Der Untergang der Shaido
Novizin, die sie erblickte, auf, und plötzlich scharrten laut Bänke über die farbigen Bodenfliesen, als es die anderen auch taten. Sie standen schweigend an ihren Bänken, während Egwene den Mittelgang zur Küche ging. Da schoss Ashelin, ein hübsches, dickes Mädchen aus Altara, in die Küche. Bevor Egwene die Küchentür erreichte, war Ashelin mit einem Tablett zurück, auf dem der übliche dicke Becher mit dampfendem Tee und der Teller mit Brot, Oliven und Käse standen. Egwene griff nach dem Tablett, aber das Mädchen mit dem dunklen Teint eilte zum nächsten Tisch und stellte es vor einer leeren Bank ab, machte die Andeutung eines Knicks, als sie zurücktrat. Zum Glück für sie hatte keiner von Egwenes Begleitung an diesem Morgen diesen Augenblick gewählt, um in den Speisesaal zu schauen. Zum Glück für alle Novizinnen, die aufgestanden waren.
Auf der Bank vor Egwenes Tablett lag ein Kissen. Ein zerlumptes Ding, das aus mehr verschiedenfarbigen Flicken als Originalmaterial bestand, aber immerhin noch ein Kissen. Egwene hob es auf und legte es ans Tischende, bevor sie sich setzte. Den Schmerz willkommen zu heißen fiel leicht. Sie badete in der Wärme ihres eigenen Feuers. Ein leises Zischen wehte durch den Raum, ein kollektives Stöhnen. Erst als sie eine Olive in den Mund schob, setzten sich die Novizinnen.
Um ein Haar hätte sie sie sofort wieder ausgespuckt - sie war so gut wie verdorben -, aber sie war nach der Heilung ausgehungert, also spuckte sie nur den Kern in die Hand und legte ihn auf den Teller, spülte den Geschmack mit einem Schluck Tee fort. Der Tee war mit Honig gesüßt! Novizinnen bekamen Honig nur bei besonderen Gelegenheiten. Sie versuchte, nicht zu lächeln, als sie den Teller leerte, und sie leerte ihn richtig, tupfte selbst die Brot und Käsekrümel mit dem angefeuchteten Finger auf. Aber es fiel schwer, nicht zu lächeln. Zuerst Doesine - eine Sitzende! -, dann Silvianas Resignation, jetzt das. Die beiden Schwestern waren viel wichtiger als die Novizinnen oder der Honig, aber das alles wies auf dasselbe hin. Sie gewann ihren Krieg.
KAPITEL 8
Dienst bei Elaida
Die goldverzierte Ledermappe unter dem Arm, blieb Tarna im Zentralschacht der Burg, als sie zu Elaidas Gemächern hinaufstieg, auch wenn das bedeutete, eine scheinbar endlose Reihe von Treppen zu benutzen, statt die sanft ansteigenden Spiralkorridore. Zweimal befanden sich diese Treppen nicht mehr da, wo sie sie in Erinnerung hatte, aber solange sie nach oben stieg, würde sie ihr Ziel erreichen. Außer Dienern, die sich verneigten oder knicksten, bevor sie weitereilten, begegnete ihr niemand auf den Stufen. In den Spiralkorridoren musste sie an den Eingängen der Ajah-Quartiere vorbei und würde vielleicht anderen Schwestern begegnen. Ihre Behüterinnenstola erlaubte ihr, jedes Ajah-Quartier zu betreten, aber mit Ausnahme von dem der Roten mied sie sie alle, sofern es die Pflicht nicht verlangte. Unter den Schwestern der anderen Ajahs war sie sich nur zu bewusst, dass ihre schmale Stola rot war, nur zu bewusst, dass die erhitzten Blicke aus eiskalten Gesichtern sie verfolgten. Sie machten sie nicht nervös, das konnte nur wenig, sie nahm selbst das sich verändernde Innere der Burg gelassen hin, aber trotzdem… Zwar glaubte sie nicht, dass sich die Situation so verschlechtert hatte, dass man die Behüterin der Chroniken angreifen würde, aber sie ging keine Risiken ein. Es würde ein langer, harter Kampf sein, diese Situation wieder zu ändern, ganz egal, was Elaida glaubte, und ein Angriff auf die Behüterin würde das möglicherweise endgültig zunichte machen.
Davon abgesehen, nicht ständig über die Schultern blicken zu müssen, verschaffte es ihr Zeit, über Pevaras beunruhig ende Frage nachdenken zu können, eine Frage, die vor dem Vorschlag, mit Ashaʹman den Bund einzugehen, nicht von Bedeutung gewesen war. Wem von den Roten konnte man eine solche Aufgabe überhaupt anvertrauen? Männer zu jagen, die die Macht lenken konnten, brachte Rote Schwestern dazu, alle Männer mit Misstrauen zu betrachten, und eine große Zahl von ihnen hasste sie. Ein überlebender Bruder oder Vater mochte diesem Hass entkommen, vielleicht auch ein Lieblingscousin oder Onkel, aber sobald alle gestorben waren, verschwand auch die Zuneigung. Und das Vertrauen. Mit irgendeinem Mann den Bund einzugehen verstieß gegen Bräuche, die so bindend wie das Gesetz waren. Selbst mit Tsutamas Segen, wer würde möglicherweise auf der Stelle zu
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