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Der Untergang

Der Untergang

Titel: Der Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim C. Fest , Bernd Eichinger
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General Burgdorf in den Raum und fragte zornbebend, ob Fritzsche tatsächlich die Absicht habe, den Russen die Stadt zu übergeben. Als Fritzsche bejahte, schrie Burgdorf, dann müsse er ihn erschießen, da der Führerbefehl, der jede Kapitulation verbiete, noch immer gültig und Fritzsche überdies als Zivilist ohne jede Verhandlungsbefugnis sei. Mit unsicherer Hand hob er seine Pistole, doch der Rundfunktechniker, der ihn zu Fritzsche geführt und in der Tür gewartet hatte, schlug dem General im letzten Augenblick die Waffe aus der Hand, so daß der Schuß in die Zimmerdecke ging. Wenig später wurde Burgdorf von einigen herbeigeeilten Mitarbeitern des Ministeriums überwältigt und in den Bunker unter der Reichskanzlei zurückgebracht.

    Während in der Stadt noch gekämpft wird, regelt eine Rotarmistin am 1. Mai
    1945 den Verkehr in den Straßen Berlins.

    Unmittelbar darauf schickte Fritzsche zwei seiner Beamten über die Linien auf die sowjetische Seite hinüber und folgte kurz danach selber. Weniges macht die verworrene Lage in der Stadt, in der die Kämpfe zumindest stellenweise mit unverminderter Heftigkeit weitergingen, deutlicher als die Vereinbarung, die er binnen kurzer Zeit mit dem sowjetischen Oberkommando traf. Danach sollte er im Namen, wenn auch ohne jede Ermächtigung der deutschen Regierung über den Rundfunk bekanntgeben, daß die sowjetische Seite die Kapitulation angenommen habe. Darüber hinaus werde er den »Befehl« erteilen, die Kämpfe einzustellen und die Truppen samt Waffen und Ausrüstung in Gefangenschaft zu übergeben.
      Inzwischen hatte sich jedoch auch der Stadtkommandant von Berlin, General Weidling, entschlossen, das längst sinnlos gewordene Blutvergießen zu beenden. Um keinen Widerspruch herauszufordern, hatte er im Bunker nur wenige Personen seines Vertrauens von seiner Absicht unterrichtet. Die Auffassung von Goebbels war ihm ohnehin bekannt, und General Krebs war beim Abschied mit der Bemerkung zu ihm hingetreten: »Es gibt nur verzweifelte Männer, keine verzweifelten Lagen.«
      Am Abend des 1. Mai forderte Weidling seine Truppen auf, die Kampfhandlungen zu beenden. Einige Minuten nach Mitternacht ließ er fünfmal hintereinander einen offenen Funkspruch über die gegnerischen Linien senden: »Hier LVI. deutsches Panzerkorps! Hier LVI. deutsches Panzerkorps! Wir bitten, das Feuer einzustellen! Um 2.50 Berliner Zeit entsenden wir Parlamentäre auf die Potsdamer Brücke. Erkennungszeichen weiße Flagge vor rotem Licht. Wir bitten um Antwort! Wir warten!«
      Kurz darauf meldete sich die andere Seite: »Verstanden! Verstanden! Übermitteln Ihre Bitte an Chef des Stabes!« Wiederum wenig später ließ Tschuikow sein Einverständnis funken, und zur angegebenen Zeit traf Weidling in Begleitung dreier Stabsoffiziere am Schulenburgring ein. Als Tschuikow fragte, wo sich Krebs befinde und ob er unterrichtet sei, wußte Weidling nichts Näheres zu erwidern. Auf die weitere Frage, ob sein Befehl zur Feuereinstellung allen Einheiten bekannt sei, entgegnete Weidling, daß er zu einzelnen, zumal kleineren Verbänden keine Verbindung habe und die SS-Einheiten nicht seiner Kommandogewalt unterstünden. Vermutlich, fügte er hinzu, würden mancherorts die Kämpfe schon deshalb fortgesetzt, weil Goebbels angeordnet habe, den Tod des Führers aus Gründen der Kampfmoral vorläufig geheimzuhalten. Dann bat ihn Tschuikow, einen Kapitulationsbefehl zu verfassen, doch lehnte Weidling ab. Aus der Gefangenschaft, erklärte er, könne er keine Befehle erteilen. Als der Streit sich hinzog, erlitt er einen Nervenzusammenbruch. Kaum war der General wieder zu sich gekommen, einigte man sich auf einen Aufruf, der mit Lautsprechern an sämtlichen noch umkämpften Plätzen verkündet werden sollte. Weidling schrieb:
      »Berlin, den 2. Mai 1945. Am 30. April 1945 hat der Führer Selbstmord begangen und damit alle, die ihm Treue geschworen hatten, im Stich gelassen. Getreu dem Befehl des Führers ward ihr, deutsche Soldaten, bereit, den Kampf um Berlin fortzusetzen, obwohl eure Munition zur Neige ging und die Gesamtlage den weiteren Widerstand sinnlos machte. Ich ordne die sofortige Einstellung jeglichen Widerstandes an. Jede Stunde, die ihr weiterkämpft, verlängert die entsetzlichen Leiden der Zivilbevölkerung Berlins und unserer Verwundeten. Im Einvernehmen mit dem Oberkommando der sowjetischen Truppen fordere ich euch auf, sofort den Kampf einzustellen. Weidling, ehemaliger Befehlshaber des

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