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Der Untergang der islamischen Welt

Der Untergang der islamischen Welt

Titel: Der Untergang der islamischen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hamed Abdel-Samad
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Polizeigeneral in eine Schlägerei mit einem Oppositionsabgeordneten, in der auch Schuhe eingesetzt wurden. Sein Sohn stand zwanzig Jahre später an seiner Stelle und behauptete, das Schlagen von Schülern in der Schule sei pädagogisch korrekt. Schließlich sei auch er als Kind in der Schule geschlagen worden, und das habe ihm nicht geschadet. Das bezweifele ich sehr. Erst nachdem er von den liberalen Medien heftig kritisiert worden war, ruderte er zurück.

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The Wind of Change
oder: Der Erlöser kommt aus Wien
    I m großen arabischen Lexikon »sehah« stehen folgende Synonyme für das Wort
sha’ab,
das als Übersetzung von »Volk« dient.
sha’ab:
verbieten; verderben; brechen; trennen, zusammenfügen; ein großer Stamm; der Weg zwischen zwei Bergen, die Ferne. Die lexikalischen Widersprüche dieses Wortes zeigen, dass es dabei um etwas ganz anderes geht als bei dem griechischen
demos
.
    Auch die unterschiedlichen Konnotationen des Wortes »Gesellschaft« in verschiedenen Sprachen können Hinweise dafür liefern, wie eine Gruppe von Menschen das Gemeinwesen und ihre Rolle in ihm definieren. So lautet das japanische Wort für Gesellschaft
shakai
und beinhaltet Zeichen, die die Dynamik einer Gemeinschaft erklären: »Menschenwort auf einem sicheren Boden«. Das arabische Wort
mujtama’a
gab es vor der Moderne nicht und wird deshalb aus dem Französischen
societé
(Zusammenkunft der Gemeinde) übersetzt. Aber selbst da war die arabische Übersetzung schief und bedeutete »Sammelort«. Das Wort »Moschee« und das Wort »Universität« bedeuten auf Arabisch ebenfalls »Sammelort« und haben den gleichen Wortstamm wie Gesellschaft. Nicht die Menschen, sondern der Ort, an dem sie sich befinden, steht im Mittelpunkt dieser Begriffe. Das Gleiche gilt für das Wort
muwaten,
das Synonym für »Bürger« oder
citoyen
ist. Der arabische Begriff impliziert, dass es sich hier um einen Einwohner handelt, der sich zur Ruhe setzt, nicht um einen aktiven Gestalter, der Teil einer Dynamik ist. Das Wort für Heimat ist
watan,
es stammt aus dem Altarabischen und bedeutet »Der Ort, wo die Schafe schlafen«. Das Volk,
le
peuple,
als Souverän wird im Arabischen zum
sha’ab,
dem nur Untertanen und Stammesmitglieder zugerechnet werden. Dazu kommt der islamische Begriff
Umma,
die Gemeinschaft aller Gläubigen, unabhängig von Ethnie, Sprache oder Rasse. Diese
Umma
bildet aber eine geographische und anthropologische Trennlinie zwischen den Gläubigen und den Nichtgläubigen. Innerhalb der
Umma
gibt es das Haus des Friedens und außerhalb entweder das Haus des Krieges oder das des Vertrages (Nichtmuslime, die mit Muslimen durch einen Waffenstillstandsvertrag oder ein Friedensabkommen Frieden geschlossen haben). Der Begriff
Umma
taucht im Koran mit vier unterschiedlichen Bedeutungen auf: Gruppe, Konfession, Zeitspanne und Anführer (Imam). Und so bleiben die zivilen Begriffe nicht nur in der Sprache des Korans, sondern auch im kollektiven Denken der urarabischen Sippe gefangen.
    Jede Form von Staatlichkeit läuft Gefahr, irgendwann in den Wanderdünen des Islam oder der alten Stammesstrukturen zu versinken. Das liegt zum einen in der Natur des Islam selbst, der eine augustinische Unterscheidung zwischen
Civitas
Dei
(Gottesstaat) und
Civitas
terrena
(irdischer Staat) nicht kennt, und zum anderen in der Unsicherheit der Muslime, die im Laufe der Jahrhunderte versäumt haben, Alternatividentitäten neben dem Islam und dem Stamm zuzulassen. Beispiele für einen Gottesstaat wie Afghanistan, der Iran, Saudi-Arabien, Nigeria, Somalia und der Sudan, die aus der Mischung von Scharia und Sippenmoral einen politischen Alptraum errichteten, scheinen für viele Muslime nicht erschreckend genug zu sein. Der Traum von einer vereinten islamischen
Umma
unter dem Gesetz der Scharia scheint für viele nach wie vor eine attraktive Option zu sein.
    Der prominente Muslimbruder Wagdy Ghoneim, der eine große Anhängerschaft in Ägypten und darüber hinaus hat, erklärte den Zuhörern seines Vortrags einst, was Demokratie ist: Ein Mann will einen Mann heiraten. Wenn die Mehrheit im Parlament dem zustimmt, wird es zum Gesetz. »Ist es das, was wir wollen?« – »Nein«, schreien seine Anhänger. »Demokratie ist wie Schweinefleisch, ekelhaft. Wozu brauchen wir sie, wenn wir hier gesundes, leckeres Rind- und Lammfleisch haben? Wir haben den Text des Korans, die
Hadithe
des Propheten, die uns sagen, was Sache ist. Wir haben die
shura
(Stammesberatung), den

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