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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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der Welt, um mit den Seanchanern zu tanzen. Während wir hier stehen, könnte Schattengezücht durch die Fäule nach Süden ziehen, nach Süden durch…« Er schloss ruckartig den Mund. Nach Süden durch Malkier, hätte er beinahe gesagt, durch das tote Malkier, das ermordete Land seiner Geburt. Davon war sie überzeugt. Er fuhr fort, als wäre er nie verstummt. »Sie könnten morgen gegen Schienar zuschlagen, gegen alle Grenzländer, morgen oder nächste Woche. Und alʹThor sitzt da und spinnt seine seanchanischen Pläne. Er sollte jemanden zu König Easar und den anderen schicken, um sie davon zu überzeugen, dass sie wieder ihre Pflicht an der Fäule aufnehmen. Er sollte sämtliche Streitkräfte zusammenziehen, an die er herankommt, und sie in die Fäule führen. Dort wird die Letzte Schlacht stattfinden, und in Shayol Ghul. Do rt ist der Krieg.«
    In ihr stieg Trauer auf, aber es gelang ihr, sie aus ihrer Stimme zu halten. »Du musst zurückgehen«, sagte sie leise.
    Endlich wandte er den Kopf, blickte stirnrunzelnd zu ihr herunter. Seine blauen Augen waren so kalt. In ihnen stand weniger Tod geschrieben, als früher der Fall gewesen war, davon war sie überzeugt, aber sie waren noch immer so kalt. »Mein Platz ist an deiner Seite. Herz meines Herzens. Immer und ewig.«
    Sie sammelte ihren ganzen Mut und hielt ihn fest, so fest, dass es wehtat. Sie wollte schnell sprechen, die Worte herausbekommen, bevor sie der Mut wieder verließ, aber sie zwang sich zu einem ruhigen, gesetzten Tonfall. »Du hast mir einmal ein Grenzländersprichwort gesagt. ›Der Tod ist leichter als eine Feder, die Pflicht aber schwerer als ein Berg.‹ Meine Pflicht liegt hier, dafür zu sorgen, dass Alivia Rand nicht umbringt. Aber ich werde dich zu den Grenzländern bringen. Dort liegt deine Pflicht. Willst du nach Schienar? Du hast König Easar und Schienar erwähnt. Und es liegt näher bei Malkier.«
    Er schaute lange auf sie herab, aber schließlich atmete er leise aus, und die Anspannung verschwand aus seinem Arm.
    »Bist du dir sicher, Nynaeve? Wenn du es bist, dann ja, Schienar. In den Trolloc-Kriegen hat der Schatten den Tarwinpass oft dazu benutzt, viele Trollocs durchzuschleusen, genau wie vor ein paar Jahren, als wir nach dem Auge der Welt gesucht haben. Aber nur, wenn du dir auch ganz sicher bist.«
    Nein, sie war sich nicht sicher. Sie wollte weinen, ihn anschreien, dass er ein Narr war, dass sein Platz an ihrer Seite war, statt allein in einem sinnlosen Privatkrieg gegen den Schatten zu sterben. Aber sie konnte nichts davon sagen. Bund oder nicht, sie wusste, dass er innerlich hin und hergerissen war, hin und hergerissen zwischen der Liebe zu ihr und seiner Pflicht, innerlich zerrissen und genauso am Bluten, als hätte man ihn mit einem Schwert durchbohrt. Sie konnte seinen Wunden keine neuen hinzufügen. Aber sie konnte versuchen, dafür zu sorgen, dass er überlebte.
    »Würde ich dieses Angebot machen, wenn ich nicht sicher wäre?«, sagte sie trocken und war überrascht, wie ruhig sie klang. »Es wird mir nicht gefallen, dich weggeschickt zu haben, aber du hast deine Pflicht und ich die meine.«
    Er legte die Arme um sie und drückte sie an die Brust, zuerst ganz zärtlich, dann fester, bis sie glaubte, er würde ihr die Luft aus den Lungen drücken. Es war ihr egal. Sie erwiderte die Umarmung genauso fest und musste ihre Hände mit Gewalt von seinem breiten Rücken losreißen, als sie fertig war. Beim Licht, sie wollte weinen. Und wusste, dass sie es nicht durfte.
    Als er anfing, seine Satteltaschen zu packen, zog sie schnell ein Reitkleid aus gelb geschlitzter grüner Seide und feste Lederschuhe an, dann schlüpfte sie aus dem Raum, bevor er fertig war. Algarins Bibliothek war groß, ein rechteckiger Raum mit hoher Decke, der von Regalen gesäumt wurde. Ein halbes Dutzend gepolsterter Stühle stand überall verteilt, und ein langer Tisch und ein hoher Kartenständer komplettierten die Einrichtung. Die Steinkamine waren kalt und die schmiedeeisernen Stehlampen nicht angezündet, daher lenkte sie kurz die Macht, um drei von ihnen zu entzünden. Eine hastige Suche brachte die gewünschten Karten in den diamantförmigen Fächern des Kartenständers zum Vorschein. Sie waren so alt wie die meisten der Bücher, aber so große Veränderungen gab es in zwei oder dreihundert Jahren nicht.
    Als sie in ihre Gemächer zurückkehrte, stand Lan mit den Satteltaschen über der Schulter im Wohnzimmer. Er hatte den farbverändernden

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