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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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möglich, dass die Macht auch im Haus gelenkt wurde. Cadsuane war davon überzeugt, dass der Stein die Richtung hätte angeben müssen, sie konnte aber nicht sagen, wie das funktionieren sollte. Ha! Cadsuane und ihr angeblich so überlegenes Wissen! Nynaeve wünschte sich, das der Frau ins Gesicht sagen zu können. Es war nicht so, dass die Frau sie einschüchterte, das nun mit Sicherheit nicht, schließlich stand sie über Cadsuane, aber sie wollte ein gewisses Maß an Harmonie bewahren. Das war der einzige Grund, warum sie in ihrer Anwesenheit den Mund hielt.
    Die Gemächer, die sie mit Lan teilte, waren großzügig bemessen, aber zugig. Keiner der Fensterrahmen passte genau, und im Laufe der Generationen hatte sich das Haus genug gesetzt, dass die Türen abgeschliffen worden waren, damit sie ordentlich zugingen, aber das hatte nur zu weiteren Spalten geführt, die jeden Windzug durchließen. Das Feuer in dem Steinkamin tanzte, als würde es im Freien brennen, knisterte und ließ Funken aufstieben. Der Teppich war so verblichen, dass sie das Muster nicht mehr erkennen konnte, und er wies mehr Brandlöcher auf, als sie zählen konnte. Das Bett mit den schweren Bettpfosten und dem fadenscheinigen Himmel war groß und stabil, aber die Matratze war voller Knubbel, es stachen mehr Federn durch die Kissen, als dass sie eine weiche Fläche boten, und die Decken schienen mehr aus gestopften Stellen als aus ursprünglichem Stoff zu bestehen. Aber Lan wohnte hier mit ihr, und das machte den ganzen Unterschied aus. Das machte die Räume zu einem Palast.
    Er stand an einem der Fenster, wo er seit dem Angriff gestanden hatte, und starrte auf die Arbeit herunter. Vielleicht studierte er auch den Schlachthof, zu dem das Gelände geworden war. Er stand so reglos da, dass er genauso gut eine Statue hätte sein können, ein hochgewachsener Mann in einem gut sitzenden dunkelgrünen Mantel, mit Schultern, die breit genug waren, um die Taille schlank erscheinen zu lassen. Die Lederschnur des Hadori hielt sein schulterlanges schwarzes Haar zurück, das an den Schläfen weiße Spuren aufwies. Ein Mann mit einem harten Gesicht, dennoch wunderschön. Jedenfalls in ihren Augen, sollten andere doch sagen, was sie wollten. Aber besser nicht in ihrer Hörweite. Selbst Cadsuane. Ein Ring mit einem makellosen Saphir an ihrer rechten Hand war kalt. Es erschien wahrscheinlicher, dass er eher Wut statt Feindseligkeit fühlte. Nynaeves Meinung nach wies der Ring einen Fehler auf. Es war schön und gut zu wissen, ob jemand in unmittelbarer Nähe Wut oder Feindseligkeit verspürte, aber das musste nicht bedeuten, dass das Gefühl auch auf einen gerichtet war.
    »Es wird Zeit für mich, wieder hinauszugehen und zu helf en«, sagte sie.
    »Noch nicht«, erwiderte er, ohne sich vom Fenster abzuwenden. Ring oder nicht, seine tiefe Stimme war ganz ruhig. Und entschlossen. »Moiraine hat immer gesagt, dass Kopfschmerzen ein Zeichen von übermäßigem Machtlenken sind. Das ist gefährlich.«
    Ihre Hand tastete nach ihrem Zopf, bevor sie sie wieder nach unten reißen konnte. Als ob er mehr vom Machtlenken verstehen würde als sie! Nun, auf gewisse Weise tat er es. Zwanzig Jahre als Moiraines Behüter hatten ihn so viel über Saidar gelehrt, wie ein Mann darüber wissen konnte. »Meine Kopfschmerzen sind ganz verschwunden. Mir geht es wieder gut.«
    »Sei nicht trotzig, meine Liebe. Es sind nur noch wenige Stunden bis zur Abenddämmerung. Morgen wird noch eine Menge Arbeit da sein.« Seine linke Hand umklammerte den Schwertgriff, entspannte sich, verkrampfte sich wieder. Allein die Hand bewegte sich.
    Sie presste die Lippen zusammen. Trotzig? Sie glättete wild die Röcke. Sie war nicht trotzig! Wenn sie für sich waren, machte er nur selten sein Recht geltend, ihr etwas befehlen zu können - das Meervolk sollte verflucht sein, sich jemals so etwas ausgedacht zu haben! -, aber wenn er es tat, war er unbeugsam. Natürlich hätte sie trotzdem gehen können. Er würde nicht versuchen, sie mit Gewalt daran zu hind em. Davon war sie überzeugt. Mehr oder weniger. Aber sie hatte nicht vor, auch nur auf die geringste Weise gegen ihr Ehegelöbnis zu verstoßen. Selbst wenn sie ihrem geliebten Mann am liebsten vors Schienbein getreten hätte.
    Stattdessen trat sie gegen ihre Röcke, stellte sich neben ihn ans Fenster und hakte sich bei ihm ein. Sein Arm war allerdings so hart wie ein Felsen. Er hatte harte Muskeln, was wunderbar war, aber das war die Härte von

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