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Der Untergang der islamischen Welt

Der Untergang der islamischen Welt

Titel: Der Untergang der islamischen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hamed Abdel-Samad
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dieser Logik müssen Sie ja auch gegen die juristische Verfolgung von Menschen sein, die den Holocaust leugnen?
    Ja, ganz genau. Ich habe das sogar in Israel gesagt und habe dadurch keine Freunde gewinnen können. Aber ich glaube, wir brauchen keine Gesetze gegen Gesinnungen oder Lesarten der Geschichte. Aber wenn ein Holocaust-Leugner einen Holocaust-Überlebenden als Lügner bezeichnet, dann gilt das als Diffamierung, die strafrechtlich verfolgt werden kann. Und nur nebenbei: Ich bin nicht Jude, wie einige aufgrund meines Namens vermuten.

    Lassen Sie uns zu den Karikaturen zurückkehren. Woher kam die Idee dafür und was waren Ihre Motive, sie zu veröffentlichen?
    2005 schrieb ein dänischer Schriftsteller namens Kåre Bluitgen ein Kinderbuch über den Propheten Mohamed und war auf der Suche nach einem Karikaturisten, der einige Zeichnungen des Propheten für sein Buch fertigen sollte. Aber scheinbar hatten die dänischen Karikaturisten Angst vor diesem Job, denn ein Jahr davor wurde der niederländische Filmemacher Theo van Gogh von einem muslimischen Fanatiker wegen eines Films ermordet, der Passagen aus dem Koran auf dem Körper einer nackten Frau zeigte. Es gab sonst mehrere Fälle, in denen Künstler und Schriftsteller in Dänemark und europaweit ihre islambezogenen Werke aus Angst vor gewalttätigen Reaktionen seitens der Muslime zurückgehalten bzw. zurückgenommen haben. Ich persönlich wusste nicht, ob es sich bei diesen Fällen immer um Selbstzensur aus Angst handelte oder nicht, und ich wollte testen, wie die Stimmung in Dänemark wirklich ist. Und so kam die Idee der Karikaturen.

    Das heißt, es handelte sich um ein Experiment?
    Ich würde es lieber investigativen Journalismus nennen, eine langfristige Beobachtung der Lage und der Gemüter. Es gibt ein Prinzip in unserem journalistischen Betrieb, das heißt: »Sag mir die Wahrheit nicht, zeig sie mir!«

    Und was hat die Veröffentlichung der Karikaturen gezeigt?
    Die Karikaturen haben keine neue Situation geschaffen, sondern uns die aktuelle Lage klarer gemacht, und zwar dass es Misstrauen und Spannungen auf beiden Seiten gibt und dass sich Meinungsfreiheit zugunsten einer Appeasementpolitik zurückzieht. Es handelte sich in der Tat um Selbstzensur aus Angst vor Islamisten. Und diese Angst war offensichtlich nicht ohne Grund, denn die Reaktionen auf die Karikaturen in der muslimischen Welt waren unverhältnismäßig gewalttätig.

    Waren Sie von diesen Reaktionen wirklich überrascht?
    Die ganze Welt war ja überrascht. Und diese Reaktionen waren keinesfalls spontan, wie viele behaupten, es steckten politische Strategien und systematische Manipulation dahinter. Und ich darf daran erinnern, dass die Demonstrationen nicht unmittelbar nach der Veröffentlichung erfolgten, sondern nachdem dänische Imame mit den Karikaturen in der islamischen Welt auf Tour waren und sich dort bei der Obrigkeit über die schlechte Behandlung der Muslime in Dänemark beschwert hatten, was einfach nicht wahr ist. Übrigens haben sie auch andere schlimme, aber unechte Karikaturen dort vorgeführt, die nicht aus unserer Zeitung stammten, um für mehr Empörung zu sorgen. Also, es war eine wohlüberlegte Aktion.

    Apropos wohlüberlegte Aktionen und politische Strategien: Böse Zungen behaupten, die Veröffentlichung der Karikaturen war Teil eines Plans des Weißen Hauses, und die Theorie geht so: Georg Bush brauchte vom Kongress mehr Geld für seinen Patriot Act
II
im Rahmen des Anti-Terror-Kampfs und stieß bei den Abgeordneten auf Ablehnung. Und so brauchte man die Inszenierung einer Krise, die zeigen sollte, dass Amerika in Gefahr ist, deshalb kam die Idee mit den Karikaturen. Beflügelt wurde diese Behauptung durch Ihre Anwesenheit in Washington vor und nach dem Karikaturenstreit. Sie haben bestimmt Argumente, die das widerlegen.
    Wissen Sie, es gibt Menschen, die nichts Besseres können, als Verschwörungstheorien in die Welt zu setzen, einfach weil sie dialogunfähig sind. Es ist richtig, dass ich Ende 2004 in Amerika war, aber das war, um im Rahmen meiner Arbeit über die US -Wahlen zu berichten. Auch nach den Karikaturen war ich in Washington, um der Aufregung nach den Unruhen ein wenig fernzubleiben. Ich bin gerne in Washington, dort habe ich schließlich drei Jahre lang als Korrespondent der dänischen Zeitung »Berlingske Tidende« gearbeitet.

    Vor den Karikaturen war das Bild Dänemarks in der islamischen Welt als liberales und neutrales Land sehr positiv.

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