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Der Untergang der Telestadt

Der Untergang der Telestadt

Titel: Der Untergang der Telestadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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unterlaufene Quetschwunden und Schwellungen. »Wenn das nicht Inges Grüner war«, bemerkte Carlos.
    Friedrun brachte mit der Decke eine Sanitätstasche, stellte sie geöffnet vor Lisa.
    Carlos und ich betteten die Verletzte, mit aller Vorsicht und ermahnt von Lisa, auf das ausgebreitete Tuch.
    Lisa begann, die Quetschpartien abzutasten. Das Mädchen stöhnte, kam jedoch nicht zu sich.
    Friedrun erhielt den Auftrag, mit Mull und einer Flüssigkeit die kleinen
Wunden und den verschmutzten Körper zu säubern.
»Ich müßte tomographieren«, sagte Lisa.
»Ausgeschl…« Bruno brach seinen Protest ab.
    »Ich habe ja auch ›müßte‹ gesagt«, tadelte Lisa. »Ich weiß selbst, daß sie nicht in den Sanitrakt darf. Es dürfte aber auch so gehen, ich vermute einen Lungenriß. Zwei Rippen sind ebenfalls gebrochen – wie bei Inge. Ein übles Vieh das!«
    Unter anderen Umständen hätte ich an dieser Stelle gelacht. Lisa stellte in ihren Aussprüchen öfters falsche Bezüge her.
    Mit einem Blick auf Friedruns Tätigkeit, sie ging sehr sorgfältig vor, sagte Lisa: »Das gibt bleibende kleine Narben. Die Raupen haben jeweils ein Stück Gewebe herausgebissen.« »Was meinst du, ist sie transportfähig?« fragte Bruno.
    »Willst du sie etwa mitschleppen?« fragte Lisa entrüstet zurück.
    Bruno zuckte mit den Schultern. »Es soll ja wohl weitergehen, nicht?«
    »Sie muß bleiben. Wir lagern sie in dem Raum, in dem Sam bislang hauste. Einer von uns wird sie betreuen.« Gegen Lisas Spruch war selbst der Kommandant machtlos.
    Aber wer sollte bleiben? Wenn fünf Leute auf Expedition gingen, mußte der Arzt mit. Der einzige, der sonst noch medizinisch einigermaßen Bescheid wußte, war ich. Aber wir suchten ein Dorf mit Leuten, mit
    intelligenten Lebewesen auf einem fremden Planeten. Und darauf als
Anthropologe verzichten?
»Ich bleibe!« erklärte Inge.
    Carlos reagierte mit einem kurzen »hm«, was ich nicht gerade als einen Ausdruck der Freude deutete.
    Bruno beendete den Disput. »Das besprechen wir heute abend.«
    Also würden wir an diesem Tag wiederum nicht aufbrechen.
    Gegen Mittag hatten wir die Fremde versorgt, die bis dahin das Bewußtsein noch nicht wiedererlangt hatte.
    Der Regen setzte fast eine Stunde früher ein, und zum erstenmal erlebten wir ein Gewitter auf Flora. Nun, was soll ich dazu sagen? Ich wünschte niemandem, während eines solchen Infernos unter freiem Himmel zu sein oder gar in diesem Urwald. Das schnellwüchsige Holz hatte nicht genügend Festigkeit, um den Sturmböen zu widerstehen. Als das Zentrum des Unwetters über uns lag, wurde es beinahe stockfinster. Es folgten Blitz auf Blitz und ein Donnerkrachen von allen Seiten. Und wenn die Wasserfälle der vergangenen Tage noch zu übertreffen waren, dann in jenem Gewitter um das Vielfache.
    Wir blickten durch unsere Außenkameras ständig in der Gegend um
her. Auf einmal schrie Friedrun: »Da!« Sie zeigte mit langgestrecktem
Arm auf den Monitor.
»Was ist?« fragte Bruno aufgeschreckt.
    »Die drei hocken unter dem Schrauber«, behauptete Friedrun.
    »Ach!« Bruno griff in die Automatik ein, ließ den Kameratrieb rückwärts laufen, dann schaltete er den Selbstlauf ganz und gar ab.
    Schwer auszumachen hinter dem Wasservorhang, saßen dort tatsächlich drei Gestalten. Zu vermuten, daß es die nämlichen vom Vormittag waren, lag auf der Hand.
    Bruno schaltete die Teleoptik ein. Wir konnten nun Details in Überlebensgröße betrachten, natürlich ohne daß die Objekte es bemerkten. Aber es lohnte sich erst, als der Regen nachließ.
    Wir tasteten mit unserer Kamera jeden Quadratzentimeter ihrer Körper, ihrer Ausrüstung ab, und natürlich fotografierten wir.
    Es wurde heller draußen, die letzten Tropfen fielen, der Donner vergrollte in der Ferne.
    Die drei brachen glücklicherweise noch nicht auf, sie hielten ein Picknick ab, aber was für eines! »Da«, rief diesmal Inge, als in das Bild Bewegung kam.
    Die jüngere, wahrscheinlich schwangere Frau öffnete den Beutel und
schüttete jedem etwas in die aufgehaltenen Hände.
Wir vergrößerten.
»Ih!« schrie Friedrun.
    In dem Beutel und dann in den Händen befanden sich tote, weißgrünliche Insekten.
    Die drei rissen die Kapseln mitsamt den Flügeln ab und verzehrten die Raupen mit sichtlichem Wohlbehagen. Die harten Köpfe spuckten sie aus wie unsereins Kirschkerne.
    Ich betrachtete diese Vesper emotionslos. Daß jemand Raupen verzehrt, meine Güte! Bei Völkern der Erde, solange sie noch zu sogenannten

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