Der Untergang der islamischen Welt
Finden Sie nicht, dass Sie dem Ruf Dänemarks mit der Veröffentlichung der Karikaturen weltweit geschadet haben?
Vielleicht hatte die Welt einfach ein falsches Bild von Dänemark, auch wir Dänen hatten früher unsere Zeigefinger auf Frankreich und Deutschland gerichtet und ihre Einwanderungspolitik kritisiert. Nun wurde auch uns klar, dass auch wir diesbezüglich unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben. Die Karikaturen haben gezeigt, dass wir keine vorbildliche Gesellschaft sind, wie wir uns gerne sehen wollen, und dass vor uns eine Menge Arbeit in Sachen Migration und Integration liegt.
Wie ist das Zusammenleben zwischen Dänen und muslimischen Einwanderern in Dänemark nach den Karikaturen?
Im Gegensatz zu Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden hat Dänemark keine koloniale Geschichte, und so ist die Erfahrung mit Emigranten den meisten Dänen neu. Auch viele Muslime, die hier leben, sind nicht wie in anderen Staaten als Gastarbeiter, sondern als Flüchtlinge gekommen und haben massive Schwierigkeiten, sich im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Abgesehen von den vorher erwähnten Imamen, reagierten die meisten Muslime Dänemarks relativ besonnen auf die Karikaturen. Aber die Spannung ist da, und die Lücke zwischen den autochthonen Dänen und den Migranten ist nun deutlicher geworden, und ich hoffe, dass die Karikaturen ein Anlass dafür waren, dass nun ein offener Dialog stattfindet, der darauf abzielt, diese Probleme zu lösen.
Haben Sie manchmal Angst?
Nein, habe ich nicht. Und der Beweis dafür ist, dass ich nicht unter Polizeischutz stehe, wie viele mir raten. Aber meine Frau hat Angst, und das verstehe ich.
Herr Rose, waren Sie jemals in einem arabischen Land?
Ja, einmal war ich in einer Blogger-Konferenz in Qatar. Es war eine sehr interessante Erfahrung.
Sollten Sie eine Einladung bekommen, in Kairo eine Rede zu halten, um Ihre Sicht der Dinge darzulegen, würden Sie sie annehmen?
Jederzeit gern.
Es war für mich schwer vorstellbar, dass dieser schüchterne und sachliche Däne mit dem Dauerlächeln vier Jahre zuvor beinahe den Ausbruch des dritten Weltkriegs provoziert hätte. Mir gefielen die Karikaturen nicht, seine Argumente dafür so sehr, dass ich das Interview in Ägypten veröffentlichen wollte. Jetzt verstand ich, was Voltaire über die französische Krankheit Intoleranz sagte. Meine Haltung zu Flemming Rose war von Voltaire inspiriert: Ich mag deine Karikaturen nicht, aber ich würde mein Leben dafür geben, dass du veröffentlichen darfst, was du willst. Ich schickte den Text der liberalen ägyptischen Zeitung »El-Youm El-Sabei«, wo ich eine regelmäßige Kolumne habe, und sorgte dadurch für einen Konflikt in der Redaktion. Obwohl die Zeitung sich Freiheit von der Zensur auf die Fahne schrieb, war der Inhalt des Interviews für sie nicht tragbar. »Dieser Mann klingt so vernünftig«, sagte mir der Kulturredakteur der ägyptischen Zeitung, der eher einen hasserfüllten dänischen Journalisten erwartet hatte. Er hatte Angst, dass diese Art des Dialogs bei den Ägyptern nicht gut ankommen würde. Doch mich wollte er als Kolumnisten nicht verlieren, denn ich hatte, als ich aufgefordert wurde, für die Zeitung zu schreiben, darauf bestanden, dass meine Texte nicht zensiert werden. Wir schlossen einen Kompromiss, nämlich dass das Interview nach Ablauf des Fastenmonats Ramadan auf der Webseite der Zeitung erscheint, um die Gefühle der Gläubigen nicht zu verletzen. Ich willigte ein, immerhin wird die Seite drei Millionen Mal am Tag aufgerufen. Als das Interview endlich auf der Hauptseite des Portals stand, war es eine Stunde lang zu lesen, danach verschwand es wieder. Die ersten Kommentare zeigten, wie explosiv die Stimmung unter den Lesern war. In einem an Rose gerichteten Kommentar stand: »Denk zweimal nach, bevor du nach Ägypten kommst, denn sollte ich dich hier erblicken, werde ich deine Leber mit meinen Zähnen fressen!«
Als ich mich bei dem Kulturredakteur über das Verschwinden des Interviews beschwerte, behauptete er, es handele sich um einen technischen Fehler. Einen Tag später verlegte er es auf eine versteckte Seite, bevor es endgültig verschwand. Am Ende blieb ihm nur eine Entschuldigung übrig: »Es tut mir leid, es liegt nicht in meiner Hand.«
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Keine Revolution, nirgends
oder: Das muslimische Gottesbild
und die Herrschaftstreue
D ie englische, die französische und die russische Revolution waren erfolgreich, weil sie die
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