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Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition)

Titel: Der Untergang der Götter - Die Rückkehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Ritter
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Entkommen. Der Hass, der in ihm pulsierte, ließ ihn allen körperlichen Schmerz vergessen und immer weiter klettern. Verharren bedeutete an diesem Ort den sicheren Tod, das wusste er nur allzu gut, denn es war die erste Lektion gewesen, die er gelernt hatte.
    Sein Ziel lag noch weit entfernt, und doch hatte er nun wenigstens ein Ziel, das ihm die Aussicht auf ein Entkommen bot. Dieses Ziel war seine einzige Chance in dieser Welt der Verzweiflung. Kurz dachte er an jenen zurück, der ihm dieses Ziel, diesen Weg gegeben hatte; unendlich viel hatte er ihm zu verdanken, auch wenn er nicht wusste, ob er es jemals schaffen würde, von hier zu entkommen. Dennoch durchflutete für einen kurzen Moment Dankbarkeit seinen Geist, bevor er sich wieder der tödlichen Realität stellen musste.
    Als er oben angelangt war, blieb er stehen und ein Schrei bahnte sich den Weg aus seiner Brust, wie er ihn nie zuvor von sich gegeben hatte. Der Schrei durchzog die Welt, in der er gefangen war, wie eine Sturmwoge, die den Untergang aller Dinge ankündigte. Für einen Moment schien alles zu verharren, dann ging der endlose und sinnlose Kampf ums Überleben weiter, als hätte es seinen Schrei nie gegeben. Die Wesen, die hier existierten, kümmerte sein Schreien nicht; sie kümmerte nur, wie sie selber überleben konnten.
     
    Schmerzhaft durchzuckte den Fremden die Erinnerung, als er die Augen wieder öffnete. Es dauerte eine Weile, bis sein pochendes Herz sich wieder beruhigt hatte; hier war er vorerst in Sicherheit, wieder unter Menschen und nicht länger in seinem furchtbaren Gefängnis, das ihn unvorstellbaren Schmerz hatte erfahren lassen.
    Er stand auf und trat zum Fenster. Seine Sinne nahmen die Geräusche von draußen auf und Bilder formten sich vor seinem inneren Auge; Bilder von Menschen, die noch zu dieser späten Stunde durch die Gassen eilten und irgendwelchen dunklen Geschäften nachgingen. Aber daneben waren auch die Geräusche außerhalb Borams zu hören. Und diese Geräusche waren wie ein Mantel, der sich über die Stadt legte und Furcht in die Menschen sickern ließ. Er wusste, was dort draußen lauerte, und auch die Menschen wussten es, oder zumindest ahnten sie es. Doch sie brachten Thuraan Opfer, wofür er im Gegenzug die Stadt beschützte.
    Er lachte lautlos. Welch ein Schutz war das, wenn dafür Menschen geopfert werden mussten! Aber so war es überall und schon seit Äonen dauerte dieser Zustand an. Besser machte das es jedoch nicht, aber die Götter besaßen die Macht und nutzten diese erbarmungslos zu ihren Gunsten aus.
    Er fragte sich, ob sie nicht auch die Macht besaßen, die Welt zu verändern, sie zu befrieden und einen Ort des Glücks zu schaffen – ohne die Dunklen und ihren Schrecken. Aber daran hatten sie kein Interesse, wozu auch? Alles geruhte ihnen zum Vorteil. Wirklich alles. Dort, wo sie herkamen, war die Welt eine völlig andere, daher genossen sie ihre Macht hier so sehr und die Menschen waren nicht stark genug, sich ihnen zu widersetzen.
    Er wandte sich vom Fenster ab und legte sich auf die Pritsche, die unter ihm leise quietschte. Quälend langsam verging die Nacht, denn er schloss die Augen nicht, um den düsteren Erinnerungen zu entgehen, die sonst unweigerlich seit seiner Flucht kamen und ihn mit Bildern quälten, die nur aus Tod und Vernichtung bestanden.
    Stattdessen dachte er an den morgigen Tag. Er war gespannt zu sehen was passierte, wenn er dort auftauchte. Ein zartes Lächeln überzog sein Gesicht, denn wieder erschienen Erinnerungen, dieses Mal jedoch waren sie nicht durchwoben von Schmerz und Schrecken, sondern erzählten von jemandem, den er einst seinen Freund genannt hatte. Einst, in einer lange vergessenen Zeit, in der es tatsächlich so etwas wie Hoffnung gegeben hatte.
    Zusammen hatten sie gegen die Neuen Götter gekämpft, hatten Pläne geschmiedet und Verbündete gesucht. Sie waren im Besitz einer Waffe gewesen, die ihnen eine Chance geboten hatte, wirklich zu siegen. Es war ein Geschenk gewesen, geschuldet dem Großmut der Alten Götter, die sie zu ihrem Werkzeug im Krieg gegen die Neuen Götter gemacht hatten.
    Doch zusammen hatten sie ihren Kampf verloren, denn bevor sie ihre Waffe hatten nutzen können, waren die Götter über ihnen gewesen und hatten ihren Aufstand niedergeschlagen. Es war Verrat im Spiel gewesen, bitterer, trauriger Verrat, der ihn gelehrt hatte, niemandem vertrauen zu können. Die Wut der Götter war grenzenlos gewesen, genau wie ihre Macht. Statt Gnade

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