Der Untergang der Götter - Die Verbotenen Wege (German Edition)
betrachtete die Runen auf seinem Körper und ballte die Fäuste. »Dann unterrichte mich, damit ich das Beryllyion nutzen kann – wenn ich denn jemals den Pardraach verlassen sollte.«
Der Alte blickte auf und betrachtete Eneas lange Zeit schweigend.
»Ich werde dafür sorgen, dass du dieses Mal bereit bist. Das schwöre ich dir! Und nun«, er schaute Eneas ernst an, »lass dir von dem Geheimnis der Runen erzählen. Der Schmerz, den du ertragen musstet, war es wert, das wirst du schon bald erkennen.«
Eneas starrte in den Nebel und löste sich von seinen Erinnerungen. Es war kalt, doch er spürte es nicht. Sein Körper hatte Schlimmeres erlebt und die Runen, die ihn bedeckten, schützten ihn sogar vor der Kälte. Er musste oft an den Alten zurückdenken, den er im Pardraach getroffen und der ihn alles gelehrt hatte, was er jetzt wusste und konnte. Noch immer aber wusste er so gut wie nichts über ihn, nicht einmal, ob er jetzt noch lebte.
Er hatte ihm bei seiner Flucht nicht folgen wollen, hatte bei Eneas' Vorschlag nur gelächelt, als hätte es ihn erheitert. Also war er schließlich allein aufgebrochen, gewappnet mit Ratschlägen und den Runen, die ihm ein ungeheures Gefühl der Macht gegeben hatten. Ohne sie, davon war er überzeugt, hätte er nie entkommen können. Nicht aus dem Pardraach. Nicht er.
Doch es war alles so gekommen, wie der Alte es vorhergesagt hatte: er hatte fliehen können, hatte das Beryllyion gefunden und damit Thuraan letztlich besiegt.
Aber es fühlte sich nicht richtig an. Das Beryllyion war verloren, zusammen mit Linan, der Tochter Czenons. So viele Menschen hatten ihr Leben verloren durch ihn und das, was er hatte tun müssen. Darauf hatte ihn der alte Mann nicht vorbereitet, nie hatte er davon gesprochen, was die Folge seines Tuns sein würde.
Er lachte unhörbar auf. Es spielte alles keine Rolle; er würde weitermachen und seine Aufgabe erfüllen. Aber dazu brauchte er das Beryllyion. Und dazu musste er in die Verbotenen Wege, die kresh kallaan . Er musste Linan suchen. Vermutlich würde sie längst tot sein, aber das Beryllyion musste noch bei ihr sein. Wenn nicht – dann würde alles verloren sein. Immerhin bestand auch die Gefahr, dass die Serapen selber es gefunden hatten, denn auch sie waren in der Lage, die kresh kallaan zu betreten.
Er drehte sich um und betrachtete die Gruppe seiner Begleiter, die er undeutlich in der Dunkelheit ausmachte. Sie hatten Halt gemacht um hier zu schlafen und er spürte ihre Schwäche und Angst. Doch das war es nicht, was ihn beunruhigte. Er fühlte, dass etwas vor ihnen war; etwas, das er nicht kannte, dessen Gefährlichkeit er aber instinktiv fühlte.
Und dieses Gefühl wurde stärker, immer stärker. Hatten die Serapen vielleicht etwas unternommen, von dem er noch nichts wusste? Er wandte sich von der Gruppe ab und starrte nach vorne, wo sich die Straße in der Dunkelheit verlor. Was auch immer dort vor ihnen wartete – er würde sich nicht aufhalten lassen.
Der Alte hatte ihn gelehrt, die Verbotenen Wege zu finden. Der Zugang in Boram war durch den Untergang des Serapis zerstört, daher musste er an anderer Stelle suchen. Und dieser Stelle kam er immer näher.
Aber es würde auch bedeuten, sich von den anderen, von Mela, trennen zu müssen. Denn dorthin konnten sie ihm nicht folgen, und er wollte es auch nicht. Die Wächter würden dafür Sorge tragen, dass Mela sicher nach Ternam kam, mehr konnte er nicht für sie tun. Sie würde dort eine Chance erhalten, ein neues Leben zu beginnen. Und schon bald würde sie ihn vergessen haben.
Er seufzte leise. Alles war komplizierter, als er sich das ausgemalt hatte. Viel komplizierter.
***
Orcard schritt an der Seite Eneas' auf der Straße, die sie nach Ternam führte. Sie waren inzwischen einige Tage unterwegs und es hatte keine weiteren Angriffe der Dunklen gegeben, genau wie Eneas es vorausgesagt hatte.
Er warf ihm einen unauffälligen Blick zu. Schlau wurde er noch immer nicht aus ihm, aber anders als Hendran glaubte er nicht mehr daran, dass Eneas eine direkte Gefahr für sie war. Zumindest für den Augenblick waren sie so etwas wie Verbündete.
Über diesen Gedanken musste er innerlich lachen: er lief an der Seite von jemandem, der den Serapis in Boram zerstört hatte, der offenbar sogar ihren Gott vernichtet und den Tod vieler tausender Menschen zu verantworten hatte – und diesen Mann bezeichnete er jetzt als Verbündeten! Aber die Welt, die er gekannt hatte,
Weitere Kostenlose Bücher