Der Untergang der islamischen Welt
Bosbach, Otto Schilly und Cem Özdemir wieder bei Anne Will treffen, um uns zu erklären, was bei der Integration schiefläuft. Bosbach wird wiederholen, dass Ausländer anständig Deutsch lernen sollten, und Otto Schilly wird Beispiele für gelungene Integration aufzählen. Eine wütende Islamkritikerin wird die Türken für alles verantwortlich machen, und ein türkischer Beschwichtigungsromantiker wird ihr die Grünen-Multikulti-Hymne als Gegenargument singen. Das deutsche Publikum wird sich wie immer amüsieren und danach ins Bett gehen, ohne zu verstehen, was los ist.
Und immer wenn du denkst, es geht nicht mehr, schwadroniert von irgendwo ein Sarrazin her. Und es werden immer mehr Sarrazine. Denn der Bundesbanker ist nicht das Problem, sondern er ist lediglich ein Ausdruck davon, dass wir ein Problem haben. Er ist der Überbringer der Botschaft, dass bei uns eine verkrampfte Streitkultur herrscht. Letzten Endes liegt die Ursache von Debatten, die Thilo Sarrazin ausgelöst hat, oder von Taten wie dem schrecklichen Mord an Marwa darin, dass in Deutschland und ganz Europa keine differenzierte Debatte über den Islam und die Migration geführt wird. Auf diese Weise gelingt es Populisten auf beiden Seiten, die Sache aufzugreifen und zu überspitzen. Es fehlt eine Atmosphäre, in der ehrliche Kritik zulässig ist und die frei ist von Stimmungsmache, Apologetik und Überempfindlichkeit.
Für mich persönlich stellt Islamkritik in der heutigen Zeit einen Ausdruck von »Humanismus« dar, denn der Islam schadet sich selbst, seinen Anhängern und dem Rest der Welt. Der Islam hat in erster Linie ein Problem mit sich selbst und mit der Interpretation seiner Rolle in der modernen Welt. Ihm läuft die Zeit davon, uns läuft die Zeit davon. Um dieser Talfahrt des Islam zu begegnen, braucht man deutliche, manchmal auch harte Worte. Man braucht Kritik. Diese Kritik ist aber viel zu wichtig, um sie der Polemik zu überlassen. Sie ist viel zu wichtig, um sie in Emotionen zu verwandeln. Das Projizieren der eigenen Ängste auf den jeweils anderen hilft nicht, sondern verschärft lediglich den Konflikt. Vielleicht kann ein Gespräch mit jemandem, der anderer Meinung ist als man selbst, lehrreich sein. Man sollte dabei die eigenen Emotionen und Ängste möglichst beiseitestellen. Und wenn uns die westliche Islamkritik allzu sehr polemisch erscheint, sollten wir, die Muslime, das Heft in die Hand nehmen und diese Kritik selbst üben.
[home]
Der Karikaturenstreit
oder: Ein Gespräch mit
einem Ketzer
D er 30 . September 2005 war ein besonderer Tag in meinem Leben. An diesem Tag feierte ich Hochzeit mit meiner halbdänischen Frau in Ägypten, nicht ahnend, dass am gleichen Tag in ihrer Geburtsstadt Kopenhagen etwas geschah, was ein neues Kapitel im Kulturkampf zwischen Ost und West aufschlagen würde. Denn an jenem Tag veröffentlichte die dänische Zeitung »Jyllands-Posten« zwölf Karikaturen, die wenige Wochen später Muslime in aller Welt in Rage versetzten.
Meine Familie, die zu meiner Frau immer herzlich war, regte sich über ihr Land auf und fühlte sich verletzt. Die dänischen Verwandten meiner Frau waren über die aufgebrachten Muslime empört, die als Reaktion auf die Zeichnungen dänische Einrichtungen weltweit angriffen und die dänische Flagge verbrannten. Einhundertfünfzig Menschen kamen damals bei den Unruhen ums Leben. Die Ost-West-Beziehung stand einmal mehr vor einem Scherbenhaufen, und der Kulturkampf war bis in mein Wohnzimmer vorgedrungen. Obwohl ich zu diesem Zeitpunkt kein strenggläubiger Muslim mehr war, empfand ich manche der Karikaturen als beleidigend und sympathisierte mit meiner ägyptischen Familie und mit meinen Landsleuten. Ich sah damals keinen Sinn in den Zeichnungen außer der reinen Provokation und einen Mangel an Respekt. Vier Jahre später war ich in der dänischen Hauptstadt und entschloss mich, etwas zu tun, was kein Araber vor mir getan hat. Ich wollte mit dem Mann persönlich sprechen, der die Mohamed-Karikaturen in Auftrag gegeben hat.
Flemming Rose ist der Kulturredakteur von »Jyllands-Posten«. Man kennt den Namen in der arabischen Welt, aber nicht den Menschen. Man redet und schreibt über ihn, über seine teuflische Tat, aber man fragt ihn nicht, was er damit beabsichtigte. Und das wollte ich tun.
Ich erwartete einen seriösen Mann in Polizeibegleitung. Auf einem Fahrrad kam ein sportlich gekleideter, relativ junger Mann mit einem freundlichen Blick.
Wir saßen in einem Café und
Weitere Kostenlose Bücher