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Der Untergang der Shaido

Der Untergang der Shaido

Titel: Der Untergang der Shaido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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sagen, was geschehen konnte, wenn eine Frau in ihrem Alter mit der Macht anfing. Siebenundsechzig und Novizin!
    »Macht sie Euch Ärger?«, fragte sie, und Tiana zuckte zusammen, als hätte ihr jemand einen Eiszapfen in den Kragen geschoben. Der Frau fehlten einfach die Würde und die Gesetztheit, die bei einer Oberin der Novizinnen nötig waren. Manchmal erschien sie auch von der Zahl ihrer Schützlinge wie erdrückt. Darüber hinaus war sie viel zu nachsichtig, akzeptierte Entschuldigungen, wo es keine geben konnte.
    Sie fasste sich aber schnell und ging neben Romanda her, obwohl sie unnötigerweise ihre dunkelgrauen Röcke glättete.
    »Ärger? Natürlich nicht. Sharina ist eine vorbildliche Novizin. Um die Wahrheit zu sagen, die meisten benehmen sich ausgezeichnet. Der größte Teil derer, die man in mein Arbeitszimmer schickt, sind Mütter, die aufgebracht sind, weil ihre Töchter schneller als sie lernen oder ein höheres Potenzial haben, oder Tanten, die die gleichen Beschwerden über ihre Nichten vorbringen. Sie scheinen zu glauben, man könnte das irgendwie ungeschehen machen. Sie können erstaunlich beharrlich darin sein, bis ich ihnen klarmache, was es heißt, einer Schwester gegenüber beharrlich zu sein. Obwohl ich fürchte, dass man eine Menge von ihnen mehr als nur einmal zu mir schicken muss. Eine Hand voll scheint es noch immer zu überraschen, dass sie den Rohrstock zu spüren bekommen können.«
    »Ist das so?«, sagte Romanda abwesend. Sie hatte Delana entdeckt, die in die gleiche Richtung eilte, die mit grauen Fransen versehene Stola über die Arme gelegt und ihre sogenannte Sekretärin an ihrer Seite. Delana trug ein relativ dunkles Grau, aber die Schlampe neben ihr war in blaugeschlitzte grüne Seide gekleidet, die ihren halben Busen zur Schau stellte und viel zu eng an ihren Hüften anlag, mit denen sie eklatant wackelte. In letzter Zeit schienen die beiden auf die Geschichte zu verzichten, dass Halima bloß Delanas Dienerin war. Tatsächlich gestikulierte die Frau energisch, während Delana bloß auf die unterwürfigste Weise nickte, die man sich vorstellen konnte. Unterwürfig! Es war immer ein Fehler, sich eine Kopfkissenfreundin auszusuchen, die keine Stola trug. Vor allem, wenn man dumm genug war, ihr die Führung zu überlassen.
    »Sharina verhält sich nicht nur vorbildlich«, fuhr Tiana fröhlich fort, »sie zeigt auch großes Geschick in Nynaeves neuer Heilungsmethode. Wie einige der älteren Novizinnen. Die meisten waren auf die eine oder andere Weise Dorfseherinnen, auch wenn mir nicht klar ist, wieso das von Bedeutung sein sollte. Eine war Adlige in Murandy.«
    Romanda stolperte über die eigenen Füße, ruderte mit den Armen, um das Gleichgewicht wiederzufinden, fing sich wieder. Tiana ergriff ihren Arm, um sie zu stützen, murmelte etwas über die unebenen Gehwege, aber Romanda schüttelte sie ab. Sharina hatte ein Talent für die neue Heilung? Und einige der älteren Frauen auch? Sie selbst hatte die neue Methode gelernt, aber obwohl sie sich so weit von der alten unterschied, dass die Einschränkung, nach der man dasselbe Gewebe, das man später in abgewandelter Form erlernte, nicht anwenden konnte, hier nicht zuzutreffen schien, hatte sie kein großes Talent dafür. Nicht einmal annähernd so viel, wie sie für die alte Methode hatte.
    »Und warum dürfen Novizinnen das üben, Tiana?«
    Tiana errötete, wie es sich auch gehörte. Solche Gewebe waren zu kompliziert für Novizinnen, ganz zu schweigen davon, dass sie gefährlich waren, wenn sie falsch angewandt wurden. Auf die falsche Weise angewandt, konnte das Heilen töten statt helfen. Die Machtlenkerin genauso wie den Patienten. »Ich kann sie wohl kaum davon abhalten, nicht zuzusehen, wenn eine Heilung vollzogen wird, Romanda«, rechtfertigte sie sich und bewegte die Arme, als würde sie eine Stola richten, die sie nicht trug. »Es gibt immer gebrochene Knochen oder einen Narren, der sich schlimm geschnitten hat, ganz zu schweigen von den vielen Krankheiten, mit denen wir in letzter Zeit zu tun haben. Die meisten der älteren Frauen brauchen ein Gewebe nur einmal zu sehen, um es zu beherrschen.« Für einen kurzen Augenblick lang kehrte plötzlich die Röte in ihre Wangen zurück. Sie brachte ihre Miene wieder unter Kontrolle, nahm die Schultern zurück, und das Entschuldigende verschwand aus ihrer Stimme. »Wie dem auch sei, Romanda, ich sollte Euch nicht daran erinnern müssen, dass die Novizinnen und Aufgenommenen mir

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