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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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kurz vor Tarna stehen, dass sich ihre Nasenspitzen beinahe berührten; ihre dunklen Augen funkelten wie die eines Raben. »Die Sitzenden einer jeden Ajah, die nicht ihre gerechte Anzahl an Schwestern zur Arbeit an den Hafentürmen schicken, werden von Silviana täglich ihre Buße erhalten, bis die Arbeiten erledigt sind. Täglich! Und für die Sitzenden jeder Ajah, die weiterhin Schwestern zu diesen… diesen Gesprächen schicken, gilt das Gleiche. Schreibt das und legt es mir zur Unterschrift vor!«
    Tarna holt tief Luft. Bußen konnten funktionieren oder auch nicht, das kam auf die Entschlossenheit der Sitzenden und der Anführerinnen der Ajahs an - sie glaubte nicht, dass die Dinge so schlimm standen, dass sie sich alle weigern würden, die Bußen anzunehmen; das wäre mit Sicherheit Elaidas Ende, vielleicht sogar das Ende der Burg. Aber diesen Befehl öffentlich auszustellen, den Sitzenden keine Möglichkeit zu lassen, ihre Würde zu behalten, war die falsche Methode. Möglicherweise sogar die schlimmste überhaupt.
    »Falls ich einen Vorschlag machen darf…«, begann sie so vorsichtig, wie sie konnte. Sie war nie für ihre Vorsicht bekannt gewesen.
    »Das dürft Ihr nicht«, unterbrach Elaida sie grob. Sie nahm noch einen großen Schluck, leerte den Pokal und rauschte über den Teppich, um sich nachzuschenken. In letzter Zeit trank sie zu viel. Tarna hatte sie sogar einmal betrunken gesehen! »Wie kommt Silviana mit dem alʹVere-Mädchen voran?«, fragte sie, während sie Wein nachfüllte.
    »Egwene verbringt fast die Hälfte des Tages in Silvianas Arbeitszimmer.« Sie gab sich Mühe, ihren Tonfall neutral zu halten. Das war das erste Mal, dass sich Elaida nach der jungen Frau seit ihrer Gefangennahme vor neun Tagen erkundigte.
    »So oft? Ich will sie gezähmt haben, nicht ihren Willen gebrochen.«
    »Ich… bezweifle, dass ihr Wille gebrochen wird, Mutter.
    Silviana wird da schon aufpassen.« Und dann war da noch das Mädchen selbst. Aber das war nicht für Elaidas Ohren bestimmt. Tarna hatte sich bereits genug anbrüllen lassen. Sie hatte es gelernt, Themen zu meiden, die nur in Gebrüll endeten. Unausgesprochene Ratschläge und Vorschläge waren nicht nützlicher als Ratschläge und Vorschläge, die nicht angenommen wurden, und Elaida nahm beides so gut wie nie an. »Egwene ist stur, aber ich rechne damit, dass sie sich bald einsichtig zeigt.« Das Mädchen musste es. Galina, die Tarna ihre Blockade herausgeprügelt hatte, hatte nicht ein Zehntel der Mühe aufbringen müssen, die Silviana in Egwene hineinsteckte. Das Mädchen musste bald nachgeben.
    »Ausgezeichnet«, murmelte Elaida. »Ausgezeichnet.« Sie blickte über die Schulter, das Gesicht eine Maske der Ruhe. Aber ihre Augen funkelten noch immer. »Setzt ihren Namen auf meinen Dienerplan. Nein, sie soll mir heute Abend aufwarten. Sie kann mich und Meidani beim Abendessen bedienen.«
    »Wie Ihr befehlt, Mutter.« Anscheinend war ein weiterer Besuch bei der Oberin unausweichlich, aber zweifellos würde sich Egwene genauso viele verdienen, wenn sie nicht in Elaidas Nähe kam.
    »Und jetzt zu Euren Berichten, Tarna.« Elaida setzte sich wieder und schlug die Beine übereinander.
    Tarna stellte den kaum angerührten Pokal zurück auf das Tablett und setzte sich auf den Stuhl, den Meidani benutzt hatte. »Die erneuerten Schutzgewebe scheinen die Ratten aus der Burg fernzuhalten, Mutter…« - für wie lange, war eine andere Frage; sie überprüfte die Gewebe höchstpersönlich jeden Tag - »… aber man hat Raben und Krähen auf dem Burggelände gesehen, also müssen die Schutzgewebe in den Mauern…«
    Die mittägliche Sonne warf ihr Licht vorbei an den blätterbewachsenen Ästen der hohen Bäume, größtenteils Eichen und Tupelos, dazwischen Pappeln und stämmige Kiefern. Anscheinend hatte es vor einigen Jahren einen heftigen Sturm gegeben, denn überall lagen Baumstämme, die in derselben Richtung umgestürzt waren und gute Sitzgelegenheiten boten; man musste nur ein paar Äste wegschlagen. Spärliches Unterholz erlaubte einen guten Blick in alle Richtungen, und nicht weit entfernt plätscherte ein kleiner, sauberer Bach über moosbewachsene Steine. Es wäre ein guter Lagerplatz gewesen, hätte Mat nicht an jedem Tag so viele Meilen wie möglich zurücklegen wollen, aber es war auch ein guter Platz, um die Pferde verschnaufen zu lassen und zu essen. Die Damonab erge im Osten waren noch immer mindestens dreihundert Meilen entfernt, und er hatte vor, sie

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