Der Untergang der islamischen Welt
Herrenmenschen mit Ölgeld gehöre. Nur einen Tag später sah ich, wie ein waschechter Ölscheich aus seinem Luxuswagen ausstieg und einen Passanten mit Migrationshintergrund wegschubste, weil er ihm den Weg geschnitten hatte. Danach fragte er ihn nach seinem Namen und seinem Arbeitgeber. Zitternd antwortete ihm der Gastarbeiter und entschuldigte sich mehrmals. Möglicherweise ist er deshalb in seine Heimat abgeschoben worden. Denn im Fernsehen sah ich bei meinem nächsten Besuch einen Monat später den Direktor des Verkehrsamts in Dubai, der die vorbildliche Disziplin der Autofahrer in seinem Revier lobte. »Nur wenige Verkehrssünder gab es in diesem Monat. Sie waren alle Asiaten, und wir haben sie alle nach Hause zurückfliegen lassen.«
Der Wohlstand hat es nicht geschafft, eine demokratische Zivilgesellschaft am Golf entstehen zu lassen, die alle Bürger gleich behandelt. Im Gegenteil, das Erstarken von Hierarchien und angeblicher kultureller Überheblichkeit war das Ergebnis. Zwar entwickelte Dubai wirtschaftliche Alternativen zum Erdöl als Tourismus- und Finanzzentrum, doch vieles wird dort buchstäblich auf Sand gebaut. Der gigantische Al-Khalifa-Turm ist ein gutes Beispiel. Kurz nachdem das höchste Gebäude der Welt eröffnet wurde, stellte man fest, dass Dubai unmittelbar vor der Pleite steht. Das Erste, was im Zuge der Finanzkrise gestrichen wurde, waren ausnahmslos Kulturprojekte, wie der deutsche Kulturmanager Michael Schindhelm in seinem Erfahrungsbericht »Dubai Speed« schreibt. Aber das schien keine Lehre für die anderen Golfstaaten zu sein. Denn nach der Eröffnung des Megaturms in Dubai kündigte ein saudischer Prinz an, einen noch höheren Turm in seinem Land bauen zu lassen. Eines scheint die Ölscheichs besonders zu interessieren: Wer hat den Längsten?
Viel schlimmer als in den Emiraten am Golf ist es im Herzen Arabiens. Jede Erneuerung wird dort sofort von den wahhabitischen Hütern des Islam zurückgepfiffen. Auf westliche Bildungsexperten will man dort deshalb verzichten und sucht in Asien nach Bildungsmodellen, die dem arabischen Hierarchieverständnis entsprechen. Und so wollen die Saudis das japanische Schulsystem importieren, das auf Disziplin statt Individualität setzt. Die Saudis waren besonders von der Tatsache begeistert, dass der Unterrichtstag in Japan damit endet, dass die Schüler die Klassenzimmer und die Toiletten sauber machen. Außerdem haben auch die Japaner Erfahrung mit der Unterdrückung der Frau gesammelt. Japan war nämlich das einzige Industrieland, das beim Bericht des World Economic Forums zur Lage der Frau nicht sehr weit vor den arabischen Nationen rangierte. Aber auch im Gottesstaat bleibt die Schulreform äußerlich, denn man weiß nach wie vor nicht, was man den Schülern beibringen sollte. Man will wohl, dass sie genug Bildung erhalten, um produktiv zu werden, aber hinlänglich dumm bleiben, um das System nicht zu hinterfragen. Außerdem, was bringt eine Modernisierung der Bildung, wenn die radikalen Prediger allein in Saudi-Arabien jährlich mit drei Milliarden US -Dollar gefördert werden, um nichts anders zu tun, als Fatwas zu erstellen wie »Wer Tabak raucht, fällt vom Glauben ab« oder »Ein Gläubiger darf einem Patienten beim Besuch keine Blumen mitbringen, denn das ist unislamisch«. Wie weit kann eine Kultur kommen, die Betondecken auf die eigene Geschichte gießt und Angst vor Blumen hat?
Aber die Hüter dieses Systems sind die besten Freunde des Westens. Gegen Bin Laden kämpfen Truppen westlicher Staaten in Afghanistan, aber mit den Herrschern am Golf machen dieselben westlichen Staaten gern Geschäfte. Man hofiert sie und lässt sich von ihnen beschenken. Ein typisches Geschenk des saudischen Königs an westliche Politiker ist ironischerweise ein Schwert. Sogar Papst Benedikt XVI . überreichte der König ein Schwert. Man erlaubte den Saudis sogar, Akademien in Europa und Amerika aufzubauen, die diese Schwertideologie verbreiten. Was tut der Westen nicht alles, um an billiges Öl zu kommen und seine Waffen zu verkaufen. Viele Menschen im Westen können bis heute nicht begreifen, dass Gewaltsysteme nicht im luftleeren Raum entstehen. Man begreift nicht, dass die Art und Weise, wie die Menschen im Westen leben, automatisch die Diktaturen weltweit stützt.
Der damalige US -Präsident Georg W. Bush tanzte mit dem Diktator von Riad, der neue Präsident Barack Obama verbeugte sich vor ihm und lobte in seiner Kairoer Rede seine Bemühungen um den
Weitere Kostenlose Bücher