwarteten.
Die Masse mied die Gegenden, in denen noch gekämpft wurde. Aber auch sonstwo wagte sich
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