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Der Untergang der Hölle (German Edition)

Der Untergang der Hölle (German Edition)

Titel: Der Untergang der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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Mauern zerfallen waren. Gelegentlich stieß sie auf einzelne Räume, die so gewaltige Ausmaße besaßen, dass die gegenüberliegenden Wände außer Sichtweite lagen, im Nebel der Ferne. Räume, die für sich genommen einer kleinen Stadt glichen.
    Auf der 83. Ebene fand Vee ein Gebäude, in dem sie noch nie gewesen war und das anscheinend an der äußersten Stadtgrenze lag. Sie betrat es durch einen röhrenförmigen Korridor aus schwarzem Metall, der von Neonlampen angestrahlt wurde und schließlich einer großen, runden Kammer Platz machte. Doch es war nicht bloß eine Kammer. Vee stand auf einer kreisförmigen Gitterplattform, lehnte sich über das Geländer und starrte nach unten. Ein runder Schacht bohrte sich senkrecht hinab, ein Brunnen der Dunkelheit. Sie legte den Kopf in den Nacken, um nach oben zu schauen, und sah dort dasselbe.
    Ihr wurde klar, dass sie sich in der Mitte eines großen, kreisförmigen Bauwerks aufhielt, quasi in seinem ausgehöhlten Kern. Eine Wendeltreppe aus Metall zog sich an den Innenwänden entlang. Doch nicht die Treppe fesselte Vees Aufmerksamkeit, sondern die Wände selbst. Offenbar steckte sie in einer lückenlosen Röhre aus dickem Glas. Und was befand sich hinter der Scheibe?
    Sie trat vor einen Teil der gebogenen Innenwand und runzelte verwirrt die Stirn. Wasser oder eine andere Flüssigkeit schien zwischen Außen- und Innenwand dieses zylindrischen Turms eingeschlossen zu sein. Die am Gerüst der Wendeltreppe verteilten Lampen schleuderten grelle Reflexionen gegen das Glas. Vee schirmte ihre Augen mit den Händen ab und lehnte die Stirn gegen die kühle Oberfläche, um ins trübe Innere zu spähen.
    Es schien sich um ein gewaltiges Aquarium voller schwereloser Organismen zu handeln, die träge darin herumschwammen. Tausende und Abertausende von Lebensformen. Doch als ihr dämmerte, was ihre Augen da erblickten, keuchte sie. Nun kam ihr der Turm nicht länger wie ein Aquarium, sondern vielmehr wie ein gigantisches Reagenzglas vor.
    Die Ansammlungen schwebender Organismen bestanden aus menschlichen Embryos und Föten in allen möglichen Entwicklungsstufen, von kaulquappenartigen Formen bis hin zu fertig entwickelten Säuglingen. Sie hingen nicht an Nabelschnüren, sondern trieben frei in der grünlichen Nährflüssigkeit herum.
    »Oh Gott«, hauchte sie. Sie wollte sich abwenden, konnte es aber nicht. »Herrgott, Jay, was ist das? Bitte sag mir, dass es Dämonen sind, die hier ausgebrütet werden, menschenartige Dämonen …«
    »Nein«, antwortete er. Durch die Riemen ihres Beutels gesteckt, starrte er ebenfalls in das gewaltige Becken. »Es sind die ungeborenen Kinder der Verdammten. Der Schöpfer hatte Mitleid mit ihnen, da sie nie getauft wurden, als Kinder von Sündern oder Heiden aber auch nicht ins Paradies gelangen konnten. Daher hat man sie in diese Limbustürme gesperrt, die überall im Hades verteilt sind. Man hielt es angesichts der brutalen Strafen und Gefahren, denen sie im Hades ausgesetzt waren, für unfair, dass die schwangeren verdammten Frauen sie bis in alle Ewigkeit austrugen – unfair für die Kinder, nicht für die Mütter.«
    »Nein … Du machst Witze. Nein, Jay, das ist zu schrecklich … Das ist einfach zu schrecklich!«
    »Ich verstehe, dass Sie sich Sorgen um diese armen Kreaturen machen, aber bevor Sie jetzt darüber nachdenken, noch eine Granate zu benutzen, um sie zu befreien, Madam, sollten Sie ihre Situation in Betracht ziehen. Diese Kreaturen werden niemals älter, als sie es im Moment sind, werden niemals erwachsen sein. Wohin sollten sie denn gehen? Sollen sie auf den Boden plumpsen und dort herumzappeln wie erstickende Fische? Hier treiben sie in absoluter Unwissenheit und Unschuld der Ewigkeit entgegen. Könnte ein menschliches Wesen der Seligkeit jemals näher kommen? Es ist eine dauerhafte Gebärmutter, die sie nie verlassen müssen. Ich nehme an, es ist so ähnlich wie der Aufenthalt im Netz; mit dem Unterschied, dass sie nichts träumen. Sie haben großes Glück.«
    »Glück?«
    »Ich versuche nicht, ihren Zustand zu rechtfertigen … nur, Sie in Ihrer Beklemmung zu beruhigen.«
    »Mich beruhigen? Mich beruhigen?« Vee schluchzte diese Worte und bemerkte, dass Tränen in ihre Augen schossen. Sie schlug mit schwachen, hilflosen Fausthieben gegen das Glas. »Scheiße, Jay! Zum Teufel damit! Zum Teufel mit diesem ganzen Mist! Was für ein krankes Monster würde so etwas erschaffen und sich immer noch für den Vater der Menschheit

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